Medien: Der Flug von Phoenix
Papst bis Parlament: Seit zehn Jahren dokumentiert der Sender die Republik
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Bei anderen Sendern heißen die Stars Günther Jauch oder Thomas Gottschalk. Aber auch Phoenix hat seine Lieblinge, die die Quoten in die Höhe treiben: „Bei Helmut Schmidt gehen die Zahlen hoch“, sagte Programmgeschäftsführer Klaus Radke. Wenn der Altkanzler von dem öffentlich-rechtlichen „Ereignis- und Dokumentationskanal“ annonciert wird, würden besonders viele Phoenix-Fans einschalten. Dabei sind die mit 54 Jahren im Durchschnitt so jung wie bei keinem anderen TV-Programm von ARD und ZDF (vom Kinderkanal mal abgesehen).
Der Name täuscht gewaltig: Phoenix ist kein Senkrechtstarter gewesen, ist aber auch nach zehn Jahren nicht zu Asche zerfallen. Spektakuläre Erfolge wie im April 2005, als Reporter Stephan Kulle als Erster das Ergebnis der Papstwahl mitteilen konnte, sind eher die Ausnahme geblieben. Vielmehr hat sich der in Bonn platzierte Sender, der am 7. April 1997 startete, mit einem verlässlichen Angebot einen festen Platz erarbeitet. Die Leistung der 90 fest angestellten Mitarbeiter gleicht einem täglichen journalistischen Dauerlauf. Die großflächigen Übertragungen aus Parlamenten, von Parteitagen und sonstigen Veranstaltungen sind ein selbstverständlicher Teil der politischen Kultur geworden. Aber nicht mit dem deutschen Papst, nicht mit historischen Ereignissen wie dem 11. September 2001 hat Phoenix Geschichte geschrieben, sondern mit Joschka Fischer. Der Sender erstritt als erster Fernsehkanal das Recht, im Frühjahr 2005 Sitzungen aus einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss live zu übertragen. Als der damalige Außenminister Fischer in der Visa-Affäre Rede und Antwort stehen musste, erreichte Phoenix mit 3,7 Prozent seinen bisher höchsten Tagesmarktanteil.
Phoenix wird von der politischen Klasse geschätzt, ebenso wie von seinem allerdings überschaubaren Publikum. Mit einem Marktanteil von 0,7 Prozent lag Phoenix im bisher erfolgreichsten Jahr 2006 zwischen den Konkurrenten n-tv (0,6) und Arte (0,5) sowie N24 (0,8) und 3sat (1,0) im Mittelfeld der Spartensender für ein informationsorientiertes Publikum. Täglich schalteten 4,1 Millionen Zuschauer Phoenix ein, die Verweildauer lag im Durchschnitt bei etwa acht Minuten. Neben den Live-Übertragungen, die zu zwei Dritteln vom Berliner Standort aus produziert werden, bietet Phoenix Gesprächsrunden in einem nüchternen, sachlichen Stil, was nach Senderangaben besonders in Ostdeutschland gut ankommt.
Zunehmend wird Phoenix außerdem als Abspielstätte für die Dokumentationen aus den Muttersendern genutzt. Die anfängliche Sorge, ob es denn genügend Dokus geben werde, habe sich zerstreut, sagte Radke. Jährlich können 2000 Filme von ARD und ZDF wiederholt werden, was besonders von einem jüngeren Publikum geschätzt werde. Eigenproduktionen sind dagegen für Phoenix bei einem jährlichen Etat von 35 Millionen Euro nur in geringem Umfang möglich. „Wir sind finanziell auf Kante genäht“, erklärte Radkes Kollege Christoph Minhoff gestern in Köln. Dass der Sender von einer Doppelspitze – Radke vom WDR, Minhoff vom ZDF – geleitet wird, wird von den beiden Geschäftsführern naturgemäß verteidigt. Die sei aus Gründen der Arbeitsorganisation notwendig, das Sparpotenzial ohnehin gering. Sieben Cent der monatlichen Gebühren sind für Phoenix reserviert.
Das Internetangebot will Phoenix kontinuierlich ausbauen und eine „Bibliothek im Netz“ (Minhoff) schaffen, in der etwa die Berichte aus Untersuchungsausschüssen oder auch die Abschlussveranstaltung der Fußball-WM abgerufen werden können. Mit Interesse werden bei dem Sender die Pläne der ARD verfolgt, das täglich dreistündige Info-Angebot von ARD aktuell für den digitalen Kanal Eins extra auszubauen – bis hin möglicherweise zu einem reinen Nachrichtenkanal. Dies sei keine Bedrohung für Phoenix, betonte Klaus Radke. Allerdings wünscht er sich, dass es in Zukunft bei den öffentlich-rechtlichen Spartensendern wie Phoenix, 3sat und Arte eine Schärfung des jeweiligen Profils und auch eine bessere Koordination gebe: „Wir müssen nicht am selben Abend Dokus zu demselben Programmschwerpunkt anbieten.“
Sein zehnjähriges Bestehen feiert der Sender in der kommenden Woche mit vier Themennachmittagen: „Parlamente in guter Verfassung“ (Montag), „Krieg und Frieden“ (Dienstag), „Reformland Deutschland?“ (Mittwoch) und „Ist unser Planet noch zu retten?“ (Donnerstag). Am 7. April bestimmen die Zuschauer das Programm. Auf der Phoenix-Homepage können sie bereits ihre Lieblings-Dokus auswählen. Neben preisgekrönten Filmen wie „War Photographer“, „Das Drama von Dresden“ und „Black Box BRD“ stehen auch jeweils ein Doppelfeature von Peter Scholl-Latour und Georg Stefan Troller auf der Liste.
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