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Medien: Der neue deutsche Mann

Adnan Maral übt in „Türkisch für Anfänger“ multikulturelles Zusammenleben

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„Schlampe“, „Proll“, fauchen sich die bockige Lena und Macho Cem elf Folgen lang an. In Folge zwölf kommt es zum ersten Kuss, doch damit sind die kulturellen Grabenkämpfe in der Patchwork-Familie Schneider-Öztürk nicht beigelegt. Auch in der heute startenden zweiten Staffel von „Türkisch für Anfänger“ behält ausgerechnet Papa Metin als einziger den Durchblick. Wie Adnan Maral den Türken als Musterbeispiel des neuen deutschen Mannes spielt, gehört zu den schönsten Pointen der Grimme-Preis-gekrönten Serie.

Äußerlich fände er den Metin etwas bieder, gesteht der 39-jährige Darsteller, der mit seinem Musketier-Bärtchen, gestreiftem Schal und blitzenden Augen eine freundlich-verwegene Erscheinung abgibt. Dabei geht es bei ihm zu Hause ähnlich zu wie in der Serie. Seine Frau ist Schweizerin, die beiden haben zwei kleine Söhne, mit denen sie zwischen dem Münchner Häuschen und der Wohnung in Berlin-Mitte pendeln. Sie spricht mit den Kindern schwyzerdütsch, er türkisch, deutsch lernen sie in der Krabbelgruppe. Gerade in einer Multi-Kulti-Beziehung müssten die Regeln des Zusammenlebens immer wieder neu definiert werden, so Marals Erfahrung. Aktuelles Thema: Sollen die Söhne nach islamischen Brauch beschnitten werden?

Während der im ostanatolischen Cilger geborene Schauspieler offensiv mit solchen Themen umgeht, trifft er selbst bei Branchenkollegen häufiger auf „Berührungsängste“. Die könnten sich etwa unter einem Türken nur kriminelle Schulabbrecher oder Gemüsehändler vorstellen. „Türkisch für Anfänger“ biete eine gute Möglichkeit, sich besser kennen zu lernen. Wo es doch unter den Deutschtürken jede Menge Metins gebe. Aus dem Grund engagiert sich Andan Maral bei der vom deutschen und dem türkischen Außenminister gegründeten Ernst-Reuter-Initiative. Die will mit Austauschprogrammen das gegenseitige Verständnis fördern und letztlich einem EU-Beitritt der Türkei den Weg bahnen.

Maral reiste im Herbst 2006 mit der deutschen Delegation nach Istanbul, wo er für seine Version der doppelten Staatsbürgerschaft warb. Hält er die Türkei für EU-tauglich? „Wenn man sich klar für den Beitritt einsetzt, kann man auch Forderungen stellen.“ Genau das sei bei der im Ghetto verharrenden jüngeren Türken-Generation versäumt worden: „Deutschland hätte früher sagen müssen: Ihr gehört dazu.“ Aber auch die Türken trügen Verantwortung: „Wer sich nicht zu Hause fühlt, der muss etwas dagegen tun oder vielleicht gehen.“

Der ausgebildete Bühnenschauspieler Maral, der in Berlin in der Baracke des Deutschen Theaters und der Schaubühne zu sehen war, gehört zu der „Migranten-Elite“, wie sie unlängst das Magazin „Vanity Fair“ zelebrierte. Als positive Identifikationsfigur will er türkische Jugendliche motivieren, etwa bei Schulbesuchen. Wie viele wuchs er im so genannten bildungsfernen Milieu auf. Als er und seine Eltern Ende der 1960er Jahre als Gastarbeiter nach Frankfurt/Main kamen, war seine Mutter Analphabetin.

Den Weg ins deutsche Kino und Fernsehen fanden die Türken zunächst als radebrechende Trash-Figuren wie „Erkan & Stefan“ oder die Türsteher-Parodien von Kaya Yanar. Mittlerweile räumen türkische Regisseure Preise ab, kein neuer Krimi geht ohne Ermittler mit Migrationshintergrund an den Start („Der Kriminalist“, „KDD“, „GSG9“). Die RBB-Doku „Starke Herzen“ porträtiert deutsch-türkische Paare, und wie „Türkisch für Anfänger" spielt die RTL-Sitcom „Alle lieben Jimmy“ geschickt mit Klischees.

Am meisten freut sich Adnan Maral, dass der türkischstämmige Erol Sander in der ARD-„Alpenklinik“ als Herzchirurg praktizieren durfte. Nach wie vor steckt Maral in dem Dilemma, dass sein Aussehen die Rollenangebote bestimmt. „Die Mehmets habe ich lange genug gespielt. Es kommt auf die darstellerische Qualität an.“ Einen kleinen Triumph feierte Maral, als er in der Kino-Komödie „Kebab Connection“ als Grieche besetzt wurde – und sich per Crashkurs den Akzent aneignete. In dem „Rosa Roth“-Dreiteiler „Der Tag wird kommen“ ist er ab 23. April als weltläufiger Killer zu sehen. Für die Rolle lernte er arabisch.

Aus dem Spannungsverhältnis zweier Kulturen ergab sich denn auch der Witz der ersten „Türkisch für Anfänger“-Staffel, der den neuen Folgen etwas abhanden gekommen ist. Die Serie entwickelt sich zur simplen Liebeskomödie, bei der nun nicht nur Tochter Lena sondern auch Mutter Doris in Sachen Männer die Peilung verliert. Der kluge Metin versucht es mit dem Beziehungsratgeber-Trick „Freiräume geben“ – und zieht abends allein los, nur um die ganze Nacht im Auto zu sitzen und sich den „Zauberberg“ auf CD anzuhören. Eine wunderbar zugespitzte Szene, von denen es beim ersten Hinsehen nicht allzu viele gibt. Aber auch Metin platzt im Lauf der Folgen irgendwann der Kragen platzen, verspricht Maral, „dann kommt doch noch der türkische Mann aus ihm heraus“.

„Türkisch für Anfänger“,

ARD, 18 Uhr 50

Barbara Bückmann

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