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Wie soll #meinfernsehen2021 aussehen?: Der Zuschauer, das unbekannte Wesen
In der Debatte über die Zukunft der Öffis werden die Zuschauer häufig übergangen – die Befragung unter #meinfernsehen2021 will das ändern.
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Wenn über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks debattiert wird, dann zumeist zwischen Politik und den Sendern, eventuell noch ergänzt durch Einwürfe der privaten Konkurrenz und anderer interessierter Lobbygruppen. Die Zuschauer jedoch, also die eigentlichen Adressaten der Öffentlich-Rechtlichen, werden selten gefragt. Mit dem Beteiligungsprojekt #Meinfernsehen2021 wollten dies das Grimme-Institut in Marl - das den renommierten Grimme-TV-Preis und den Grimme Online Award vergibt - zusammen mit dem Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie und der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) ändern. Am Donnerstag wurden die Ergebnisse der Befragung in einer Online-Veranstaltung präsentiert.
„Die über 3600 Beiträge der über 700 aktiven Teilnehmenden zeichnen sich aus durch eine immense Bandbreite, mitunter große Kenntnisse und Expertise, Fachkenntnisse in Spartenbereichen sowie großen Ideenreichtum und kreative Vorschläge bei der Diskussion um notwendige Reformen aus Feldern wie Inhalte, Personen, Formate, Genres“, betonte Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung.
Repräsentativ für die Gesamtgesellschaft sind die Ergebnisse nicht, sie ergeben aber ein valides Meinungsbild für die Mitmachenden, also von Menschen, die sich besonders intensiv mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigen, sagte Christiane Eilders vom Institut für Internet und Demokratie.
[Die Ergebnisse sollen auf www.meinfernsehen2021.de und in Buchform in ausführlicher Form veröffentlicht werden]
Die meisten Beiträge waren – wie zu erwarten – kritisch. Einig waren sich die Teilnehmer der Online-Diskussion insbesondere über die Reformbedürftigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk und darüber, dass das Programm möglichst werbefrei sein sollte. Auch wünschen sich die Teilnehmer, dass die Zuschauer mehr in Entscheidungen eingebunden werden, zudem müsse die Technik modernisiert werden – nicht nur beim Bild, sondern auch beim Ton. Und die Mediatheken, auf die die Öffis so stolz sind, müssten in vielerlei Hinsicht optimiert werden.
"Die Sender müssen sich verhalten"
Den Kritikern ist dabei durchaus bewusst, dass nicht alles sofort umgesetzt werden kann, ob aus finanziellen oder rechtlichen Gründen. „Doch den Teilnehmenden brennen die Dinge auf der Seele. Dazu müssen sich die Sender verhalten“, sagte Christiane Eilders.
Klare Mehrheiten finden sich auch in den Forderungen, dass die Dritten Programme stärker regional und zeitnah zum Beispiel über regionale Events berichten sollten. Eine weitere Forderung mit Mehrheitsvotum lautet: Mehr nachrichtliche Formate und Dokumentarisches, weniger Unterhaltung. Die größte Einigkeit herrschte allerdings in einer Forderung: Dass die Zusammensetzung, Auswahl und Arbeitsweise der Rundfunkräte reformiert wird, wollen weit über 90 Prozent der Teilnehmenden.
Mindestens ebenso aufschlussreich sind jene Beiträge und Ideen, die auch unter den Kritikern kontrovers gesehen werden. So die Forderung nach einer allgemeinen Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder die Umformulierung des Auftrags. Weitere Streitpunkte sind der Umgang mit gendergerechter Sprache und die Forderung nach Zusammenlegung von ARD und ZDF.
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Von einigen Ergebnissen waren offenbar auch die Initiatoren von #meinfernsehen2021 überrascht. So fand die Forderung nach vermehrter Einladung von Bürgern in Talkshows keine Mehrheit, referierte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Die stärkere interaktive Einbindung der Zuschauer in solchen Diskussionsrunden wurde sogar mehrheitlich abgelehnt. Das galt auch für die Forderung, dass Serien und Filme stärker auf aktuelle gesellschaftliche Debatten und Probleme eingehen sollen. Von den Teilnehmenden – die im Durchschnitt mittleren Alters waren - lehnten das zwei Drittel ab. In einer ergänzenden Fokusgruppenbefragung zeigte sich allerdings, dass die Jüngeren sich dies durchaus wünschen. Ebenso wie mehr Präsenz der Öffis auf Youtube.
Dass die Verantwortlichen von den Ergebnissen erfahren, das garantierte schon die Liste der Diskutanten der Abschlussveranstaltung – mit dabei Andreas Meyer-Lauber als Vorsitzender der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz, Marlehn Thieme als Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates und Heike Raab, die Staatssekretärin für Medien Rheinland-Pfalz. Die Ergebnisse werden überdies auf meinfernsehen2021.de und später als Buch veröffentlicht.
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