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100 Stunden Radfahren. Auf sportschau.de überträgt die ARD komplett alle 21 Etappen. Ganz so viel ist es im Fernsehen, im Ersten, nicht, anders als bei Eurosport.

© Tsp

Die Tour de France bei ARD und Eurosport: „Fahren Sie E-Bike?“

Burgen, Minister, deutsche Siege: Eine Woche Tour de France im Fernsehen. Sogar Herbert Watterott schaut vorbei. So richtig beruhigend ist das trotzdem nicht.

Es ist wohl ganz gut so, dass Hajo Seppelt in diesen Tagen mit der Tour de France relativ wenig zu tun hat. Oder vielleicht doch, dazu später mehr. Der Doping-Reporter der ARD arbeitet derzeit am neuen Feature „Geheimsache Doping“, das Anfang August ausgestrahlt wird. Um Spritzen oder verdächtige Blutwerte im Radsport geht es dabei eher nicht, eine andere Sportart steht im Mittelpunkt seines Interesses.

Dopingfrei muss es bei der Tour dennoch nicht unbedingt zugehen, es ist schon verwunderlich, mit welcher Selbstverständlichkeit die ARD der noch vor Kurzem ach so dopingverdächtigen Tour mehrstündige Programmflächen täglich freiräumt. Alles nur noch Quatsch also: die Meinung, bei der Tour fahre der Doping-Verdacht mit?

Die ARD hatte sich ja vor Jahren, nach zahlreichen Doping-Fällen, von der Tour de France verabschiedet. Nun eine Art Comeback. Wer sich die ersten Tage im Ersten oder auf sportschau.de angeschaut und angehört hat, wähnt sich fast in (unschuldigen) Vor-Doping-Tour-Zeiten. Anekdoten zu Fahrern und campierenden Fans, Burg- und Landes-Histörchen vom Kommentator Florian Naß, endlose Vogel-Perspektiven auf saftig-grüne Landschaften, „großartige Bilder aus dem Jura“ wie jetzt am Sonnabend, kein Reisemagazin macht das besser, Einschätzungen vom Experten Jens Voigt, und wenn es im Rennen mal langweiliger zu werden droht, setzt sich der ewig nette ARD-Mann Michael Antwerpes zum luxemburgischen Minister und fragt: „Fahren Sie E-Bike?“

Und dann gewinnen auch noch deutsche Fahrer. Wer will da Spaßverderber sein?

Der Quotenschnitt der ersten sechs Etappen-Tage liegt bei 1,33 Millionen (Marktanteil: 10,3 Prozent). 2016 waren es insgesamt 1,18 Millionen (9,8 Prozent). „Bislang sind wir mit dem Zuschauerinteresse sehr zufrieden, im Vergleich zum Vorjahr ist die Tour de France deutlich besser gestartet“, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Aber die Tour fahre erst eine Woche, insofern könne man natürlich noch nicht absehen, wie sich das Zuschauerinteresse zum Ende hin entwickeln wird.

"Die potenziellen Doper scheuen schlicht nur das Risiko"

Hat die ARD also alles richtig gemacht? Hajo Seppelt ist jemand, den der eine oder andere Kollege in seinem Sender durchaus als Spaßverderber einschätzen könnte. Ja, der Radsport sei nach Seppelts Eindruck nicht mehr so verseucht wie noch vor zehn Jahren. „Allerdings weisen neue Dopingfälle und auffällige Verhaltensweisen in manchen Profiteams darauf hin, dass ein wirklicher Mentalitätswechsel im Peloton nicht stattfand. Mein Eindruck ist eher: Angesichts der heutzutage engmaschigeren Dopingkontrollen scheuen die potenziellen Doper schlicht nur das Risiko“, sagt Seppelt dem Tagesspiegel. Er arbeite, wie in jedem Jahr, eng mit dem ARD-Team der Tour zusammen und werde im Bedarfsfall auch berichten.

Solche Berichte sind auf Eurosport eher nicht zu erwarten. Hier, beim zukünftigen Olympia-Groß-Sender, läuft die Tour komplett: über 100 Stunden live, alle 21 Etappen, via Eurosport- Player-App sogar aus mehreren Perspektiven, auf insgesamt sieben Bonuskanälen. In Fünf-Stunden-Strecken kommentieren Karsten Migels und Jean-Claude Leclercq um die Wette. Im Studio plaudern Ron Ringuth und Marc Rohde über Altbier in Düsseldorf oder landestypische Rezepte aus Luxemburg. Eurosport freut sich über einen Quotenschnitt von 270 000 Zuschauern für die ersten sechs Etappen, eine Steigerung gegenüber 2016.

Vielleicht ist es ja alles ganz anders, die Tour de France endlich dopingfrei (und die positive Doping-Testung des kroatischen Radprofis Matija Kvasina und seine Sperre für die Österreich-Rundfahrt diese Woche eine große Ausnahme), der Vertrag über zwei Jahre der ARD mit den Veranstaltern gut angelegt. Die schönsten Dörfer Frankreichs frei Haus. Am ersten Tour-Tag schaute im Ersten einer vorbei, der weiß, wie sich das anfühlt mit dem guten, sauberen Tour-Gefühl: Reporterlegende Herbert Watterott, 75 – die Stimme der Tour de France.

Vielleicht aber auch nicht. Am Ende der ersten Tour-Woche dann doch noch ein anderes Bild, eine andere Stimme. ARD-Doping-Reporter Hajo Seppelt und Kollege Tom Mustroph recherchieren zu den Ausflüchten des Team Sky rund um angebliche Doping-Vorwürfe. Ihr Beitrag lief am Samstagnachmittag nach der Etappe in der ARD.

„Rad: Tour de France“, ARD, Sonntag, 15 Uhr

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