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Posen. Die sechsteilige Sitcom „Blockbustaz“ funktioniert, weil Sascha Reimann alias Ferris MC alias Hardy (links) und Eko Fresh alias Sol als Kumpelduo funktionieren. Das alles in einem Problemviertel in Köln, wo sich Prolls, Hartz IV und Rapper mischen.

© ZDF und Efe Cetinoezman

Rapper Eko Fresh im Interview: „Ich bin kein Prediger oder Politiker“

Der Rapper Eko Fresh über seine Sitcom „Blockbustaz“, Realness, Cannabis und Quotentürken.

Eko Fresh, die Sitcom „Blockbustaz“ ist nach „3 Türken und ein Baby“ bereits Ihr zweites Projekt vor der Kamera. Wie ernst nehmen Sie die Schauspielerei?

Ich nehme das schon ernst, wie eigentlich alles, was ich mache. Auch wenn manche Rap-Texte von mir ironisch sind oder der Unterhaltung dienen, gehe ich da erst mal technisch ran und nehme das Handwerk sehr ernst.

Ihr Vater Nedim Hazar hat viel Kabarett gemacht. Hat er Ihnen Ratschläge gegeben?

Nein, leider nicht, ich habe keinen so guten Kontakt zu ihm. Ich habe vor dem Kinofilm einen Schauspiel-Chrashkurs genommen, wo ich ein paar Tricks gelernt habe, alles danach war „learning by doing“.

Helfen Ihnen als Schauspieler die Erfahrungen als Rapper?

Klar, ohne die 15 Jahre Rap vorher hätte ich das nicht einfach so machen können. Es ist natürlich ein bisschen anders als beim Dreh von Musikvideos, aber ich habe mich schnell dran gewöhnt. Man hat als Rapper auch Timing-Vorteile, was die Sprache und das Spielen anbelangt. Ich glaube, es ist für einen Schauspieler viel schwieriger zu rappen, als umgekehrt als Rapper eine Szene zu spielen.

Sie spielen Sol, der in einem Problemviertel wohnt, selten Arbeit hat und Rapper werden will. Gibt es Verbindungen zu Ihrem Lebenslauf?

In der Sitcom ist es Köln-Chorweiler, während ich selbst aus Köln-Kalk/Humboldt/Gremberg komme, was aber genauso ein Brennpunkt ist. Eigentlich ist es verrückt, dass ich vom Publikum ausgewählt wurde, den Zuschauern das vorzuspielen, was ich quasi früher erlebt habe. Die Serie ist aber nicht autobiografisch.

Kann Moritz Bleibtreu rappen?

In einer Folge rappen Sie mit Moritz Bleibtreu. Hat er Talent?

Er hat das bombastisch gemacht. Ich habe ihn mehrmals gefragt, ob er seinen Rap-Part selbst geschrieben hat – er hat geschworen, dass der Text von ihm war. Er kennt sich im Rap sehr gut aus.

Ist man als Rapper ein Stück weit auch Schauspieler? Wenn es in Texten um Dinge geht, die mit dem eigenen Leben nichts zu tun haben.

Man kann nicht alle über einen Kamm scheren und pauschal sagen, „das haben die nicht erlebt“. Es gibt sehr unterschiedliche Rapper, nicht nur Gangster-Rap. Das wird leider in den Medien oft falsch dargestellt: Weil Gangster-Rap das Anstößigste ist, wird es immer hervorgehoben, weil da die Leute eher drauf klicken. Der perfekte MC ist, wer einerseits das Talent und das Künstlerische draufhat und der andererseits aber auch bestimmte Dinge erzählen darf, weil er sie erlebt hat.

Wie ist das bei Ihnen?

Ich rappe keine Gangster-Lyrics, allerdings habe ich auch an der Armutsgrenze gelebt, deswegen kann ich es mir rausnehmen, darüber zu berichten.

In Musikvideos wie „German Dream“ zeigen Sie aber auch ein Luxusleben.

Dort ging es mir darum, den Leuten zu sagen: „Guckt mal, ich habe es wieder geschafft.“ Ansonsten rappe ich selten über Luxus, ich gebe in Texten nicht an mit materiellen Dingen. Ein Rapper wie Kay One singt nur über Yachten etc. – das finde ich Schrott. Das funktioniert nicht, zumindest nicht in meiner Welt.

Kein Gangster?

Ihnen scheint die „Realness“ wichtig zu sein.

Ja, das ist das Einzige, was ich habe. Meine Texte sind zum Teil überspitzt oder ironisch, aber es basiert alles auf meiner wirklichen Person.

Viele Kollegen setzen dagegen auf das Gangster-Image und sind damit sehr erfolgreich.

Ja, aber das mit dem Image gibt es längst nicht nur im Gangster-Rap. Cro zum Beispiel ist auch eine Inszenierung, der läuft im Privatleben ja nicht mit Panda-Maske rum und ist immer nur happy, sondern das ist das Image, das er verkauft.

In „Blockbustaz“ wird viel Cannabis geraucht und angebaut. Wo stehen Sie in der Debatte um diese Droge?

Ich bin kein Prediger oder Politiker, ich bin „nur“ Künstler, ich kann da nur von meinem Erfahrungsschatz berichten. Und da muss ich sagen: Ich habe jahrelang Cannabis konsumiert, schon morgens wenn ich aufgewacht bin – und es hat mir nichts gebracht. Es hat meine damalige Lebenssituation erträglicher gemacht, aber es hat auch etwas Schlechtes: Du setzt dich mit der Lösung nicht auseinander. Du willst es nicht. Du liest deine Briefe nicht, gehst nicht ans Telefon.

Heute würden Sie davon abraten?

Solange es ein Genussmittel bleibt, muss das jeder für sich entscheiden, aber sobald es zu einer Sucht wird, bin ich raus. Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe.

Wie groß ist Ihre Verantwortung als Rapper mit einem großen, jungen Publikum?

Ich sehe mich als Berichterstatter – und da ist es ein bisschen wie bei der Presse: Du kannst dir aussuchen, ob du hetzerisch berichtest oder ob du dir einen Bildungsauftrag mit reinnimmst. Selbst wenn ich in einem Text über Crime berichte, tue ich das mit einer gewissen Distanz und einer reflektierten Seite. Es muss auch ein Ausweg da sein, eine Lösung, sonst kann ich das nicht vertreten.

Sie leben in Köln und haben jüngst mit dem Song „Domplattenmassaker“ auf die Geschehnisse an Silvester reagiert. Hat sich das Klima in der Stadt verändert?

Ja, klar. Es ist überall Thema, bei jeder Nachricht kommt das wieder hoch. Neulich habe ich Reportern mein altes Viertel gezeigt, die Straße, wo ich lange gewohnt habe, die Leute, das Südländische, die Freundlichkeit und Wärme. Am gleichen Tag hat dort die Polizei mit 50 Mann wieder eine Razzia durchgeführt. Viele Leute, auch in meinem alten Viertel, stehen jetzt unter Generalverdacht, vor allem bei denjenigen, die die Nachrichten weniger differenziert betrachten.

„Ganz egal wie ich mich auch änder, ich bleib immer der scheiß Ausländer.“ So haben Sie in „Quotentürke“ gerappt.

Das ist mein Galgenhumor. Der Text bezog sich auf mich als TV-Persönlichkeit: Ich mache schon 15 Jahre Rap, bin also durchaus Rap-Experte – aber im TV komme ich nur vor, wenn es um Türken geht. Ich werde von den Medien nicht als „gefühlter Deutscher“ wahrgenommen. Was wohl auch daran liegt, dass ich Rapper bin, das ist ja eher etwas, was man der Unterschicht und den Ausländern zuspricht. Aber ich versuche, das Beste draus zu machen, eben durch einen Song wie „Quotentürke“. Wenn die Stimmung im Raum angespannt ist, hilft es, einen Witz zu erzählen.

Das Interview führte Jakob Buhre.

„Blockbustaz“, ZDFneo, Dienstag, um 22 Uhr 30

Jakob Buhre

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