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Die idyllische Kulisse von Südtirol trügt: Staatsanwalt Nicoletti (Tobias Moretti) vermutet fälschlich ein terroristisches Motiv hinter den Morden.

© ZDF und Oliver Oppitz

Landkrimi "Endabrechnung" im ZDF: Die Rache des dunklen Ritters

Großes Schauspiel: Der „Landkrimi“ aus Südtirol mit Robert Palfrader und Tobias Moretti.

Wenn das ZDF einen „Landkrimi“ des ORF zeigt, ist höchste Konzentration geboten. Die Filme waren ursprünglich nicht für den Export gedacht, die Schauspieler mussten also keinerlei Rücksicht auf auswärtige Hörgewohnheiten nehmen; mitunter ist es eine echte Herausforderung, den Dialogen zu folgen. Immerhin lernt man auf diese Weise, dass nicht überall in Österreich Wienerisch gesprochen wird. „Endabrechung“ spielt ohnehin in Südtirol, also in Italien, weshalb die Mundart einen besonderen Reiz darstellt; doch dazu später mehr.

Selbst wenn dieser Krimi sonst nichts zu bieten hätte: Die Szenen mit Robert Palfrader und Tobias Moretti sind großes Schauspiel. Palfrader, hierzulande vor allem durch seine Titelrolle in der leider nur kurzen Krimireihe „Der Metzger“ bekannt, spielt einen Bozener Kriminalkommissar, der große Schuld auf sich lädt, als er voreilig öffentlich einen Priester eines Verbrechens verdächtigt und sich der Mann daraufhin das Leben nimmt. Kommissar Höllbacher quittiert den Dienst und zieht sich in seine Heimat nach Meran zurück. Als ein Bankdirektor auf offener Straße erschossen wird, bittet ihn die Polizeichefin des Kurorts um Hilfe. Höllbacher lehnt ab, ändert seine Meinung jedoch, als mit großem Auftritt sein Erzfeind auftaucht: Oberstaatsanwalt Nicoletti – gespielt von Tobias Moretti – hatte ihn dazu animiert, in einer Pressekonferenz den Namen des Priesters zu nennen, und der Jurist macht sich mit großer Geste auch diesen Fall zu eigen.

Es sind gleich eine ganze Reihe von Gründen, die „Endabrechnung“ zu einem besonderen Krimi machen, aber der größte Reiz des Films liegt im Kontrast zwischen diesen beiden Männern: hier der von Palfrader mit viel Melancholie verkörperte massige Kommissar, der den Rest seines Lebens offenbar damit verbringen will, gemeinsam mit seinem Freund Severin (Harald Windisch) die Weinbestände Südtirols zu dezimieren; dort der stutzerhafte Staatsanwalt mit seinem wie mit Tusche gemalten Oberlippenbärtchen, dem die Süffisanz aus allen Knopflöchern trieft. Diese Figur dürfte Moretti ein spezielles Vergnügen bereitet haben: Der selbstverliebte Nicoletti gibt sich gern gönnerhaft, lässt seine Mitmenschen aber stets spüren, dass man ihn sich nicht zum Feind machen sollte.

Special Guest: Harald Windisch

Nicht minder sehenswert ist der im deutschen Fernsehen nur als Nebendarsteller besetzte Harald Windisch als Dritter im Bunde, zumal das Drehbuch (Peter Probst) früh verrät, dass Severin den Banker auf dem Gewissen hat. Das ist der zweite Reizpunkt des Films: Höllbacher muss, ohne dies zu ahnen, gegen seinen besten Freund ermitteln. Während Nicoletti noch einen terroristischen Hintergrund vermutet, wird kurz darauf auch die Vorstandsvorsitzende ermordet. Weil beiden Opfer mitten ins Gesicht geschossen wurde, ist Höllbacher überzeugt, dass der Mörder persönliche Motive hatte. So ist es natürlich auch: Wenn Severin auf seinem Motorrad unterwegs ist, wirkt er wie ein dunkler Ritter auf finsterer Mission.

Regisseur Umut Dag hat zuletzt für den Hessischen Rundfunk einen ausgezeichneten „Tatort“ gedreht („Das Monster von Kassel“) und bei „Endabrechnung“ dafür gesorgt, dass der Film nicht nur darstellerisch ein Genuss ist. Die Gestaltung (Andreas Thalhammer, Xiaosu Han) gerade der Innenaufnahmen ist von großer Kunstfertigkeit. Es ist sicher kein Zufall, dass eine Einstellung, die Höllbacher in seinem heruntergekommenen Elternhaus zeigt, an Carl Spitzwegs Gemälde „Der arme Poet“ erinnert. Ein reizvollerer Schauplatz ist allerdings das verlassene Hotel, in dem Severin lebt.

Makelloses Südtirolisch

Palfrader und Moretti sind beide keine Südtiroler, der eine ist in Wien geboren, der andere in der Nähe von Innsbruck, weshalb nur Einheimische bewerten können, wie gut ihnen die ungewohnte Mundart gelungen ist; aber für deutsche Ohren klingt das sehr überzeugend. Die österreichische Zeitung „Der Standard“ attestiert Palfrader immerhin, er artikuliere „ein derart makelloses Südtirolerisch, als hätte er tagaus, tagein eine Handvoll Alpendolomiten im Mund stecken.“ Auch Autor Peter Probst hat einen ordentlichen Anteil daran, dass „Endabrechung“ nicht nur sehens-, sondern auch hörenswert ist. Er verfasst regelmäßig gute Drehbücher für Reihen wie „Tatort“ und „Kommissarin Lucas“, hat für Moretti schon die Titelrolle in „Luis Trenker“ geschrieben und sorgt in dem ORF-Krimi für viele wunderbare und immer wieder unerwartet witzige Dialoge.

„Landkrimi: Endabrechnung“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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