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In "Ein Falls fürs All" darf Urban Priol im ZDF wieder Politiker auf die Schippe nehmen.

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"Ein Fall fürs All" mit Urban Priol: Politiker-Bashing auf Stammtisch-Niveau

Dümmliche Witze über Ursula von der Leyens Frisur und eine abgestandene Kohl-Parodie: Mit Urban Priol und dem neuen Kabarett-Format "Ein Fall fürs All" tut das ZDF sich und dem Zuschauer keinen Gefallen.

Nach dem Ausstieg von Urban Priol aus der ZDF-Sendung „Neues aus der Anstalt“ wurden Wallfahrtskirchen in ganz Deutschland von einem Meer gestifteter Dankbarkeits-Kerzen erleuchtet. Umsonst. Vergeblich. Nicht nur Fortuna, die römische Schicksalsgöttin hat wohl einen Blackout. Auch die anderen Haupt-, Neben- und Untergötter haben versagt. Er ist wieder da. Der Hysteriker mit der geistige-Freiheit-symbolisierenden Struwwelpeter-Frisur. Sein neuer mediale Empörungsschauplatz: „Ein Fall fürs All“.

In „Neues aus der Anstalt“ (merken sie die subtile Doppeldeutigkeit? Anstalt für psychiatrische Klinik und Anstalt des öffentlichen Rechts) war Priol der Leiter. Erwin Pelzig sein Berater und Aufpasser. In der Weite des Studio-Alls ist jetzt Alfons dabei. Der Mann mit dem Puschel und dem hartnäckigsten Akzent seit Marika Rökk und Rudi Carrell. Und so sieht das ZDF sein neues Kabarett-Format: „Auf der Suche nach dem großen Ganzen und der ultimativen politischen Wahrheit haben sie (also Urban und Alfons) sich in einer einzigartigen deutsch-französischen Freundschaftsproduktion ein Raumschiff gebaut. Sie suchen aus dem Orbit mit dem großen Überblick nach dem Sinn im politischen Irrsinn, nach Fehlern im System und bewussten Verschleierungen und Ränkespielen ...“

Urban Priol kann nur zwei Politiker nachmachen

Dieser Orwellsche Neusprech ist da noch lange nicht vorbei. Traurige Produktionswahrheit und verbale „In den Himmel heben“-Ästhetik, zwei Welten treffen sich nicht. Urban Priol, vom ZDF als intelligenter Spötter angepriesen. Was er macht, ist unintelligentes Politiker-Bashing. Ursula von der Leyen kann nichts, außer sich die Haare frisieren. Sie ist die letzte Blendgranate im Munitionsdepot. Ursula von der Leyen und Angela Merkel – Miss-Management und Miss-Erfolg. Die tiefe Dimension dieses Wortspiels erschließt sich erst in der gesprochenen Version.

Thomas de Maizière ist eine Lusche. Alexander Dobrindt ein mentaler Einzeller und Günther Oettinger ein Flachbildschirm. Sagt Priol. In der Politik sind nur Primaten. Sagt Priol. Er meint - alle nur Affen oder Halbaffen. Aber zur biologischen Ordnung der Primaten gehören neben Affen und Halbaffen auch Menschen. Der korrekte Sinn von Fremdwörtern? Schwierig. Lieber nicht verwenden, als falsch verwenden. Aber da ist der Studienabbrecher fürs Lehramt ziemlich schmerzfrei.

Weil Urban Priol nur zwei Politiker nachmachen kann, gibt es eine abgestandene Kohl-Parodie und die schon in der Anstalt bis zum Erbrechen nachgespielte Merkel. Aber Urban Priol will mehr. Sein misslungener Dobrindt hört sich an wie eine bajuvarisierte Merkel. Aber Priol kann auch den halben Lehrer in sich nicht zähmen. Er erzählt Klischees zu den Unabhängigkeitsbewegungen in Schottland, Korsika und Sardinien. Legale, aber unmoralische und ärgerliche Steuervermeidungsmodelle werden von ihm mit der Kraft der Einzeller-Intelligenz an den Flachbildschirmpranger gestellt. Lachen verboten.

Ein Blick in die Zukunft des Islamischen Staates - die Klasse von „Hanni und Nanni“. Zur Abrundung, zwei ziemlich wunderliche Auftritte – Andreas Rebers als oktoberfestangehauchter Volksmusikant. Und die hier humorlose Schauspielerin und Kabarettistin Christine Prayon als Lieutenant Commander Prayon. Wie beim Limbo-Tanzen wird das eh schon niedrige Stammtisch-Niveau spielend unterboten. Das Fazit der Sendung – vom Meister selbst: „Alles wie immer, nur schlimmer.“

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