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Trixie Dörfel

© WDR/beckground tv/Daniel Wolcke

Neue Persiflage mit Olli Dittrich: Trixie singt wieder

Olli Dittrich hat sich erneut in den Schlagerstar Trixie Dörfel verwandelt. Offen bleibt, wer eigentlich parodiert werden soll. Unterhaltsam ist es trotzdem.

Stand:

Man muss sich den Komiker Olli Dittrich wohl als glücklichen Menschen vorstellen. Und fragt sich manchmal: Wie tickt der eigentlich privat? So wie Dittsche, der Kiez-Philosoph im Bademantel in der Imbissbude? Hybrid wie Schorsch Aigner, die Franz-Beckenbauer-Parodie? Gewissenhaft wie der Außenreporter Sandro Zahlemann? Eitel wie Enthüllungsjournalist Sigmar Seelenbrecht? Oder aufgekratzt wie Trixie Dörfel, jener alternde Schlagerstar, der am Donnerstag im Ersten mit einer typischen Olli-Dittrich-Pseudodokumentation zur Aufführung kommt?

Gute Frage. Taucht Olli Dittrich in einer Talkshow auf, wie zuletzt beim NDR, scheint der Schauspieler, Komiker, Komponist und Musiker zum Greifen nah und verschwindet am Ende doch wieder hinter all diesen preisgekrönten Kunstfiguren. Da mag die Interviewkunst noch so ausgefeilt sein.

Im Grunde ist das vergleichbar mit den Antworten eines Harald Schmidt, der neulich im „Zeit“-Gespräch durchblicken ließ, dass er vom journalistischem Tun und den tieferer-Sinn-Fragen nicht allzu viel hält. Dementsprechend larmoyant und natürlich auch klug Schmidts Auftritt.

Dies alles vorweg geschickt, damit verständlicher wird, warum der erneute TV-Aufguss von Trixie Dörfel den Rezensenten (sonst ein glühender Olli-Dittrich-Fan!) ratlos macht. Im Unterschied zu Schmidt ist Dittrich ja noch in schöner Regelmäßigkeit auf dem TV-Bildschirm. Vielleicht ist das das Problem. Vielleicht war diese Schlagerstar-Geschichte schon im vergangenen Jahr durch.

Wer das Format noch nicht gesehen hat: Vor zwölf Monaten genoss Trixie Dörfel die Welt, die ihr zu Füßen lag, in vollen Zügen. Die nicht mehr ganz taufrische Schlagersängerin lud die Presse ein in „Trixies Wonderland“ und pries neben ihrer schönen Musik auch ihre Kosmetiklinie an. Die ARD zeigte das Trixie-Dörfel-Special 2017.

„Autounfall mit 1,6 Promille“ – „Bild“ und „Bunte“ springen auf

Ein Jahr später schlägt Olli Dittrich in dieselbe Kerbe. Der 62-jährige hat sich wieder in die Rolle dieser Kunstfigur hineinbegeben und blättert die Schattenseite der Glamourwelt auf. „Der tiefe Fall der Trixie Dörfel“ soll, so die Ankündigung, eine völlig andere Geschichte als noch vor Jahresfrist sein.

Das stimmt zum Teil. Glücklich ist Trixie Dörfel nicht mehr. Haus weg, Geld weg, Mann weg, Ruhm weg, Kosmetiklinie weg. Sie wartet in einer Wohnung in einer Münchner Mietskaserne und öffnet dem Reporter die Tür, ihr Elend an die Oberfläche kehrend wie vor einem Jahr Glück und Erfolg. Was waren das 2018 für Schlagzeilen: „Autounfall mit 1,6 Promille“ – „Bild“ und „Bunte“ springen auf.

Bewegt zeigen sich auch Iris Berben, Jan Josef Liefers, Stefanie Hertel, Peter Zwegat, Howard Carpendale, die als talking heads vor die Kamera gerufen werden, um Authentizität vorzutäuschen. Die Produktion gibt sich alle Mühe, dem Genre der Pseudo-Dokumentation, der Mockumentary, gerecht zu werden.

Weniger wäre allerdings mehr gewesen. Die Fallhöhe der skurrilen Protagonistin wirkt wie behauptet, bleibt ungreifbar. Und hintenraus ist nicht festzustellen, wer oder was parodiert werden soll: das Doku-Genre als solches? Die yellow press? Der brave Glaube des Konsumenten an das bessere Leben in der Prominenz? Margot und Maria Hellwig? Der Regisseur-Geniekult? Dittrich spielt noch Dörfels Ex-Mann Peter Pudl, „unvergessen sein Grimme-Preis für das monumentale Werk ,Schatten ohne Wiederkehr’“.

Ja, das ist teilweise immer noch lustig, große Anverwandlung und am Ende unterhaltsamer als vieles, was sonst um die Uhrzeit im Ersten läuft. Dennoch, lieber Olli Dittrich: Trixie Dörfel möge gerne auf Weihnachts- oder Baumärkten weiter singen. Diese Kunstfigur ist auserzählt. Der WDR sollte uns das ganze Jahr mit „Dittsche“ versorgen, die Welt verstehen und glücklicher werden lassen. Besser geht’s nicht.

„Der tiefe Fall der Trixie Dörfel“, Donnerstag, ARD, 23 Uhr 45

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