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"Verstehen Sie Spaß?" mit Barbara Schönenberger kann nicht die Krone öffentlich-rechtlicher Unterhaltung sein.

© SWR/Wolfgang Breiteneicher

Verschärftes Programmprofil für ARD und ZDF: Kein Trash, nirgends

Die Ministerpräsidenten verlangen von den Öffentlich-Rechtlichen deutlich öffentlich-rechtlichere Programme. Gut so. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Da wird einigen die Fernbedienung aus der Hand fallen. Sie schalten ihren Fernseher ein – und sehen nur noch fünf öffentlich-rechtliche Programme: ARD, ZDF, die Dritten, 3sat und Arte. Der große ganze Rest findet sich im Internet und dort noch nicht mal im gewohnten Format des Programmschemas, sondern via Plattform und Mediathek.

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ARD und ZDF sollen sich nach dem Willen der 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten reformieren. Dabei geht es um zwei zentrale Fragen: Welches Programm soll künftig auf welchem Ausspielweg seine Zuschauerinnen und Zuschauer finden? Was sollen die Inhalte sein, die ARD und ZDF liefern? Bei der Verbreitung bleibt es den Sendern künftig überlassen, ob beispielsweise Phoenix oder der Kinderkanal nur digital oder auch linear versendet werden. Diese Flexibilisierung ist kein Akt der Willkür, sondern liegt an der veränderten Mediennutzung. Menschen wollen fernsehen – wann sie aber welches Programm konsumieren, wollen sie selbst bestimmen. Je jünger, je mehr. Wer dieses Verhalten ignoriert, der schickt die Sender ins Fernsehmuseum. ARD und ZDF müssen aufpassen, dass die künftige Verteilung in Linear- und Digital-TV nicht zu einer Zweiklassengesellschaft aus Programmen der Premium-Klasse und zweiter Wahl führt.

Gesamtangebot für alle

Der neue Medienstaatsvertrag fordert, „ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten“. Das meint Ansprache junger Zielgruppen, aller Milieus. In den politischen Runden tummeln sich viele Ex-Generäle, pensionierte Botschafter, die Generation der „has beens“. Jugend findet kaum statt. Und wenn in den Anstalten künftig versucht wird, die ältere Bevölkerung nicht länger zu bevorzugen, kann zugleich überlegt werden, ob alle Milieus im Fokus der Programmanstrengung sind. Der Eindruck eines Mittelschichts-TV ist so falsch nicht. Nach dem Willen der Länderchefs müssen Kultur, Bildung, Information und Beratung als Schwerpunkte bedient werden. Der Programmauftrag als öffentlich-rechtlicher Dienstleister wird unmissverständlich geschärft. Gut so, die beitragsfinanzierten Medien haben die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Also bekommt die verdrängte Kultur ein Upgrade, wird Bildung hoffentlich nicht länger als Kreuzworträtsel-Quiz missverstanden, bleibt Unterhaltung Teil des Auftrags, muss aber dem öffentlich-rechtlichen Profil genügen. Kein Trash, nirgends.

Krimi-Schwemme

Ein Blick durch das Primetime-Fernsehen von Erstem und Zweitem zeigt allerdings diese Übertreibung: Krimi-Schwemme, Shows, die in notwendiger, doch überängstlicher Abgrenzung zu den Kommerziellen Sturzlangweiligkeit feiern. Auch wenn es die Fans von traditionellem Fernsehvergnügen fassungslos macht: Die Zeit ist über „Verstehen Sie Spaß?“ hinweggegangen. Die Sender haben bei der Fiktion („Tatort“ oder „Der Palast“) schon gezeigt, dass sie im Wettbewerb mit den Streamingdiensten nicht resignieren müssen. Es braucht mehr „Charité“ als Dokudrama und mehr „Charité intensiv“ als Dokuserie.
Hier sind Korrekturen dringend notwendig, wie auch beim Kronjuwel des öffentlich-rechtlichen Fernsehens – der Information – nachgelegt werden kann. „Tagesschau“ und „heute-journal“ haben in Zeiten der Pandemie und des Krieges allen Querdenkereien und Quertreibereien widerstanden und sich als glaubwürdige Faktoren im Prozess individueller wie öffentlicher Meinungsbildung behauptet.

"Tagesschau" verlängern!

Mehr davon. Eine „Tagesschau“ beispielsweise wird, wenn sie den fast schon alltäglichen „Brennpunkt“ inkludiert, zu einer besseren „Tagesschau“. Nachrichten brauchen Analyse und Hintergrund.
Die Rundfunkpolitik hat den Programmauftrag nicht umstürzlerisch neu formuliert, wohl aber neu gerahmt. Es ist nun an ARD und ZDF, diesen Auftrag in eine Qualitätsoffensive umzusetzen. Denn hinter alldem steht die glasklare Erwartung: ARD und ZDF müssen sich den Rundfunkbeitrag verdienen.

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