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Medien: Wenn Talker über Talk talken

„Das Ganze eine Rederei“ resümiert 30 Jahre in drei Sendungen

Dietmar Schönherr ist schuld. Im März 1973 startete im WDRDritten mit „Je später der Abend“ die erste Talkshow des deutschen Fernsehens. Was bis heute in unzähligen Variationen darauf folgte, bot wiederum jede Menge Gesprächsstoff. Es wurde provoziert und buchstäblich enthüllt, gebrüllt und mit Gläsern geworfen, gelacht und geweint, intelligent gesprochen und überflüssig gequatscht. Nur langweilig durfte es nicht sein. Zu einem dreiteiligen Rückblick auf 30 Jahre Talkshow („Das Ganze eine Rederei“, ARD, heute, am 7. und 8. Januar, jeweils 23 Uhr) lud „Tagesthemen"-Moderatorin Anne Will zehn Talkmaster ins Studio, um gemeinsam durch die Geschichte zu zappen.

Und wieder war es beinahe wie immer, nur Gläser flogen nicht, niemand entkleidete sich, niemand brach in Tränen aus. Eher überflüssig der erste Teil, der „Vom Sex und von der Liebe“ handelt. Immer wieder werden Ausschnitte eingeblendet, die die Diskussion unterbrechen, was freilich nicht weiter schlimm ist. „Wir haben uns natürlich die eine oder andere Dame eingeladen, weil wir uns davon eine gute Quote versprachen.“ Das ist zum Beispiel der einzige Satz, den Margarethe Schreinemakers beisteuert.

Überhaupt ist die Studiorunde viel zu groß, so dass sich zu den Archivschnipseln kaum mehr als Gesprächsschnipsel gesellen. Immerhin: In den Folgen zwei und drei wird’s besser. Was an den Themen („Tod und Holocaust“, „Politik und Emanzipation“), aber auch daran liegt, dass die Runde lebendiger wird. Roger Willemsen greift Reinhold Beckmann wegen seiner Becker-„Samenraub"Sendung an, Amelie Fried attackiert Andreas Türck, weil er ein von Krankheit schwer gezeichnetes Kind präsentierte. Sogar Spuren von Selbstkritik schimmern durch: Johannes B. Kerner lässt erkennen, dass er sein „Erfurt-Spezial“ nach dem Schulmassaker für ziemlich misslungen hält. Und Erich Böhme räumt ein, einem „gnadenlosen Populisten und Lügner“ wie Jörg Haider könne man als Talkmaster nur „mit einer anderen Vorbereitung“ begegnen, als er selbst es versucht hatte. Mit von der Partie sind noch Dietmar Schönherr, der betuliche Geert Müller-Gerbes und der diesmal lammfromme Christoph Schlingensief. tgr

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