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Bei der WM 2014 kommentierte Bélá Réthy das legendäre Halbfinale der Deutschen gegen Brasilien.

© dpa / dpa/Marcus Brandt

ZDF-Kommentator Bela Réthy: Die sonore Stimme des TV-Fußballs hört auf

Mehr als 380 Live-Spiele hat Bélá Réthy für das ZDF kommentiert. Nach dem WM-Halbfinale am Mittwoch freut er sich auf die „Terminlosigkeit“.

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Am Mittwoch wird er tatsächlich Schluss machen: Beim WM-Halbfinale Frankreich gegen Marokko in Katar spricht Bélá Réthy zum letzten Mal seinen Kommentar ins ZDF-Mikrofon. Der Reporter wird an diesem Tag 66 Jahre alt, danach beginnt der Ruhestand.

Béla Réthy, das ist für Millionen Fans seit vielen Jahren die Stimme des Fußballs. Auch weil sie unverwechselbar ist, sonor im Grundton und geprägt vom Wortwitz. Der freilich schon mal über die Ufer tritt, so bezeichnete Réthy die Frisur des kolumbianischen Fußballers Carlos Valderrama mit einer „Klobürste“.

Meistens ist Bélá Réthy eher nüchterner Fußball-Analytiker, der verbal nicht verdoppelt, was der Zuschauer selber sieht. Und zudem „als Kollege und Mensch unerreicht, unser Béla“, wie der ebenfalls als Reporter arbeitende Oliver Schmidt sagt. 

Réthys Karriere beim ZDF begann bei der WM 1986 in Mexiko. Danach hat er in 36 Jahren rund 380 Live-Spiele kommentiert. Er war seither bei allen Fußball-Weltmeisterschaften für das Zweite im Einsatz.

Das größte Spiel war für ihn sein erstes Finale, als das deutsche Team 1996 den EM-Titel in England gewann. „Das war ein dramatisches Spiel mit dem ersten Golden Goal, für mich ein Meilenstein“, sagt der Reporter. Auch das erste WM-Finale sechs Jahre später mit dem brasilianischen Sieg gegen Deutschland war eine ganz besondere Übertragung für den in Wien geborenen Sohn ungarischer Eltern: „Ich bin ja in Brasilien aufgewachsen“.  Der Polyglotte spricht sechs Sprachen.

„Damals kannte mich kein Schwein“, sagt er salopp über seine ersten Berufsjahre. „Es dauert mehrere Jahre, bis einen die Menschen wahrnehmen.“ Eine besondere Leistung war es allerdings, als diese Stimme nicht zu hören war.

Bei der EM im Vorjahr schwieg Réthy minutenlang, während der Däne Christian Eriksen auf dem Platz um sein Leben kämpfte. „Das war für mich emotional die härteste Übertragung.“ Nach der Unterbrechung des Spiels musste der Reporter wieder hinter das Mikrofon. „Auf solche Situationen kann man sich nicht vorbereiten.“

Das Ereignis ist wichtiger als wir.

Bélá Réthy

Seine eigene Rolle im Live-Fernseh-Fußball beschrieb er im Tagesspiegel-Interview so: „Das Ereignis ist wichtiger als wir. Ich möchte diesem Trend widerstehen, dass man bedeutender ist als das, worüber man redet. Okay, der Reporter gibt vielleicht das Dressing drauf. Man kann dessen Leistung mit der eines Schiedsrichters vergleichen. Wenn darüber kein Wort verloren wird, war es gut.“

.Angesichts der Rolle von Beratern und Pressesprechern, die Spieler und Trainer inzwischen abzuschirmen versuchen, habe sich der Journalismus im Fußball verändert, konstatiert der Journalist. Ganz anders sei das etwa beim Hockey, der Sportart, die er bei Olympischen Spielen kommentiert hat. Die Spieler dieser weniger beachteten Sportart seien „intelligent und zugänglich“.

Der Job als Fußball-Kommentator sei angesichts der immer schwierigeren Rahmenbedingungen „die letzte große Freiheit“. Nach seinem letzten Einsatz am Mittwoch in Katar will er eine ganz neue Freiheit nutzen. Réthy will „raus aus der Tretmühle“, wie er es nennt. Er „will die Terminlosigkeit genießen“.

Der ZDF-Mann sagt: „Wehmut und Freude über die neue Freiheit schließen sich für mich nicht aus.“. Vermissen werde er „die Turniere vor Ort mit den Kolleginnen und Kollegen, das gemeinsame Reisen, Arbeiten, Lachen“. Aber, sagt er kurz vor dem Abschied mit diesem ganz besonderen Timbre auch: „Verfügbare Zeit ist der wahre Luxus.“ (mit dpa)

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