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Immer ruhig, egal, was passiert: Elvira (Sara Klein).

© ZDF und Henrik Ohsten/HENRIK OHSTEN

ZDF-Serie „Elvira“: Seelenruhig durchs Prekariat

Als Empfangsdame eines schäbigen Kopenhagener Bordells hätte „Elvira“ angesichts all der Gewalt Grund zum Ausrasten. Dass es die Titelfigur nicht tut, macht die Serie so sehenswert.

Stand:


Die Grenzen der Belastbarkeit, das ist kein wutbürgerliches Phänomen von heute, sind leider durchlässig. Wenn eine Frau ständig strukturelle Gewalt aller Art erlebt, wenn sie von Hauswart, Arbeitgeber, dem eigenen Bruder übers Ohr gehauen wird, wenn Gewalt, Prostitution und Drogen tagein tagaus ihr Dasein diktieren, erschiene es nur menschlich, dass Elvira mal ausrastet.

Die Titelfigur der dänischen Drama-Serie „Elvira“ (ZDF-Mediathek) aber bleibt ruhig. Immer. So sehr, dass man ihr ab heute auch bei ZDFNeo (23.15 Uhr) ein Ventil wünscht, um angesichts der Willkür ringsum Dampf abzulassen. Als Empfangsdame eines illegalen Bordells im schäbigen Teil Kopenhagens, dessen Betreiber sie acht Folgen lang unverschuldet in seine Schuldenspirale hinabzieht, wäre das absolut angemessen. Einerseits.

Hey, was’n Luxus, es gibt sogar’n Herd.

Elviras Bruder (Anton Hjejle) bei der Wohnungsbesichtigung

Andererseits verleiht Elviras Duldsamkeit der Serie eine Form von tröstlicher Tragik, die ungeheuer ergreifend ist. Während Elviras Jugendfreund Køster (Peter Plaugborg) in seiner Doppelfunktion als Polizist und Zuhälter nach der verschwundenen Sexarbeiterin Candy sucht, vor allem aber ihrem Umsatz, den sein Chef Gert (Anders Mossling) zurückfordert, ist Elvira (Sara Klein) ein Fels in der Brandung männlicher Machtspiele.

Das macht sie zur dänischen „Jackie Brown“, die entlang der Sollbruchstellen prekärer Existenzen mit stoischer Miene Halt für sich und ihresgleichen sucht. Dies trotz aller Brutalität der herrschenden Verhältnisse weniger als Räuberpistole, sondern Selbstermächtigungsstudie zu zeigen, unterschiedet Heidi Maria Faissts Regie aus Lærke Sanderhoffs Writer’s Room angenehm von anderen Gangsterballaden. Möge Elvira ruhig bleiben. Es beruhigt auch beim Zuschauen.

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