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Roland Tichy war für einen Artikel in seinem Magazin kritisiert worden.

© Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Update

Nach heftiger Kritik an sexistischem Spruch: Tichy gibt Stiftungs-Vorsitz ab und verlässt Journalistenpreis-Jury

Tichy hatte in seinem Magazin eine sexistische Äußerung über Sawsan Chebli abgedruckt. Bundesbank-Präsident Weidmann begrüßt den Rücktritt.

Roland Tichy will sein Amt als Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung im Oktober abgeben. In einem Schreiben des Vorstandes vom Donnerstag an die Mitglieder der Stiftung heißt es, er trete bei der Wahl am 30.Oktober nicht erneut an. Zuerst hatte die „FAZ“ darüber berichtet.

Tichy ist zudem nicht länger Jurymitglied des Deutschen Journalistenpreises (DJP), der am Donnerstagabend verliehen wird. „Er hat mir mitgeteilt, dass er sein Mandat niederlegt“, sagte der Veranstalter des Preises Volker Northoff dem „Tagesspiegel“. Tichy war beim DJP bislang in der Jury für die Kategorie „Innovation und Nachhaltigkeit“.

Der Grund für die Rücktritte dürfte ein Beitrag über die SPD-Politikerin Sawsan Chebli in seinem Magazin „Tichys Einblick“ sein. Dort geht es darum, dass sich Chebli im selben Berliner Wahlkreis wie der amtierende Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) um eine Bundestagskandidatur bemüht.

„Was spricht für Sawsan? (...) Befreundete Journalistinnen haben bislang nur den G-Punkt als Pluspunkt feststellen können in der Spezialdemokratischen Partei der alten Männer", heißt es in dem Magazin.

Laut „Handelsblatt soll Bundesbank-Präsident und Stiftungsmitglied Jens Weidmann sich mit einem Brief an die anderen Stiftungsmitglieder in der Causa Tichy gewandt haben. Hierin heiße es: „Ich begrüße, dass Roland Tichy bereit ist, den Weg dafür frei zu machen.“

Weiter schreibe Weidmann: Es sei in „Tichys Einblick“ „wiederholt zu beleidigenden und verletzenden Äußerungen gekommen, die sich mit den Idealen der Stiftung nicht vertragen und eine negative öffentliche Berichterstattung über die Stiftung ausgelöst haben“. Dem Bericht zufolge soll Weidmann Tichy zum Rücktritt aufgefordert haben.

Merz: „Die einzig richtige Entscheidung“

Chebli selbst kommentierte den Rückzug Tichys bei Twitter: „Der Rücktritt von #Tichy vom LES-Vorsitz war längst überfällig, aber er löst natürlich nicht das Riesenproblem, das wir mit Sexismus haben. Deshalb: Lasst uns auch künftig alle niemals schweigen!“

Auch Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, twitterte zu Tichys Rückzug und teilte mit: „Die einzig richtige Entscheidung.“ Merz hatte bereits 2018 den Ludwig-Erhard-Preis abgelehnt. Wie das „Handelsblatt“ damals unter Berufung auf Einschätzungen von Jury-Mitgliedern berichtete, war ein Grund, dass er bei der Verleihung mit Tichy zusammen auf der Bühne stehen sollte.

Die Ludwig-Erhard-Stiftung änderte nach dem angekündigten Rücktritt Tichys auf ihrer Homepage das Programm für die Buchvorstellung der FDP-Politikerin Linda Teuteberg am 6. Oktober. Statt Roland Tichy soll nun Oswald Metzger mit Teuteberg über ihr Buch sprechen. Brisant hierbei: Metzger ist Hauptstadtkorrespondent von „Tichys Einblick“. Er schreibt wie Tichy also auch für das Magazin, das nun in der Kritik steht.

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Die Debatte ins Rollen gebracht hatte am Mittwoch Dorothee Bär (CSU). Die Staatsministerin für Digitales hatte bekanntgegeben, ihre Mitgliedschaft in der Stiftung aus Protest gegen den Vorsitzenden Roland Tichy zu kündigen.

Gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte sie: „Grund für diese Entscheidung ist eine Publikation in dem Magazin „Tichys Einblick“, die frauenverachtende und in höchstem Ausmaß sexistische Äußerungen gegenüber meiner Kollegin Sawsan Chebli enthält."

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„Derartige Ausfälle sind unerträglich und mit den Zielen der Stiftung absolut unvereinbar“, erklärte Staatsministerin Bär. Ludwig Erhards Ansinnen wäre heute sicher nicht die Herabwürdigung von Frauen, sondern das Fördern weiblicher Karrieren. “Sofern die Stiftung einen Vorsitzenden hat, unter dessen Federführung solche Texte veröffentlicht werden, kann und will ich sie nicht weiter unterstützen. Es zeigt eine gesellschaftspolitische Geisteshaltung, die ich nicht akzeptiere.“

Chebli bedankte sich via Twitter bei Bär für deren „klare Haltung“ und schrieb: „Wir dürfen nicht länger Sexismus hinnehmen. Wir brauchen aber auch die Männer, die mit uns an einem Strang ziehen.“

Auch Spahn und Linnemann ziehen Konsequenzen

Bär folgten am Donnerstag weitere Mitglieder der Stiftung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sowie der Vorsitzende der Mittelstandsunion Carsten Linnemann teilten mit, mit sofortiger Wirkung ihre Mitgliedschaft ruhen lassen zu wollen.

Sie erklärten dazu: „Die Ludwig-Erhard-Stiftung ist eine Institution mit langer Tradition und dem Erbe des Namensgebers verpflichtet. Leider ist seit geraumer Zeit eine Debattenkultur von führenden Vertretern der Stiftung festzustellen, die dieser Verantwortung nicht gerecht wird. Das schadet dem Ansehen Ludwig Erhards. Deshalb haben wir uns entschieden, unsere Mitgliedschaft bis auf weiteres ruhen zu lassen.“

Tichy selbst bezeichnet sein Magazin als „liberal-konservatives Meinungsmagazin“. Das Magazin und die Online-Plattform tichyseinblick.de gehören für viele Politiker aus dem rechtspopulistischen Spektrum zur Pflichtlektüre. Tichy war von 2007 bis 2014 Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“.

Der Vater des deutschen Wirtschaftswunders, der frühere Wirtschaftsminister und Kanzler Ludwig Erhard gründete die Stiftung 1967. Sie sollte die Idee der sozialen Marktwirtschaft unter anderem durch Veranstaltungen verbreiten und stützen.(mit jb, dpa)

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