
© AFP/BAKR ALKASEM
3,6 Millionen Captagon-Tabletten: Auch 2023 kamen noch massenweise Assad-Drogen nach Deutschland
Das syrische Regime verdiente Milliarden Euro mit dem Handel der Droge Captagon. Der Stoff kam auch nach Deutschland. Für das Jahr 2023 liegen jetzt neue Zahlen vor.
Stand:
Auch in Deutschland wurden im Jahr 2023 wieder Tabletten der Droge Captagon gefunden. Das geht aus dem aktuellen Reitox-Bericht der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) hervor.
Captagon wurde in den 1960er-Jahren in Deutschland eigentlich als Medikament gegen Aufmerksamkeitsstörungen entwickelt. Es handelt sich dabei um einen Amphetamin-ähnlichen chemischen Stoff, der unter anderem aufputschend wirkt und schnell süchtig macht. 2003 wurde das Arzneimittel in Deutschland vom Markt genommen.
Rund 80 Prozent des weltweit als Droge konsumierten Captagons stammten in den vergangenen Jahren aus Syrien, schätzen Experten.
In Deutschland wurden laut der DBDD 2023 3,6 Millionen Captagon-Tabletten gefunden. Allein 2,1 Millionen Tabletten wurden von der Zollfahndung Essen in einem Lager gefunden. Der Wert: Rund 60 Millionen Euro. Sie waren in Sandsäcken versteckt. In dem Verfahren sind vier Syrer angeklagt. Wie viel Captagon 2024 nach Deutschland gelangte, ist bisher unbekannt.
Captagon wird vor allem in arabischen Ländern konsumiert. Es gilt als „Kokain des armen Mannes“ und wurde auch von den Terrormilizen des IS benutzt, um besser kämpfen zu können. Europa und auch Deutschland gelten aber als einer der Hauptumschlagplätze für die Droge.
Im September 2023 kam ein Report der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) zu dem Ergebnis, dass Schmuggler vermehrt Captagon über Europa in den Nahen und Mittleren Osten schaffen.
Offensichtlich war die Route über Europa sicherer als durch das von Rebellen kontrollierte syrische Grenzgebiet und der Landweg über den Irak. Zudem versuchten die jordanische und die libanesische Armee den Schmuggel über die Grenze zu unterbinden. Per Schiff waren auch größere Lieferungen möglich, während die Tabletten die Grenzen der Nachbarländer meist in Obstkisten versteckt überquerten.
Federführend war wohl Assads jüngerer Bruder
Außerdem bot sich der Umweg über Europa an, so hieß es in dem EU- und BKA-Report, „um Kontrollen durch die Behörden in den Zielmärkten zu vermeiden, die wahrscheinlich nicht vermuten, dass Captagon-Tabletten aus der EU verschifft werden“. Schiffe mit der Droge verließen den syrischen Hafen Latakia in Richtung Europa.

© AFP/BAKR ALKASEM
Federführend für den Schmuggel soll Assads jüngerer Bruder Maher al-Assad gewesen sein, der die berüchtigte Vierte Division der syrischen Armee befehligte.
Zu seinen Hochzeiten soll der syrische Drogenhandel jährlich 10 Milliarden Euro umgesetzt haben, mehr als die syrische Wirtschaft 2021 erwirtschaftete. Die Margen des Geschäfts waren für die Produzenten gewaltig: Zwischen drei und 25 Euro kostet eine Pille für die Endabnehmer. Die Herstellungskosten liegen bei einigen Cent.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Die neuen Machthaber in Damaskus versprechen zwar, nach dem Sturz Assads Syriens Drogenproduktion zu beenden. Am Sonntag, nach seiner Ankunft in Damaskus erklärte der Rebellenführer Abu Mohammed al-Dschaulani, dass Syrien „die weltweit führende Quelle für Captagon“ geworden sei. „Aber heute wird Syrien durch die Gnade Gottes, des Allmächtigen, gereinigt.“
Bilder und Videos aus Syrien, die in den vergangenen Tagen entstanden, zeigen auch, wie die Rebellen gefundene Tabletten verbrennen und Technik zur Herstellung zerstören. Ob wirklich die gesamte Drogenproduktion in Syrien zum Erliegen kommt, bleibt abzuwarten. Zu lukrativ war bisher das Geschäft.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: