zum Hauptinhalt
Achteckig in die Zukunft. Die serienmäßigen LED-Scheinwerfer, die sich bis in die Seitenlinie ziehen, betonen die kraftvolle Front.

© Promo

Audi e-tron: Unter Strom gesetzt

400 Kilometer Reichweite und sportlich luxuriös: Audi zeigt mit dem neuen e-tron, wie sich die elektromobile Zukunft fährt

Lautlos losrollen. Beschleunigen. Entspannt fahren. Eine Wohltat. Im Audi e-tron ist die Diesel-Krise weit weg. Dafür die Zukunft ganz nah. Egal, ob in gelassenem Tempo oder spurtstark auf der Autobahn. Die 408 PS Antriebsleistung bringen im permanenten Allradantrieb bärenstarke 561 Newtonmeter auf die Straße. Wer die Boost-Funktion wählt, dirigiert sogar 664 Newtonmeter mit dem Gaspedal – sofern man das noch so nennen kann. Der immerhin 2,5 Tonnen schwere Wagen beschleunigt dann in rasanten 5,6 Sekunden auf Tempo 100. Das braucht man nicht wirklich. Wichtiger ist, dass der rundum überzeugende e-tron mit einer Batteriefüllung bis zu 400 Kilometern weit fährt. Das ist endlich mal eine Reichweite, mit der man auch auf einen großen Familienausflug gehen kann, ohne zu bangen, auf der Rückreise fernab jeder Steckdose stehen zu bleiben. Oder man ärgerlicherweise für viel Geld einen Hybrid kaufen darf, der rein elektrisch gerade einmal 50 Kilometer fahren kann. Lange genug hat es auch bei Audi gedauert. Tesla ist seit Jahren vorneweg, Jaguar mit dem I-Pace auch und auch der heimische Konkurrent Mercedes hat schon vor einigen Monaten den rein-elektrischen EQC vorgestellt. Auch Porsche will den elektrischen Taycan 2019 auf den Markt bringen. Dafür hängt BMW, die Vorreiter mit dem i3 waren, nun weit hinterher.

Der Konkurrenz zeigen, wo der Hammer hängt

Wo so viel Neuland ist, geht es nicht ohne Symbole. Audi hat den e-tron schon im September öffentlichkeitswirksam in den USA nahe der Tesla-Fabrik präsentiert, um dem Konkurrenten zu zeigen, wo künftig der Hammer hängt; nun wurde zum ausführlichen Fahrtest nach Masdar City in Abu Dhabi eingeladen. Die Ortschaft will emissionsarme und nachhaltige Stadt sein, wo Lösungen für eine sparsame Energieverwendung und Wassereffizienz, für Abfallwirtschaft und Mobilität erprobt werden. Der e-tron, so rühmt sich Audi, soll zudem in Brüssel in der weltweit ersten CO2-neutral zertifizierten Großserien-Fabrik montiert werden. Bis 2025 will Audi zwölf vollelektrische Modelle herausbringen. Dass Audi einen SUV als erstes Modell in die elektromobile Zukunft fahren lässt, überrascht nicht. Die großvolumigen Fahrzeuge sind schwer genug und ausreichend groß, um das üppige Batterien-Paket unterzubringen. Positiver Effekt: Der Fahrgastraum wird – insbesondere für die Passagiere auf der Rückbank – noch großzügiger, weil die Batterie unter den Sitzen platziert ist und die elektrischen Antriebsmotoren direkt an den beiden Achsen sitzen. Lästige Kardanwelle vor der Rückbank war gestern, was auch dem in der Mitte der Rückbank sitzenden Passagier Fußfreiheit schafft. Trotz leicht abfallender Dachlinie gibt es auf der Rückbank übrigens genug Kopfhöhe.

Gute Figur und innere Werte

Der e-tron macht eine gute Figur mit einer gelungenen Silhouette, die mit dem coupé-haften Aufbau mit leicht abfallender Dachlinie stark an den Q8 erinnert. Eine mächtige Frontpartie mit dem achteckigen Kühlerrahmen und den serienmäßigen LED-Leuchten, die sehr großen Räder und das kräftige Heck mit dem durchgehenden Leuchtband unterstreichen den sportlichen Charakter. Wer sich freilich den in der Basisversion 79900 Euro teuren Oberklasse-Wagen zulegt (Teslas vergleichbares Modell X kostet übrigens knapp 100 000 Euro), dem kommt es möglicherweise nicht vorrangig auf gutes Aussehen an, sondern vor allem auf innere Werte. Deshalb wollte Audi offenkundig die Kundschaft nicht mit einem zu futuristischen Design verunsichern.

700 Kilo innere Werte: Die Batterie sitzt im Unterboden des insgesamt 4,90 Meter langen e-tron.
700 Kilo innere Werte: Die Batterie sitzt im Unterboden des insgesamt 4,90 Meter langen e-tron.

© Promo

Virtueller Rückspiegel

Schließlich ist das, was unter der Blechhaut geboten wird, schon Neuland genug. So haben es die Designer dabei belassen, als optisches Ausrufezeichen für die neue Zeit die Außenspiegel – gegen Aufpreis – durch Kameras zu ersetzen. Das ist anfänglich irritierend, weil sich das Auge erst daran gewöhnen muss, auf den Bildschirm in der Türfüllung zu schauen statt aus dem Seitenfenster. Außerdem lassen sich auf dem Bildschirm die Distanzen zum Hintermann schlechter abschätzen als bei einem Spiegel. Blendungsfrei ist der Bildschirm auch nicht. Eine Sorge ist unbegründet. Wer sich in engen Parklücken sorgt, der unbedacht losfahrende Parkplatz-Nachbar könnte einem den elektronischen Spiegel abfahren: Die Kamera kann eingeklappt werden. Die Ingenieure haben den E-tron bei 200 Stundenkilometern abgeregelt – auch wenn der Wagen durchaus noch schneller fahren könnte, wie die Fachleute versichern. Das geschieht vor allem mit Blick auf die Reichweite, die bei hoher Geschwindigkeit doch rapide abnimmt. Wer rast, der muss büßen. Allerdings bietet der e-tron auch bei Tempo 140 feinsten Fahrkomfort, ohne dass die Ladeanzeige sichtbar in den Keller rutscht.

Blenden statt Auspuffrohre am Stoßfänger. Das durchgehende Leuchtband dominiert das Heck mit dem weit nach hinten gezogenen Dach.
Blenden statt Auspuffrohre am Stoßfänger. Das durchgehende Leuchtband dominiert das Heck mit dem weit nach hinten gezogenen Dach.

© Promo

Wer rast, muss büßen

Mit seinen zwei Motoren ist der e-tron immer im elektronischen Allrad-Modus, bei dem die Kraft zwischen den zwei Achsen je nach Anforderung in Millisekunden verteilt wird. Bei der Straßenlage zeigt der e-tron durchaus sportliches Temperament. Da wird ein Nachteil zum Vorteil. Das 700 Kilo schwere und zwei mal 1,6 Meter große Batteriepaket im Unterboden sorgt für einen tiefen Schwerpunkt. Deswegen beeindruckt der e-tron auch bei heftiger Beschleunigung mit knackiger Straßenlage selbst auf extrem kurviger Bergstrecke. Die Batterie ist übrigens crashsicher eingebaut. Dabei sorgt ein äußerer Rahmen aus Aluminium-Guss für besonders hohe Stabilität. Zur komfortablen Fahrt selbst über unwegsames Gelände, wo sich der e-tron jeder offroad-Herausforderung gewachsen zeigt, trägt die serienmäßige Luftfederung mit adaptiven Dämpfern bei. Außerdem kann die Bodenfreiheit im Gelände um fünf Zentimeter vergrößert oder auf Autobahn um 2,8 Zentimeter abgesenkt werden. Je nach Fahrerwunsch sind sieben verschiedene Fahrprofile einstellbar.

Strom-Recycling für die Reichweite

Ein technisches Dilemma der Elektromobilität kann auch Audi nicht grundsätzlich lösen – die Hauptfeinde heißen Sommer und Winter. Wird die Klimaanlage oder die Heizung eingeschaltet, nimmt die Reichweite merklich ab. Allerdings wirkt Audi der Reichweitenbremse mit einem intelligenten Thermomanagement entgegen, mit dem die Batterie und die zwei Elektromotoren gekühlt werden. Damit wird beim e-tron sichergestellt, dass nach einer spurtstarken Fahrt nicht die Batterie wegen Überhitzung in den Schonmodus fährt und nur noch ein Teil der Power bereitsteht. Die Reichweite wird auch durch Strom-Recycling vergrößert. Dabei werden bei Bremsverzögerungen je nach Fahrsituation das innovative elektro-hydraulische Bremssystem oder die beiden Elektromotoren zu Generatoren, die den Akku aufladen. Zur Reichweite, so sagen die Audi-Techniker, trägt dieses Strom-Recycling immerhin rund 30 Prozent bei. Clever ist, dass der aufgeheizte Akku auch über eine Wärmepumpe für die Heizung genutzt wird.

Acht Jahre Garantie auf die Batterie

Audi nimmt den Kunden zudem eine bei anderen Herstellern durchaus berechtigte Sorge vor einen frühen Batterie-Tod, und gibt eine Reichweiten-Garantie von 160 000 Kilometern oder acht Jahren Betriebseinsatz. Die Reichweite ist freilich nicht entscheidend, wenn die Lade-Infrastruktur fehlt. In der Preisklasse des e-tron darf man davon ausgehen, dass sich die Kunden eine heimische Wallbox leisten können – dann reicht eine Nacht, um den 95 Kilowattstunden starken Akku aufzuladen. Als erstes Serienmodell kann der e-tron an Turbo-Stationen sogar mit superstarken 150 Kilowatt in einer halben Stunde zu 80 Prozent aufgeladen werden. Dazu hat der Wagen gleich zwei Ladeklappen hinter der Vorderachse – an der Fahrerseite für die Turboladung, auf der Beifahrerseite für die normalen CCS-Ladesäulen am Straßenrand.

Ladeinfrastruktur – immer noch ein Trauerspiel

Blöd dran ist nur, wer in der Stadt wohnt und die nächste Ladesäule belegt ist. Mit der Haushalts-Steckdose an der Verlängerungsschnur dauert das Laden dann über 24 Stunden. Der eklatante Ladestellen-Mangel ist ein Ärgernis, dass die Kommunen und die Bundesregierung endlich entschlossen angehen müssen. Mit dem Netz von europaweit 400 Schnellladesäulen, das Audi gemeinsam mit Mercedes, BMW, Ford und Porsche angekündigt haben, ist es freilich noch nicht weit her: Bislang gibt es nur 35 dieser Turbolader. Wohl auch deswegen wird für den e-tron eine Audi-eigene Ladekarte präsentiert, die für verschiedenste Stromanbieter nutzbar ist und damit in Europa 70000 Ladepunkte nutzbar macht. Ein lästiges Problem bleibt auch dann: das Wirrwarr der verschiedenen Ladekabel. Die gute Idee ist aber, dass es für die Kabel einen vorderen Ablageraum gibt. Apropos Kofferraum: Der ist mit knapp 600 Liter nicht übermäßig groß. Wird aber die Rückbank umgelegt, passen 1720 Liter Gepäck hinein.

Innenraum der Oberklasse

Der Antrieb ist der Star. Da tritt vieles andere erst einmal zurück. Zu Unrecht. Der Innenraum überzeugt mit hervorragend verarbeiteten Materialien. Die beiden serienmäßigen Touchscreens über der großen Mittelkonsole – die eigentlich wegen des fehlenden Getriebes überflüssig geworden ist – und das digitale Anzeigeinstrument am Lenkrad sind von hervorragender Qualität und überzeugen durch selbsterklärende Bedienbarkeit und beeindruckender Sprachbedienung. Die Sitze in Premium-Qualität machen auch lange Fahrten angenehm – und wer möchte, darf optional die Massagefunktion wählen. Dazu kommen hochklassig all jene Helfersysteme, die man zum Thema Fahrsicherheit in dieser Preisklasse freilich auch erwarten darf. Die erleichtern mit einer Vielzahl von Sensoren das teilautonome Fahren, angefangen vom adaptiven Fahrassistenten, Verkehrszeichenerkennung oder einem Nachtsichtassistenten. Auch hier gilt: Die automobile Zukunft kann so schön sein. Jetzt muss sie bloß noch preiswerter werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false