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Eine Gefängniszelle in der JVA Landsberg (Bayern). Auch die Protagonistin im Falle aus Österreich müsste demnächst ins Gefängnis. (Symbolbild)

© dpa/Stephan Jansen

Aus Walter wird Waltraud: Geschlechtswechsel vor Haftantritt löst Debatte in Österreich aus

In Österreich beschäftigt ein Fall von Geschlechtswechsel die Staatsanwaltschaft und Politik. Erinnerungen an den Fall der deutschen Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich werden wach.

Stand:

In Österreich hat der Fall eines Mannes, der kurz vor Antritt einer Haftstrafe seine Geschlechtszugehörigkeit ändern ließ, eine breite Debatte ausgelöst. Kritiker beanstanden, die derzeitige Rechtslage mache Geschlechtsänderungen zu leicht.

Im Fall von Walter/Waltraud P. hat nun auch Österreichs Justiz Ermittlungen aufgenommen. Beobachter zogen in den vergangenen Tagen Parallelen zum Fall der deutschen Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich, die nach wie vor flüchtig ist.

Der Fall ist reichlich bizarr: Es geht um einen Mann, der vor Antritt einer dreimonatigen Haftstrafe seinen Geschlechtseintrag ändern ließ. Die österreichische Zeitung „Krone“ besuchte Walter, der nun offiziell als Waltraud geführt wird.

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Waltraud ist verheiratet, hat zwei jugendliche Kinder, war Betreiber eines „Stundenhotels“, sprich: Bordells. Auf Fotos in dem Bericht ist eine kräftige Person zu sehen, mit Glatze, Militärhose, muskulösem Oberkörper. Drei Monate Gefängnis hatte der Wiener kassiert, nachdem er mit gefälschten Silbermünzen gehandelt hatte.

Es ging ruckzuck und binnen einer Woche war ich eine Frau.

Waltraud P.

„Ich dachte mir: Dann gehe ich eben ins Frauengefängnis“, erzählt Waltraud der Reporterin und fügt hinzu: „Ich freue mich besonders aufs gemeinsame Duschen und Spazierengehen mit den Frauen.“

Walter P., dem ein stramm rechtes bis rechtsextremes Gedankengut nachgesagt wird, konnte mit seiner Erzählung, er fühle sich als Frau, die Behörden zunächst nicht überzeugen. Als Walter P. bei einer Wiener Behörde den Antrag auf Wechsel des Geschlechtseintrags gestellt hatte, sei er, so berichtet es die „Krone“, mit Verweis auf sein wenig weibliches Äußeres wieder nachhause geschickt worden. „Ich empfand das als sexistisch“, erzählt Waltraud der „Krone“.

Erinnerungen an den Fall einer deutschen Rechtsextremistin werden wach: Marla-Svenja Liebich im Juli vor einem Saal des Landgerichts in Leipzig.

© dpa/Sebastian Willnow

Wenig später klappte es doch noch mit dem Geschlechtswechsel in offiziellen Dokumenten. Grundlage dafür war ein psychiatrisches Gutachten. „Es ging ruckzuck und binnen einer Woche war ich eine Frau.“

Die österreichischen Behörden boten Waltraud nun an, Fußfesseln zu tragen, dafür müsse er seine Strafe nicht im Gefängnis absitzen. Waltraud lehnt ab. Sie wolle ihre Strafe in einem Frauengefängnis absitzen: „Und zwar in einer Mehrbettzelle mit anderen Frauen“. Waltraud hat ein zweites Gutachten erstellen lassen, das ihm bescheinigt, nicht alleine in einer Zelle liegen zu können.

Es ist nicht möglich, wahllos ein Geschlecht zu ändern.

Österreichisches Innenministerium, Wien

LGBTQ-Vertreter bezweifeln, dass Walter/Waltraud P. tatsächlich das Leben einer Frau lebt. Mehrere Aktivisten kündigten rechtliche Schritte an. Für Ärger sorgte außerdem ein Schreiben der zuständigen Rentenversicherung. In diesem wird der Person bestätigt, dass sie aufgrund ihres geänderten Geschlechts knapp vier Jahre früher die Rente antreten darf, mit 61 statt mit 65. Die Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

Verdacht auf Sozialleistungsbetrug

Der Fall beschäftigt jetzt auch mehrere Behörden, die wegen strafrechtlicher Konsequenzen ermitteln. Das Innenministerium in Wien erklärte, es sei nicht möglich, „wahllos sein Geschlecht zu ändern“. Laut österreichischen Medien leitete das Bundeskriminalamt Ermittlungen wegen Verdachts auf Sozialleistungsbetrug ein.

Auch aus der österreichischen Politik gab es in den vergangenen Tagen zahlreiche Reaktionen. „Waltraud wollte den Rechtsstaat vorführen, jetzt führt der Rechtsstaat Waltraud vor“, wird der Generalsekretär der Volkspartei (ÖVP) zitiert, Nico Marchetti.

Die rechtskonservative Freiheitliche Partei (FPÖ) sieht in dem Fall das Ergebnis einer „linken, woken Gender-Ideologie“ und forderte eine Rückkehr zu „Normalität“.

Waltraud scheint Gefallen zu finden an dem Wirbel, den sie verursacht. Auf den Hinweis der Reporterin, sie sei seit 24 Jahren verheiratet und habe zwei Kinder, erklärte Waltraud: „Ich bin eben eine lesbische Transsexuelle.“ (mit KNA)

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