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Der Landessportbund Berlin und die Sportjugend Berlin boten im Sommer Schwimm-Intensivkurse im Kombibad Gropiusstadt für Kinder an, die noch kein Schwimmabzeichen in Bronze haben.

© picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Update

Bademeister schlagen Alarm: „Hälfte der Viertklässler kann nicht sicher oder gar nicht schwimmen“

In diesem Sommer sind in Deutschland bereits wieder etliche Menschen ertrunken, auch Kinder. Fachleute zeigen sich äußerst besorgt. Es gibt Appelle – an die Eltern und die Politik.

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Sommerzeit, Badezeit. Doch die schönen Stunden in Bädern, an Seen und Flüssen bergen auch Risiken und leider oft tödliche Gefahren. Denn im Jahr 2025 sind in Deutschland bereits wieder etliche Menschen ertrunken. Nicht selten sind Kinder die Opfer – wie zuletzt ein sechsjähriger Junge, der im Rhein bei Düsseldorf badete und abgetrieben wurde.

Angesichts einer steigenden Zahl von Nichtschwimmern in Deutschland hat der Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister, Peter Harzheim, vor weiteren Todesopfern durch Ertrinken in diesem Sommer gewarnt.

Wichtig ist, dass Eltern mit ihren Kindern in die Bäder gehen und ihnen dort unter Aufsicht richtig schwimmen beibringen.

 Peter Harzheim, Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister

„Mir treibt es die Sorgenfalten auf die Stirn, wenn jetzt viele an die Seen gehen, die nicht gut genug schwimmen können“, sagte er der „Rheinischen Post“ („RP“). „Vor allem an Badeseen und Flüssen ist die Gefahr größer, dass etwas passiert, wenn man kein guter Schwimmer ist.“

In Düsseldorf sind dem Bericht zufolge allein im Juni fünf Personen im Rhein ums Leben gekommen. Wie gefährlich es für Kleinkinder werden kann, zeigt ein DLRG-Video der Ortsgruppe Dinslaken: Ein vorbeifahrendes Schiff im Rhein erzeugt einen Sog und Wellenschlag, der eine Puppe in den Fluss reißt. 2024 ertranken nach DLRG-Angaben allein in NRW mindestens 25 Menschen in Flüssen.

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Harzheim nennt eine alarmierende Zahl: „In der vierten Klasse kann heutzutage circa die Hälfte der Kinder nicht sicher oder gar nicht schwimmen“, sagte er. Nicht nur die Politik sei mit Blick auf das Problem in der Pflicht: „Wichtig ist, dass Eltern mit ihren Kindern in die Bäder gehen und ihnen dort unter Aufsicht richtig schwimmen beibringen.“

Denn, so der oberste Schwimmmeister: „Die Kommunen schaffen es allein nicht mehr, die Zahl an Schwimmkursen anzubieten, die es jetzt bräuchte.“ Er wies in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Problem hin: „Bundesweit fehlen mindestens 3000 Schwimmmeister.“

Bereits zuvor hatte Harzheim mit Blick auf Eltern Alarm geschlagen. „Viele achten nur noch auf ihr dämliches Smartphone, aber nicht auf ihre Kinder. Im Schwimmbetrieb sind die Dinger die Pest“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Eltern betrachteten Schwimmmeister zunehmend als „Kindergärtner“, kritisierte der Verbandspräsident weiter: „Das sind wir aber nicht. Wir wollen den Badegästen den Aufenthalt so schön wie möglich machen und sind für ihre Sicherheit verantwortlich. Wir sind aber keine Dienstleister, die den Kindern hinterherrennen müssen.“

Franziska van Almsick, ehemalige Top-Schwimmerin, äußerte sich erschreckt zu den Zahlen. Der hohe Teil an Nicht-Schwimmern unter den Kindern liege aber auch daran, dass das Erste, das in der Schule zugunsten anderer Fächer wegfalle, der Schwimmunterricht sei, sagte die 47-Jährige der „Münchner Abendzeitung“. Dabei sei Schwimmen lernen lebenswichtig. Almsick war mehrfach Europa- und Weltmeisterin.

Franziska van Almsick, ehemaliger Schwimmstar, appelliert an Eltern.

© Imago/Breul-Bild

Kinder, die nach einem Schwimmkurs mit der bestandenen „Seepferdchen“-Prüfung nach Hause kämen, seien noch lange keine sicheren Schwimmer, gab die zweifache Mutter zu bedenken. Viele seien aber danach motiviert, weiterzumachen, um etwa auch das Bronzezeichen zu erwerben.

Zudem brachte sie ihre Sorgen angesichts zunehmender Badeunfälle zum Ausdruck und bat: „Augen auf! Nicht nur für die eigenen Kinder, sondern für die Gemeinschaft. Wenn wir alle ein bisschen mehr Bademeister sind, können wir vielleicht den einen oder anderen Badeunfall verhindern.“

Koalitionsvertrag sieht Maßnahmen vor

Dass es zu viele Nicht-Schwimmer in Deutschland gibt, ist auch Thema innerhalb der schwarz-roten Bundesregierung. „Wir wollen die Schwimmfähigkeit der Menschen in unserem Land verbessern. Deshalb werden wir neben Sporthallen vor allem Schwimmbäder – einschließlich mobiler Schwimmcontainer – fördern“, heißt es im Koalitionsvertrag. Für die Modernisierung von Sportstätten insgesamt solle eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Janine Wissler, forderte die Koalition zu weitreichenden Investitionen in Schwimmbäder auf. „Die von der Bundesregierung angekündigte eine Milliarde Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur zur Sanierung maroder Sportstätten wird die Lücken in der Schwimmbildung nicht schließen“, sagte sie der „RP“.

Aus Wisslers Sicht wird „mindestens eine Milliarde Euro jährlich allein für die Schwimmbäder bis Mitte der 2030er-Jahre“ benötigt, um den Sanierungsstau zu beseitigen.

Ähnliche Forderungen hatte Anfang des Monats die Bäderallianz Deutschland erhoben, wie Agentur KNA berichtete. Ein Ziel, dass der Zusammenschluss dabei formulierte: „dass alle Kinder, die im Jahr 2026 geboren werden, bei ihrem zehnten Geburtstag sichere Schwimmer sind“.

Im Jahr 2000 gab es demnach rund 7800 Schwimmbäder in Deutschland. Seither mussten Hunderte Bäder dauerhaft schließen. DLRG-Angaben zufolge ist die Hälfte der bestehenden Anlagen sanierungsbedürftig. „Bleiben umfassende Sanierungen aus, schließt in den kommenden drei Jahren womöglich rund jedes siebte öffentliche Schwimmbad“, sagte ein Sprecher.

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