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Bei dem niedergebrannten Gebäude handelt es sich um eine rund 500 Quadratmeter große ehemalige Scheune im typischen Fachwerkstil der Region.

© Imago/Action Press/Sipa/Yugo Chavez

Update

Brand mit elf Toten im Elsass: Staatsanwaltschaft untersucht fahrlässige Tötung

Elf Menschen, darunter Mitglieder einer Gruppe von Menschen mit Behinderung, verloren ihr Leben. Die Ferienunterkunft was nicht für touristische Nutzung zugelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

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Die am Mittwoch zu einem Großteil niedergebrannte Ferienunterkunft im Elsass hat nicht den Vorschriften für derartige Herbergen entsprochen. Die Unterkunft sei den „obligatorischen“ Sicherheitsüberprüfungen nicht unterzogen worden, sagte die stellvertretende Staatsanwältin der nahegelegenen Stadt Colmar, Nathalie Kielwasser, am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Zudem hätten ihr die „Eigenschaften“ zum Empfang von Übernachtungsgästen gefehlt.

Die Ferienunterkunft war Behördenangaben zufolge weder genehmigt, noch wurden Sicherheitsvorschriften eingehalten. Das Fachwerkhaus in der ostfranzösischen Gemeinde Wintzenheim sei nicht für die touristische Nutzung zugelassen gewesen, zudem habe keine Genehmigung für die Unterbringung von Menschen mit Behinderungen vorgelegen, erklärte der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde, Daniel Leroy, am Donnerstag. 

In der Ferienunterkunft war am frühen Mittwochmorgen ein Brand ausgebrochen und hatte die 28 Bewohner im Schlaf überrascht. Für zehn Menschen mit Lernbehinderungen und einen Betreuer kam jede Rettung zu spät. Die Ermittler untersuchen nun, was den Brand ausgelöst haben könnte und ob die Unterkunft alle Vorschriften für eine Herberge eingehalten hatte.

„Wer ein Auto fahren will, braucht einen Führerschein“, sagte Kielwasser. Ähnlich sehe es für alle aus, die Leute beherbergen wollten: Sie bräuchten das grüne Licht einer Sicherheitskommission, die nach ihrem Besuch Empfehlungen abgebe, wie etwa zur Zahl der Übernachtungsgäste. „Wir legen eine Reihe von Sicherheitsregeln dafür fest.“

Eine 25-Jährige versuchte vergeblich, andere Gäste zu wecken

Bei dem niedergebrannten Gebäude handelt es sich um eine rund 500 Quadratmeter große ehemalige Scheune im typischen Fachwerkstil der Region, die vor wenigen Jahren komplett renoviert und umgebaut wurde. Nach ersten Erkenntnissen verfügte sie über moderne Rauchmelder, die aber für Herbergen nicht ausreichten, sagte Kielwasser. Ob sich auch Feuerlöscher in dem Gebäude befanden, sei derzeit noch unklar. Auch die eigentliche Brandursache sei weiter unbekannt.

Für zehn Menschen mit Lernbehinderungen und einen Betreuer kam jede Rettung zu spät.
Für zehn Menschen mit Lernbehinderungen und einen Betreuer kam jede Rettung zu spät.

© Imago/Abacapress/Voegtlin Vincent

Die Eigentümerin der Unterkunft steht laut der Vize-Staatsanwältin unter Schock und wurde nicht in Gewahrsam genommen. Sie wohnt genau gegenüber und hatte die Feuerwehr alarmiert.

Diese war rund eine Viertelstunde später zur Stelle, doch für die meisten Bewohner, die nicht im Erdgeschoss untergebracht waren, kam jede Rettung zu spät. Vermutlich seien sie an Rauchvergiftung gestorben, sagte der Leiter des Rettungseinsatzes, Philippe Hauwiller, am Mittwoch.

Ein Sprecher der Gemeinde hatte zuvor versichert, das Haus sei in sehr gutem Zustand gewesen. „Wir kennen diese Herberge“, sagte der stellvertretende Bürgermeister von Wintzenheim, Daniel Leroy, am Mittwoch.

„Diese Unterkunft hat sehr gut funktioniert und keine Probleme gemacht.“ Vertreter der Gemeinde bei Colmar, in der Nähe von Deutschland, hätten das Haus von innen gesehen. Alles sei renoviert und in „perfektem Zustand“ gewesen. Der Ort liegt etwa 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

Leroy zufolge brannte das Gewölbe des Hauses, die Bedachung sei eingestürzt. Der gesamte obere Bereich sei zerstört worden. Nur das Erdgeschoss, in dem sich die Gemeinschaftsräume befanden, sei intakt geblieben.

Der Ort des Unglücks liegt etwa 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.
Der Ort des Unglücks liegt etwa 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

© AFP/Sophie Ramis/Nadine Ehrenberg

Der Ferienaufenthalt war von mehreren Organisationen für Lernbehinderte ausgerichtet worden. Nach Angaben des Vorsitzenden eines Vereins namens AEIM, der sich um Menschen „mit geistigen Einschränkungen“ kümmert, hat nur eine der fünf Teilnehmer und Teilnehmerinnen seiner Organisation an dem Ferienaufenthalt am Fuße der Vogesen den verheerenden Brand überlebt – indem sie aus dem Fenster sprang.

Die 25-Jährige sei von dem Geräusch der Flammen aufgewacht und ins Erdgeschoss hinuntergegangen, angesichts einer „orangefarbenen“ Wand aber wieder in ihr Zimmer zurückgekehrt, berichtete der Leiter der Organisation AEIM, Denis Renaud, der AFP. Sie habe offensichtlich begriffen, dass es sich „um Flammen“ handelte und die Türe geschlossen. Das habe ihr „die Zeit gegeben, sich zu retten“, sagte Renaud weiter, der mit der 25-Jährigen persönlich reden konnte.

Vergeblich habe die junge Frau noch versucht, die anderen zu wecken, „diese rührten sich aber nicht von ihren Betten“, sagte Renaud. Schließlich sei sie aus dem nächstbesten Fenster gesprungen – und von einem Bewohner aufgefangen worden, der sich bereits aus dem Erdgeschoss retten konnte. Sie habe zunächst unter „äußerstem Schock“ gestanden, sich inzwischen aber auch mithilfe ihrer Familie wieder erholt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb am Mittwochmorgen zu dem Brand auf Twitter: „Angesichts dieser Tragödie denke ich an die Opfer, an die Verletzten, an die Menschen, die ihnen nahe stehen.“

Premierministerin Élisabeth Borne nannte den Vorfall schrecklich. Sie begab sich zum Ort des Geschehens begeben. Innenminister Gérald Darmanin dankte der Feuerwehr für ihren schnellen Einsatz. (AFP, dpa)

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