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Ein Mitarbeiterin misst die Temperatur einer Reisenden auf dem Sungshan Airport in Taipei.

© AFP

H7N9: Die neue Vogelgrippe - eine Sorge geht um die Welt

Das neue Vogelgrippevirus H7N9 forderte bisher sechs Todesopfer – niemand weiß, wie es sich weiterentwickeln wird. Es könnte sein, dass es einfach wieder verschwindet, wie ein Vorgängertypus. Vielleicht ist es aber gefährlicher.

Berlin - Erst waren es drei Infizierte, zwei Tote. Innerhalb einer Woche wurden daraus 20 Grippekranke, sechs Tote. Verschwindend wenig in den Millionenstädten im Osten Chinas. Und doch halten Virologen in aller Welt den Atem an. Denn das Vogelgrippevirus H7N9 hatte zuvor noch nie Menschen krank gemacht. Unser Immunsystem kennt den neuen Angreifer nicht.

Die Infektionen in Schanghai und drei umliegenden Provinzen könnten das Werk eines Virus sein, das sich gerade erst an den Menschen angepasst hat. Wenn es der Zufall will, kommt es mit der Zeit immer besser mit seinem neuen Wirt zurecht und verursacht eine neue Pandemie.

Doch bisher wurde nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keine Übertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen, obwohl die chinesischen Behörden mehr als 500 Kontakte der Patienten überwachen. Behörden und Wissenschaftler hoffen, dass es dabei bleibt. Dann wäre es ein neuer erfolgloser Versuch einer Vogelgrippe, auf den Menschen überzuspringen. Der Vorgängertypus H5N1 hat diesen Schritt bis heute nicht geschafft. Der jetzige Typ H7N9 könnte auch wieder komplett in der Natur verschwinden.

Im Moment regiert die Unsicherheit. Das H7N9-Virus, das nun immer wieder Menschen infiziert, ist ein Mix aus drei verschiedenen Vogelgrippeviren. Das war das übereinstimmende Urteil der Virologen, als die Gensequenzen von vier dieser Viren in einer Datenbank veröffentlicht wurden. Das Erbgut erzählt aber noch eine andere Geschichte. Offenbar passt sich das Virus gerade an Säugetiere an – also möglicherweise an Nutztiere wie Schweine oder auch den Menschen. Dass deren Körpertemperatur niedriger ist als die von Vögeln, macht diesem Virus offenbar nichts mehr aus.

Unklar ist, ob H7N9 nur Andockstellen tief in der Lunge findet, und damit schwer übertragbar wäre. Auch die Gefährlichkeit der neuen Grippe ist schwer einzuschätzen. Bisher sind nur 20 Fälle bekannt. 18 davon erkrankten so schwer, dass sie entweder starben oder in kritischem Zustand auf eine Intensivstation mussten. Zwei andere Menschen kamen glimpflich davon, darunter ein vierjähriger Junge. Wie viele Menschen zu Hause unbemerkt etwas Fieber und Husten kurieren, weiß derzeit niemand. China hat derweil in Schanghai und weiteren Großstädten der Umgebung die Geflügelmärkte geschlossen, tausende Vögel wurden vorsorglich gekeult. Nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua wurde das Virus in Tauben und Hühnern gefunden. Die Vögel schienen gesund zu sein – eine schlechte Nachricht für die Behörden, denn so kann man die betroffenen Vögel nicht von den nicht betroffenen unterscheiden. Angesichts der Veränderungen im Virenerbgut ist außerdem fraglich, ob sich die Menschen wirklich bei Geflügel angesteckt haben – oder bei anderen Tieren.

Die Weltgesundheitsorganisation bewertet die Situation in Ostchina noch nicht als Notfall und empfiehlt keine besondere Überwachung von Reisenden oder Handelsbeschränkungen. Trotzdem haben bereits Japan, Vietnam, Taiwan und Hongkong Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die amerikanische Seuchenbehörde CDC beginnt damit, einen Impfstoff vorzubereiten. „Wir wollen gerüstet sein“, sagte CDC-Direktor Tom Frieden in einer Pressekonferenz. „Es ist unser Job, besorgt zu sein und die Öffentlichkeit zu schützen. Aber die Öffentlichkeit muss im Moment noch nicht beunruhigt sein.“ Jana Schlütter

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