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#Dressgate: Die Farbe des Kleides

Die ganze Welt redet über die Farbe des Kleides, das da irgendwo im Internet steht. Warum tun wir das, obwohl es doch so viele lebenswichtigen Probleme gibt? Eine Glosse.

Sie sind von uns ja gewohnt, dass wir Themen nach Relevanz auswählen und nie mit irgendwelchem Kram aus dem Netz kommen, mit furzenden Hunden oder der Masche „Sie wollten nur eine neue Frisur. Aber dann stieg da etwas Pelziges aus der Unterhose“. Wir nehmen das ernst mit der Seriosität – und deshalb werden Sie kaum fassen, was mit diesem Kleid los ist, über das das halbe Internet redet.

Oder doch? Na gut. „Ein Kleid spaltet die Welt“ heißt eine der einschlägigen Überschriften, es geht also ums Ganze: Um das Foto eines Kleids im Schaufenster, das etwas indifferent beleuchtet ist. Es könnte tatsächlich weiß-golden oder schwarz-blau sein – aber was denn nun wirklich? Irgendein User hat das Bild ins Netz gestellt, weil er sich mit seinen Freunden nicht einigen konnte.

Dann ging es los. Der Vorgang wird inzwischen international unter dem Aktenzeichen „#dressgate“ geführt, typisch für gigantisch aufgeblähte Null-Affären wie „Dirndlgate“ oder „Nippelgate“. Die Zahl der Stellungnahmen dürfte allmählich in die Millionen gehen, und auch Überdrüber-Prominente haben ihre Meinung hinterlassen: Kim Kardashian beispielsweise sieht weiß und gold, ihr Mann Kanye West schwarz und blau. Sängerin Taylor Swift, Oscar-Moderatorin Ellen DeGeneres... Höchstwahrscheinlich haben Helene Fischer und Andrea Nahles auch schon irgendwas dazu gesagt, und, wenn Sie mich fragen: Das Kleid ist weiß und gold.

Jetzt gibt es sogar schon wissenschaftliche Erklärungen

Es gibt sogar schon wissenschaftliche Erklärungen, so genannte Wahrnehmungspsychologen treten auf und befinden, es komme darauf an, wie stark man die Beleuchtung beim Betrachten oben im Kopf gewichte. Inzwischen wird geraunt, dass zur Blau-Schwarz-Fraktion vor allem Menschen mit negativer Lebenseinstellung gehören; laut „Buzzfeed“, einer notorisch seriösen Quelle, sollen bereits 18 Beziehungen an diesem Streit zerbrochen sein.

Warum tun wir das, obwohl es doch so viele lebenswichtige globale Probleme zu lösen gibt? Weil wir es können. Und weil wir die lebenswichtigen globalen Probleme nicht lösen können, auch wenn wir noch so lange drüber reden – nur so eine Theorie. Die Sache mit dem Kleid könnten wir übrigens einfach aufklären, wenn wir das Kleid hätten. Wo sind die Geheimdienste, wenn man sie wirklich braucht?

Ach, was da aus der Unterhose stieg, war eine niedliche Katze beim Friseur. Das nur der Vollständigkeit halber.

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