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 Die russische Frauengruppe Buranowskije Babuschki.

© dpa

Eurovision Song Contest: Elvis und die Großmütter

Eine Woche lang wurde geprobt, demonstriert und festgenommen, jetzt wird gesungen: Die Favoriten des Eurovision Song Contest. Verfolgen Sie den Wettbewerb am Samstag ab 20 Uhr im Live-Ticker des Tagesspiegels!

Immerhin: Weißrussland ist schon raus. Dem ukrainischen Beitrag werden ebenfalls keine großen Siegchancen eingeräumt, der Eurodance ist selbst für Grand-Prix-Verhältnisse zu simpel geraten. Viel deutet also darauf hin, dass an diesem Sonnabend eine Nation gewinnt und so automatisch Austragungsort für 2013 wird, deren Staatsapparat weniger in der Kritik steht. Es sei denn, Aserbaidschan gelingt die Titelverteidigung.

Eine Woche lang liefen die Vorbereitungen für das Finale des Eurovision Song Contests, es wurde intensiv berichtet über Menschenrechtsverletzungen, die im autoritär geführten Land begangen werden. Ab 21 Uhr soll nun gesungen werden. Die ARD hat angekündigt, wie schon bei den Halbfinalshows in den Pausen zwischen zwei Liedern über die Problematik des Austragungsortes zu informieren.

Was die Show betrifft: Unterhaltsamer als die musikalischen Beiträge sind auch dieses Jahr die Biografien der Vortragenden. Zum Beispiel Schnulzenstar Engelbert Humperdinck, der gleich zu Beginn auf der Bühne steht und mit der gefühligen Ballade „Love Will Set You Free“ (Liebe wird dich befreien) antritt. Sollte kein Wunder geschehen, wird sein Beitrag an die mittelmäßigen bis katastrophalen Vorjahresergebnisse Großbritanniens anschließen – aber allein die Teilnahme des prominenten Sängers wird als Ereignis gewertet: Humperdinck ist mit 76 Jahren der älteste Starter im Feld. In seiner langen Karriere hat der Brite mehr als 90 Platten veröffentlicht, darunter auch mehrere auf Deutsch. Humperdinck lässt sich weiterhin als „King of Romance“ bezeichnen, in einem Interview im Vorfeld des Song Contests legte er Wert darauf, dass er sein Markenzeichen, die Koteletten, selbst erfunden habe. Elvis habe sie anschließend kopiert, nicht umgekehrt.

Nur wenige Monate jünger ist Natalja Pugatschowa, Sängerin der russischen Großmüttergruppe Buranowskije Babuschki. Die sechs Frauen treten in Trachten ihrer Heimatregion Udmurtien in der Taiga an und wollen vor allem Geld für den Bau einer Dorfkirche sammeln. Um die Rechte an der Verfilmung ihrer Geschichte wird angeblich verhandelt.

Alle Kandidaten im Überblick:

Bei den Buchmachern im Internet gilt die Schwedin Loreen mit ihrem Song „Euphoria“ auf Startplatz 17 als Favoritin, auch der Italienerin Nina Zilli, deren Anmutung und Stimme verdächtig an die vergangenes Jahr verstorbene Amy Winehouse erinnern, werden Chancen eingeräumt, ebenso dem Beitrag der Türkei. Dass es der deutsche Kandidat Roman Lob (Startplatz 20) auf die vorderen Plätze schafft, gilt als sehr unwahrscheinlich. Kritiker beklagen, seine Ballade „Standing Still“, geschrieben vom englischen Popstar Jamie Cullum, werde dem durchschnittlichen Hörer spätestens nach dem ersten Refrain sterbenslangweilig. Roman Lob selbst hofft auf die Top Ten, möchte angeblich aber sogar feiern, sollte er auf dem hintersten Rang landen.

Wie in den Vorjahren dürfen die Zuschauer in der Abstimmungsphase nicht für ihren eigenen Wettbewerbsteilnehmer anrufen. Neben der Türkei, die traditionell zwölf Punkte aus Deutschland erhält, hofft diesmal besonders Engelbert Humperdinck auf Unterstützung. Er hat eine deutsche Mutter, war hier mehrfach auf Tournee unterwegs. Bei seinem Interview in London wendete er sich mit einem Aufruf direkt an die hiesigen Schlagerfans: „Liebe Deutsche, erinnert euch an meine Vergangenheit, erinnert euch an die großen Songs, die ich aufgenommen habe. Und nehmt mein neues Lied auf in eure Sammlung!“

Zum zweiten Mal hintereinander stehen die eineiigen Zwillinge John Paul und Edward Peter Grimes aus Irland im Finale. Die Sänger wurden 2009 durch ihre Teilnahme bei der britischen Castingshow „The X Factor“ bekannt, haben inzwischen europaweit eine größere Fangemeinde. Obwohl sie voriges Jahr zu den Favoriten gezählt wurden, landeten sie am Ende lediglich auf dem achten Platz und damit nur knapp vor Lena.

So war der Song Contest im vergangenen Jahr in Düsseldorf:

Gar keine Siegchancen hat der deutsche Komponist Ralph Siegel. Mit dem Popstück „The Social Network Song“, das er für die Sängerin Valentina Monetta aus San Marino geschrieben hatte, wollte er 30 Jahre nach Nicoles „Ein bißchen Frieden“ noch einmal den Titel holen. Ursprünglich hatte das Lied „Facebook, uh, oh, oh“ geheißen“, das brachte Siegel viel Häme ein. Trotz Umbenennung überstand Valentina Monetta das Halbfinale nicht. (mit dpa)

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