
© dpa/Jens Kalaene
Fast die Hälfte der Opfer unter 25 Jahre: Zahl der Unfälle mit E-Scootern steigt drastisch an
Die Elektrofahrzeuge werden immer beliebter, 2024 wurden auch deutlich mehr schwere Unfälle registriert. Verwickelt sind besonders häufig junge Fahrer, die oft nicht nüchtern unterwegs sind.
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Für die einen sind sie nicht mehr wegzudenken, für die anderen eines der größten Ärgernisse im Straßenverkehr: die E-Scooter. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl dieser Elektrofahrzeuge deutlich an, das gilt auch für die Zahl der schweren Unfälle, wie neue Zahlen des Statistisches Bundesamts zeigen.
Demnach wurden 2024 fast 12.000 Unfälle mit diesen Fahrzeugen registriert, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden. Das waren gut ein Viertel (26,7 Prozent) mehr als 2023, so das Amt in Wiesbaden. 2023 registrierte die Polizei bundesweit insgesamt 9.425 E-Scooter-Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kamen. Das waren 14,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Gesamtverband der Versicherer sieht einen deutlichen Unterschied zwischen geliehenen E-Scootern und Fahrzeugen im Privatbesitz.
Hälfte der Todesopfer hatte keinen Unfallgegner
2024 kamen den Angaben des Bundesamts zufolge bei den E-Scooter-Unfällen insgesamt 27 Menschen ums Leben, fünf mehr als 2023. Knapp 84 Prozent der Verunglückten waren selbst mit dem E-Scooter unterwegs, darunter alle 27 Todesopfer. 508 Verunglückte waren Mitfahrerinnen oder Mitfahrer (4,7 Prozent). Die Fahrzeuge sind der Straßenverkehrsordnung zufolge nur für eine Person erlaubt.
Auffällig: Besonders junge Menschen sind in E-Scooter-Unfälle verwickelt. Fast die Hälfte (48,6 Prozent) der 2024 verunglückten E-Scooter-Fahrenden waren jünger als 25 Jahre, 82,0 Prozent waren jünger als 45 Jahre. Nur gut drei Prozent waren älter als 65 Jahre.
Zum Vergleich: Bei den Unfallopfern, die mit dem Fahrrad oder Pedelec unterwegs waren, war der Anteil der unter 25-Jährigen mit rund 21 Prozent deutlich niedriger. Gleichzeitig waren nur etwa 48 Prozent von ihnen jünger als 45 Jahre. Dagegen war ein deutlich größerer Teil (20,5 Prozent) 65 Jahre oder älter.
Insgesamt betrachtet spielen die E-Scooter bei Unfällen auf deutschen Straßen aber eine vergleichsweise geringe Rolle: 2024 registrierte die Polizei insgesamt 290.701 Verkehrsunfälle mit Personenschaden, an 4,1 Prozent war ein E-Scooter-Fahrer beteiligt. Allerdings ist auch hier der Anteil gestiegen (2023: 3,2 Prozent).
Nutzer von Leih-Scootern sind hingegen jünger, fahren meist in der Freizeit, oft ohne Helm, sind weniger geübt und fahren öfter auf dem Gehweg.
Kirstin Zeidler, Gesamtverband der Versicherer
Radfahrer sind weiterhin deutlich gefährdeter. An fast einem Drittel aller Unfälle mit Personenschaden (32,1 Prozent) waren ein Fahrradfahrer beteiligt. 445 Menschen, die mit einem Fahrrad unterwegs waren, kamen dabei ums Leben, 13.919 wurden schwer verletzt, 79.242 leicht.
14 der 27 tödlich Verunglückten auf E-Scootern kamen bei Alleinunfällen ums Leben, das heißt, es gab keinen Unfallgegner. Von den Verletzten verunglückten 35,3 Prozent bei Alleinunfällen. An zwei Drittel der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden (7948) war ein zweiter Verkehrsteilnehmer beteiligt, meist war dies eine Autofahrerin oder ein Autofahrer (5302 Unfälle). Bei Unfällen mit zwei Beteiligten trug in knapp der Hälfte der Fälle (47,6 Prozent) der E-Scooter-Fahrende die Hauptschuld am Unfall.
Allerdings: Bei Zusammenstößen mit einem Pkw (302 Unfälle) waren die E-Scooter-Fahrenden nur in gut 35 Prozent der Fälle Hauptverursacher. Bei Unfällen mit Radlern (1140) waren es rund 73 und bei Fußgängern (869 Unfälle) waren es sogar fast 88 Prozent.
Das häufigste Fehlverhalten der E-Scooter-Nutzer war dem Bundesamt zufolge mit einem Anteil von 21,2 Prozent die falsche Benutzung der Fahrbahn oder der Gehwege.
Vergleichsweise häufig legte die Polizei den E-Scooter-Fahrern Alkoholeinfluss zur Last (12,4 Prozent), bei Radfahrern waren dies 7,8 Prozent. Nicht angepasste Geschwindigkeit war das dritthäufigste Fehlverhalten (8,0 Prozent), danach folgte die Missachtung der Vorfahrt (6,2 Prozent). Mehr als die Hälfte der Unfälle mit E-Scootern ereigneten sich 2024 in Großstädten. Demnach wurden 53,7 Prozent der Unfälle mit Personenschaden in Städten mit mindestens 100.000 Einwohnern registriert.
2023 waren vier von fünf E-Scootern in Privatbesitz
Aktuellen Zahlen des Gesamtverbands der Versicherer zufolge verursachen E-Scooter in Privatbesitz deutlich seltener Unfälle als Roller, die ausgeliehen werden können. „Wer einen eigenen Scooter hat, ist in der Regel Vielfahrer, nutzt den Scooter oft für den Arbeitsweg“, sagte die Leiterin der Unfallforschung des Verbands, Kirstin Zeidler der Agentur dpa mit Blick auf eine Untersuchung. Diese Personen sind demnach über 30 Jahre alt, fahren auf dem Radweg oder auf der Straße und tragen häufiger einen Helm.
„Nutzer von Leih-Scootern sind hingegen jünger, fahren meist in der Freizeit, oft ohne Helm, sind weniger geübt und fahren öfter auf dem Gehweg, obwohl das nicht erlaubt ist“, sagte Zeidler. 2023 sind der Unfallforschung zufolge vier von fünf E-Scootern im Privatbesitz gewesen – die weite Mehrheit gehörte demnach nicht zu den Leihflotten.
Aus Sicht der Unfallforschung sollten Radwege ausgebaut werden, damit Scooter möglichst nicht auf Gehwege ausweichen. „Die Verkehrsausbildung an Schulen sollte den sicheren Umgang mit Scootern lehren und Gelerntes aus der Radfahrprüfung der Grundschule auffrischen“, forderte Zeidler. Zudem brauche es mehr Polizei-Kontrollen.
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