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Panorama: Hannelore Kohl: "Eine Krankheit der Seele"

Der Selbstmord von Hannelore Kohl und der heute stattfindende Trauergottesdienst im Speyerer Dom wirft die Frage nach der Haltung der Katholischen Kirche zum Selbstmord auf. So hält sich heute häufig die Ansicht, dass Selbstmörder nicht kirchlich bestattet werden dürften.

Der Selbstmord von Hannelore Kohl und der heute stattfindende Trauergottesdienst im Speyerer Dom wirft die Frage nach der Haltung der Katholischen Kirche zum Selbstmord auf. So hält sich heute häufig die Ansicht, dass Selbstmörder nicht kirchlich bestattet werden dürften.

Zum Thema Porträt: Mehr als eine stille Helferin hinter einem mächtigen Mann Reaktionen: Großartige und couragierte Frau Fototour: Das Leben der Hannelore Kohl Diese Haltung vertritt die Katholische Kirche heute nicht mehr. Die Verweigerung einer kirchlichen Bestattung ist im neuen Rechtsbuch der Katholischen Kirche 1983 nicht mehr aufgenommen worden. Selbstmörder können ein kirchliches Begräbnis bekommen, bei dem der Pfarrer ein Gebet spricht, sagt der Sprecher des Erzbistums Berlin, Andreas Herzig. Dennoch halte die Kirche an ihrer ablehnenden Haltung fest. Selbstmord ist laut Katechismus eine Absage an das Ja Gottes zum Menschen. Sie sei auch eine Verneinung der Liebe zu sich selbst und zum natürlichen Streben nach Leben. Die Kirche hat ihre Haltung aufgrund der neueren Suizidforschung geändert. So gehe ein Suizid oftmals einher mit einer Einengung der Selbststeuerung. Selbstmörder vollzögen daher nicht einen Akt der Freiheit. Daher dürfe ihnen nicht die volle Verantwortung für ihr Tun vorgeworfen werden. Für die Kirche ist dies der entscheidende Punkt. Denn was die Kirche streng verurteilt, ist die "frei gewollte Selbsttötung, durch die jemand bewusst seine Autonomie dokumentieren will".

Im Falle von Hannelore Kohl hat Monsignore Erich Ramstetter, der enge Freund, der auch die Trauerzeremonie heute leiten wird, ähnlich argumentiert: "Es war eine psychosomatische Erkrankung, eine Krankheit der Seele", sagte er "Bild". "Deshalb betrachte ich ihr Tun nicht als einen Suizid im Sinne der katholischen Moraltheologie. Die Psyche jedes Menschen ist nur bis zu einem bestimmten Punkt belastbar. Ihre Seele krankte am Spendenskandal bis hin zu ehrverletzenden Angriffen." Die Aussagen Ramstetters entsprechen dem Katechismus, der klarstellt, dass die Kirche "zwar die Sünde des Selbstmordes verurteilt, nicht aber den Menschen, von dem nicht sicher ist, ob er wirklich ein Selbstmörder ist".

Die große katholische Trauerzeremonie für Hannelore Kohl im Speyerer Dom mit Monsignore Ramstätter ist aber nicht nur wegen der Suizidproblematik außergewöhnlich. Hannelore Kohl ist Protestantin. Sie und der Katholik Helmut Kohl besuchten häufig gemeinsam den Speyerer Dom. Ramstetter ist ein alter und sehr enger Freund des Ehepaares.

Ramstetters Aussagen bekamen mit dem Verweis auf die Folgen der Spendenaffäre auch eine politische Komponente, die er gestern noch einmal bekräftigte. Hannelore Kohl soll nicht nur an einer Lichtallergie, sondern auch unter den massiven Vorwürfen rund um die Spenden-Affäre der CDU gelitten haben, sagte er dem "Mannheimer Morgen". Der psychische Druck durch Anschuldigungen sogar auf der Straße sei so heftig gewesen, dass Hannelore es nicht mehr gewagt habe, einkaufen zu gehen. Ramstetter sagte, dass er seit dem Schicksalsschlag fast täglich den früheren Kanzler in dessen Haus in Oggersheim besuche. "Die Augen von Helmut Kohl sind wesentlich schlechter geworden", weil er sich wegen der Lichtallergie seiner Frau seit über einem Jahr an den Wochenenden ebenfalls im Dunklen aufgehalten habe. Er sei seelisch schwer angeschlagen. In letzter Zeit habe Kohl miterleben müssen, wie die Kräfte seine Frau zusehends nachließen: "Sie konnte praktisch keine Treppe mehr gehen".

Zur Trauerfeier erwartet Speyer heute einen Ansturm von Trauergästen, Schaulustigen und Journalisten. Da wegen der Trauerfeier ein Castor-Transport aus Norddeutschland abgesagt wurde, konnte ein Großaufgebot an Polizei mobilisiert werden.

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