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Der im Fall Madeleine McCann Verdächtige Christian B. steht im Februar 2024 in Braunschweig im Gericht.

© AFP/Julian Stratenschulte

„Ich bin verbrannt“: Verdächtiger im Fall Maddie lebt nun auf der Straße

Verurteilte Straftäter haben das Recht auf Resozialisierung. Christian B., der im Fall Madeleine McCann verdächtig ist, findet nach seiner Haftentlassung einem Bericht zufolge nicht einmal eine Bleibe.

Stand:

Seit Jahren steht der Mann im Fokus, immer wieder wird auch international über Christian B. berichtet. Denn deutsche Ermittler haben den heute 48-jährigen, mehrmals vorbestraften Sexualstraftäter seit einigen Jahren unter Mordverdacht im spektakulären Vermisstenfall des britischen Mädchens Madeleine McCann. Beweise, die für eine Anklage reichen, gibt es bisher nicht.

2019 hatte das Landgericht Braunschweig den Mann wegen schwerer Vergewaltigung in Portugal zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Diese hat Christian B. (oben links 2024 vor Gericht) mittlerweile abgesessen, am 17. September wurde er aus dem Gefängnis entlassen

Das Leben in Freiheit gestaltet sich für B. einem Medienbericht zufolge allerdings mehr als schwierig – und das liegt nicht nur an den Auflagen der Justiz. Er trägt eine Fußfessel und muss mindestens einmal im Monat Kontakt mit einem Bewährungshelfer halten. Außerdem soll er Wechsel seines Wohn- oder Aufenthaltsortes vorher dem Gericht mitteilen und dafür die Zustimmung einholen.

Die haben mich in die Wildnis geschickt.

Christian B., Verdächtiger im Fall Maddie

Wie der „Spiegel“ berichtet, lebt B. inzwischen in Kiel – auf der Straße. Wochenlang sei er zuvor in Norddeutschland von Hotel zu Hotel gezogen. In der 80.000-Einwohner-Stadt Neumünster wurde ihm demnach eine kleine Wohnung zugewiesen, er beantragte Bürgergeld. Aber Anwohner organisierten offenbar Proteste, es gab Hassbotschaften und Aufrufe zu Gewalt gegen Christian B.. Am Ende sei der Mann in einer Grünanlage der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt gelandet.

Von Neuanfang und Resozialisierung, wie es das Strafgesetzbuch als Recht verurteilter Straftäter vorsieht, keine Spur. Mithilfe von Medienberichten, Social-Media-Posts und Aussagen seiner Anwälte lassen sich dem Bericht zufolge seine Versuche rekonstruieren, irgendwo unterzukommen.

Bei seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt im niedersächsischen Sehnde sei dafür gesorgt worden, dass niemand dem Mann folgen konnte. Dort hatte B. sieben Jahre wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin in dem südportugiesischen Urlaubsort Praia da Luz – wo auch Maddie verschwand – eingesessen.

Das Magazin schreibt, es sei schließlich gelungen, B. aufzuspüren und während eines Spaziergangs mit ihm zu sprechen. Der Polizei sei dabei zugesichert worden, den genauen Aufenthaltsort nicht zu nennen.

B. stehe zudem unter ständiger Bewachung durch zwei Polizeibeamte, heißt es in dem Bericht weiter. Sie sollen B. einerseits vor möglichen Übergriffen aus der Bevölkerung bewahren. Andererseits sollen sie die Bürgerinnen und Bürger vor ihm schützen: Ein Psychiater ordnete B. demnach in einem Gutachten in die „absolute Topliga der Gefährlichkeit“ ein. Verurteilt wurde er bereits wegen Diebstahls, Drogenhandels, Körperverletzung, Kinderpornografie, Kindesmissbrauchs und eben Vergewaltigung.

Den Versuch, in der Wohnung in Neumünster neu zu starten, habe B. selbst abgebrochen, heißt es in dem Bericht weiter. Am 27. September hätten ihn Polizeibeamte aus dem Haus geleitet. Zuvor hatte B. demnach berichtet, er sei von Nachbarn bedroht und beschimpft worden.

Drohungen und Beschimpfungen gegen Christian B.

Über den Aufenthalt von B. in der Stadt habe zuvor unter anderem Neumünster TV berichtet. Auf der Facebook-Seite des Senders seien harsche Reaktionen zu lesen. „Der kann zusehen, wo er bleibt“, schrieb demnach ein User, „von mir aus tief in der Nordsee!“

B. sei schließlich am 29. September in Begleitung eines englischen Reporters und eines TV-Teams bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft aufgetaucht, die das Maddie-Verfahren gegen ihn führt. Er habe die Behörde mit seiner aussichtslosen Situation konfrontieren wollen, sagte B. dem Magazin. Doch am Eingang habe man ihm mitgeteilt, man sei nicht zuständig.

Christian B. zog vergeblich von Hotel zu Hotel

B. sei schließlich entgegen dem Rat seiner Anwälte nach Kiel gefahren. Dort habe er mehrere Nächte in einem Hotel verbracht. Doch auch dieser Aufenthaltsort sei nicht lange geheim geblieben. Auf Instagram seien Fotos und die Adresse veröffentlicht worden.

Ein Plakat zeigt die vermisste Madeleine McCann.

© picture-alliance/ dpa/epa/Luis Forra

„Es kamen besorgte Anwohner hierher, die wissen wollten, warum er hier ist“, zitiert das Blatt einen Mitarbeiter der Rezeption. „Dass so einer noch frei rumlaufen kann“, sei traurig, sagte der Mann demnach weiter. Mitleid habe er nicht. Er kenne Menschen, die würden Christian B. „vermöbeln“, wenn sie ihm begegnen würden, sagte der Angestellte.

Eine Verlängerung des Aufenthalts lehnte das Hotel ab. B. habe versucht, in anderen Hotels in Kiel unterzukommen – vergeblich. „Ich bin jetzt obdachlos“, zitiert das Magazin den Mann. Er habe nicht geahnt, dass er in Freiheit „keine ruhige Minute mehr haben würde“.

Mit Blick auf die öffentlichen Verdächtigungen im Maddie-Komplex sprach B.’s Anwalt Friedrich Fülscher schon zuvor von einer „massiven Vorverurteilungskampagne“.

„Ich bin verbrannt“, sagte B. dem Bericht zufolge weiter, „die haben mich in die Wildnis geschickt.“ Damit bezog sich B. demnach auf den Sprecher der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, der bis heute davon ausgeht, dass Madeleine McCann tot sei und B. dafür allein die Verantwortung trage. Auf die Frage, ob er das Mädchen entführt und ermordet habe, zitiert das Blatt Christian B. mit den Worten: „Natürlich nicht.“

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