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Fahrradfahrer und Autos fahren an der Oberbaumbrücke in Berlin.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Länder machen Vorschläge für Verkehr: Union will Radfahrer nicht bevorzugen

Mit 15 Maßnahmen wollen die Verkehrsminister der Länder Radfahrer besser schützen. Aber die Union ist gegen eine „einzigartige Privilegierung“ der Radler.

Die Verkehrsminister der Länder wollen Radfahren im Straßenverkehr sicherer und attraktiver machen. Dies soll durch eine „fahrradfreundliche Novelle“ der Straßenverkehrsordnung ermöglicht werden, die eine Arbeitsgruppe im Auftrag der Minister erstellt hat und die die Minister am Donnerstag offiziell begrüßten. Die Ergebnisse der Konferenz sollen am heutigen Freitag vorgestellt werden.

Die Arbeitsgruppe schlägt 15 Maßnahmen vor. Vorgesehen ist zum Beispiel, dass Radfahrer von Fahrzeugen nur noch in einem Mindestabstand von 1,50 Metern überholt werden dürfen. Außerdem sollen Lastwagen in Orten nur noch in Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen dürfen, um Crashs mit Radfahrern zu vermeiden.

Außerdem sollen Fahrradfahrer prinzipiell Einbahnstraßen in Tempo-30-Zonen in beide Fahrtrichtungen befahren dürfen. Zudem sollen sie auch nebeneinander fahren dürfen, „wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird“. Und: An wichtigen Radfahrer-Strecken soll es Behörden innerorts ermöglicht werden, Tempo 30 anzuordnen.

Die Maßnahmen könnten „maßgeblich dazu beitragen, Radfahren in Deutschland kurzfristig attraktiver und sicherer zu machen“, heißt es in dem Papier. Die Verkehrsminister wollen das Bundesverkehrsministerium auffordern, die Vorschläge bei einer Reform der Straßenverkehrsordnung in Abstimmung mit den Ländern möglichst bis Ende 2019 zu berücksichtigen.

Allerdings kommt umgehend Widerspruch von den Unionsparteien aus Berlin. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Ulrich Lange sagte „Spiegel Online“: „Die Vorschläge sind dazu geeignet, auf lange Sicht dem Fahrrad eine einzigartige Privilegierung gegenüber den anderen Verkehrsmitteln zu verschaffen. Grundsätzlich gelten für alle Verkehrsteilnehmer die gleichen Rechte.“

Eine Freigabe des Radverkehrs in Gegenrichtung führe zu einem höheren Unfallrisiko in engen Einbahnstraßen, so Lange weiter. „Ich sehe schon die Radrowdys in den Startlöchern, das kann nicht gut gehen.“ Fahrradfahren müsse sicher sein.

Dass alle Radfahrer ausnahmslos rechtsabbiegen dürfen, „kann ich mir nicht vorstellen“. Sie müssten als schwächere Verkehrsteilnehmer an Kreuzungen geschützt werden so Lange. „Für Kinder wäre das ein schlechtes Vorbild, das zur Verwirrung bei den Straßenverkehrsregeln führen würde.“

Kieler Minister will Autoverkehr nicht über Gebühr erschweren

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz warnte davor, mit Erleichterungen für Radfahrer den Autoverkehr über Gebühr zu erschweren. Es sei alles zu begrüßen, was das Radfahren sicherer und leichter macht, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Kiel. „Allerdings muss man dabei auch bedenken, dass unsere Straßen nicht nur für Radfahrer da sind, sondern auch eine Abwägung stattfinden muss, damit nicht etwa der motorisierte Verkehr überhaupt nicht mehr vorankommt.“ „Wir sollten jetzt auch nicht Regelungen schaffen, die das Nebeneinander-Radfahren grundsätzlich zulassen und damit den anderen Verkehr behindern“, sagte er. „Diese Regelung gilt es deshalb zu überprüfen und dazu ist der Bundesverkehrsminister aufgefordert worden.“ Man müsse „auch bedenken, dass unsere Straßen nicht nur für Radfahrer da sind“, sagte er. „Auch an die Leichtigkeit des motorisierten Verkehrs muss gedacht werden.“

Die Grünen im Bundestag fordern dagegen mehr Rechte für Radfahrer. Grundsätzlich solle das Rechtsabbiegen an roten Ampeln für Radfahrer möglich werden, hieß es in einem Antrag der Grünen. „Ohne gute Radpolitik bleibt die Verkehrswende im Leerlauf“, teilte der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter am Mittwoch in Berlin mit. Es sei Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen, Radfahren sicher und attraktiv zu machen.

Dem Fahrradclub ADFC geht der Vorstoß der Minister nicht weit genug. Auch das übergeordnete Straßenverkehrsgesetz müsse reformiert und an Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele angepasst werden. Konkret fordert der ADFC Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts und die Einschränkung des freien Parkens.

„Das deutsche Verkehrsrecht atmet noch den Geist der Nachkriegszeit“, sagte Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork. „Unter „Verkehr“ wird in erster Linie „Autoverkehr“ verstanden, die anderen Verkehrsarten gelten als nachrangig.“ Dieses Verständnis sei überholt. „Wir brauchen ein Verkehrsrecht, das auf die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer ausgerichtet ist, insbesondere auch auf die des Fuß- und Zweiradverkehrs.“ (dpa/Tsp)

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