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Gustl Mollath, ein freier Mann.

© DPA

Landgericht Regensburg hat geurteilt: Freispruch und Entschädigung für Gustl Mollath

Der jahrelang gegen seinen Willen in der Psychiatrie festgehaltene Gustl Mollath ist vom Landgericht Regensburg freigesprochen worden. Der 57-Jährige bekommt zudem eine Entschädigung.

Zuerst kamen die guten Nachrichten für Gustl Mollath. „Der Angeklagte wird freigesprochen“, sagt die Vorsitzende Richterin Elke Escher ganz zu Beginn der Urteilsverkündung im Landgericht Regensburg. Und weiter: „Für die Unterbringung in der Psychiatrie ist der Angeklagte aus der Staatskasse zu entschädigen.“ Der Freispruch selber ist keine Überraschung, denn in dem Wiederaufnahmeverfahren gilt das sogenannte Verschlechterungsverbot. Das heißt, dass er nicht schwerer bestraft werden darf als in dem Ausgangsprozess. Und 2006 war Mollath vom Nürnberger Landgericht freigesprochen worden – allerdings wurde er zugleich als gemeingefährlich und unzurechnungsfähig in die Psychiatrie weggesperrt.

Eine der drei damals und jetzt erneut angeklagten Taten hat Mollath aber trotzdem nach Gerichtsauffassung begangen: Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass er im August 2001 seine damalige Frau Petra M. geschlagen, getreten, gewürgt und gebissen hat. Das belegten verschiedene frühere Aussagen der Frau über mehrere Jahre hinweg, ein ärztliches Attest und die Aussage der Schwägerin der Frau. Fast eine Stunde lang begründet Elke Escher die Einschätzung des Gerichts zu dem Gewaltakt, Mollath hört dabei reglos zu. Die Ermittlung sei schwierig gewesen, denn Petra M. hatte die Aussage verweigert, man habe sich keinen Eindruck von ihr verschaffen können. Mollath selbst aber sei auch nicht bereit gewesen, sich näher zu äußern. Das Ergebnis seiner Attacke, meint das Gericht, seien „Hämatome, eine Bisswunde, Würgemale“ gewesen. Ein Angriff, „geeignet, das Leben zu gefährden“. Die einstigen Aussagen der Frau seien insgesamt als stimmig und glaubhaft zu werten.

Mollath selbst hatte früher gesagt, dass er sich bei der tätlichen Auseinandersetzung lediglich verteidigt habe. Mollath wird für die Körperverletzung aber nicht nur wegen des Verschlechterungsverbots, sondern auch aus einem weiteren Grund freigesprochen: Es sei nicht auszuschließen, so das Gericht, dass er während der Tat an einer psychischen Erkrankung gelitten habe und so nur eingeschränkt oder gar nicht schuldfähig gewesen sei.

Gustl Mollath ist nicht zufrieden mit dem Urteil

Der Scheidungskrieg der beiden war vor mehr als zehn Jahren eskaliert. Mollath hatte seiner Frau vorgeworfen, als Kundenberaterin einer Bank im großen Stil an Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz beteiligt zu sein. Sie hatte ein Attest eingeholt und gegenüber seinem Freund Edward B. gedroht, ihn in die geschlossene Psychiatrie zu bringen. Erst vor eineinhalb Jahren war bekannt worden, dass seine Vorwürfe zumindest zum Teil gestimmt hatten. Für die weiteren beiden Anklagepunkte – Freiheitsberaubung der Frau über eineinhalb Stunden hinweg und Reifenstecherei – sieht das Gericht hingegen nicht genügend Beweise.

War Mollath nun psychisch krank? Mit einer Einschätzung hält sich das Gericht zurück. „Die Kammer weiß nicht, ob eine wahnhafte Störung vorlag“, sagte Richterin Escher. Die Annahme liege aber nicht fern. So sei Mollath damals hoch empfindsam gewesen, rigide und habe an Selbstüberschätzung gelitten. Er habe Briefe an 600 Bundestagsabgeordnete geschrieben, an UN-Generalsekretär Kofi Annan und Bundeskanzler Gerhard Schröder. Er habe sich über Kontakte zu Harald Schmidt geäußert, angeblich die „größte Friedensdemonstration der Welt ausgelöst“ und sei davon ausgegangen, überall selbstverständlich auf Gehör zu stoßen.

Doch ein Fall für die Gefängnispsychiatrie ist das deshalb nicht. Mollaths großer Sieg besteht darin, dass seine Einweisung nun von Anfang an als Unrecht angesehen wird. Denn die Allgemeingefährlichkeit habe nie bestanden, sagte die Richterin.

Mollath zeigt sich unzufrieden mit dem Urteil. Die Körperverletzung könne er nicht auf sich sitzen lassen. Nun will er sich aber um einen Wohnsitz und um Arbeit bemühen. Mehrere Angebote im Raum Nürnberg gibt es bereits. Über die Höhe der Entschädigung entscheidet das Gericht. Mollath rechnet mit 20 Euro pro Tag in der Psychiatrie abzüglich 6 Euro für die Verpflegung. Rechtliche Möglichkeiten dürfte Gustl Mollath nicht mehr besitzen. „Er ist ja freigesprochen worden“, sagt Gerichtssprecher Thomas Polnik. Sein Verteidiger Gerhard Strate aus Hamburg, mit dem sich Mollath überworfen hatte wie mit so vielen anderen, spricht von einem „guten Urteil“.

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