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Erneut sind Van-Gogh-Gemälde in London mit Suppe attackiert worden.

© AFP/Just Stop Oil/Uncredited

Nach Urteil gegen Aktivisten: Van Goghs „Sonnenblumen“ in London erneut mit Suppe übergossen

In der Londoner National Gallery haben Aktivisten von „Just Stop Oil“ erneut van Goghs „Sonnenblumen“ attackiert. Der Protest richtet sich diesmal nicht nur gegen die Klimapolitik.

Stand:

Wieder Suppe, wieder van Gogh – und wieder die National Gallery in London. Doch diesmal sind es gleich zwei „Sonnenblumen“-Gemälde des niederländischen Malers, die Ziel eines Protests der Gruppe „Just Stop Oil“ werden. 

Damit demonstrieren die Aktivisten nicht nur für mehr Klimaschutz. Es sei „ein Zeichen des Trotzes“: Nur Stunden zuvor sind zwei Mitglieder von Just Stop Oil wegen eines Suppenangriffs auf dasselbe van-Gogh-Gemälde vor zwei Jahren zu Haft verurteilt worden.

Die Umweltschützer sind wegen des harten Durchgreifens der britischen Justiz empört. 25 ihrer Mitglieder seien derzeit hinter Gittern, betont „Just Stop Oil“.

Eine Glasscheibe auf einem Gemälde genießt gerade mehr Schutz als Menschenleben.

Statement von „Just Stop Oil“

Eine der Aktivistinnen, die heute in der National Gallery zuschlugen, sagt: „Künftige Generationen werden diese politischen Gefangenen auf der richtigen Seite der Geschichte sehen.“ Die zwei Frauen und ein Mann wurden festgenommen, wie das Museum mitteilte.

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Über das wenige Stunden zuvor gefällte Urteil zeigt sich die Organisation empört: „Eine Glasscheibe auf einem Gemälde genießt gerade mehr Schutz als Menschenleben.“ Phoebe Plummer (23) und Anna Holland (22) wurden wegen Sachbeschädigung zu zwei Jahren beziehungsweise einem Jahr und acht Monaten Haft verurteilt.

Das berühmte Gemälde „Sonnenblumen“ (1888) von Vincent van Gogh war mit einer Glasplatte geschützt und bei der Aktion im Oktober 2022 unversehrt geblieben. Beschädigt wurde der goldfarbene Rahmen des Kunstwerks. Die Rede ist von 10.000 Pfund Schaden, umgerechnet etwa 12.000 Euro.

Die beiden Frauen plädierten auf nicht schuldig, doch Richter Christopher Hehir sah das völlig anders. Der „Kulturschatz“ sei in Gefahr gewesen, sagte er. Suppe hätte durch das Glas triefen und das Gemälde schwer beschädigt werden können. „Sie hatten kein Recht, das mit „Sonnenblumen“ zu machen.“

Mildere Strafen in Deutschland

Auch in Deutschland wurden Kunstwerke zum Ziel. In Dresden klebten sich im August 2022 eine junge Frau und ein junger Mann am Rahmen des berühmten Altargemäldes „Sixtinische Madonna“ in der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden fest.

Zwei Umweltaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ stehen in der Gemäldegalerie Alte Meister an dem Gemälde „Sixtinische Madonna“ von Raffael.

© picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert

Kürzlich stimmten sie überraschend zu, 5.550 Euro Schadenersatz zu zahlen. Die fast doppelt so hohe Forderung des Freistaats fand ein Zivilrichter zu hoch. Haftstrafen gibt es nicht. Mehrere deutsche Museen kooperierten 2023 sogar mit der Gruppe „Letzte Generation“: Aktivisten, Mitarbeiter und Besucher verlasen Texte, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen.

Nach einer Art Hochphase im zweiten Halbjahr 2022, bei dem Museen weltweit teilweise verzweifelt überlegten, wie sie ihre Werke besser schützen könnten, hatten die Aktivisten sich wieder anderen Protestformen zugewandt. Mit der Racheaktion in der National Gallery könnte Kunst nun zumindest in Großbritannien wieder ins Visier rücken.

Der Zeitung „Guardian“ zufolge hatten sich zwar zuletzt mehr als 100 Künstler, Kuratoren und Kunsthistoriker dafür ausgesprochen, den Aktivistinnen eine Gefängnisstrafe zu ersparen. Doch der Richter entschied anders.

Künftige Generationen werden diese politischen Gefangenen auf der richtigen Seite der Geschichte sehen.

Eine der Aktivistinnen, die am Freitag in der National Gallery protestierten.

Es war derselbe, der vor gut zwei Monaten mehrere Menschen, darunter „Extinction Rebellion“-Mitgründer Roger Hallam, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilte, weil sie einen Protest an einer Autobahn organisiert hatten. 

Aktivisten versammeln sich vor dem Southwark Crown Court, als zwei „Just Stop Oil“ ihre Strafen erhalten.

© IMAGO/ZUMA Press Wire/Vuk Valcic

Am selben Tag wie Plummer und Holland wurden auch zwei weitere Aktivisten verurteilt, sie erhielten Gerichtsauflagen wie 100 Stunden unbezahlte Arbeit. Die Urteilsbegründung laut „Just Stop Oil“: Sie waren 20 Minuten lang eine Straße entlanggelaufen.

Demonstrationsrecht eingeschränkt

Unter dem verschärften Public Order Act, wie das britische Gesetz genannt wird, steht es der Polizei frei, langsam bewegende Demonstrationszüge zu untersagen. Mit den Strafen halten sich die Gerichte exakt an die Vorgaben der früheren konservativen Regierung, die das Demonstrationsrecht wiederholt eingeschränkt hatte.

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Dabei hatte die damalige Regierung nach Einschätzung von Kommentatoren explizit Protestformen von Klimaaktivisten im Visier wie Festketten oder Festkleben an Objekten und anderen Menschen.

Oft genug hatten konservative Spitzenpolitiker wie der im Juli abgewählte Premierminister Rishi Sunak sich beschwert, dass bei Aktionen von „Extinction Rebellion“ oder „Just Stop Oil“ der Verkehr großflächig lahmgelegt wurde. Hart arbeitende Menschen würden in ihrem Alltag belästigt, schimpfte Sunak wiederholt.

Aktivisten entgegnen, genau dies sei ja der Sinn ihrer Proteste. Sie wollten wachrütteln und darauf hinweisen, dass der Klimawandel und nicht gewaltlose Demonstrationen der gemeinsame Feind sein müssten. Wissenschaftliche Fakten würden als Ideologie und persönliche Meinung abgetan, während man die Klimakrise als größte Bedrohung für das Leben als irrelevant erachte, sagte Phoebe Plummer vor Gericht.

Die Gruppe „Just Stop Oil“ fordert ein Ende der Öl- und Gasförderung und hat in den vergangenen Jahren bereits mit zahlreichen umstrittenen Protestaktionen, unter anderem in Museen und bei Sportveranstaltungen, für Aufsehen gesorgt. Aktivisten der Gruppe besprühten etwa das weltberühmte Steinzeit-Monument Stonehenge im Südwesten Englands mit Farbpulver. Auch der Privatjet von Popstar Taylor Swift wurde Ziel einer Farbattacke. (dpa/AFP)

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