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Blumen und Kerzen stehen in der Innenstadt an einer Hauswand in der Achternstraße, in der am Ostersonntag ein Mensch von Schüssen aus einer Polizeiwaffe tödlich verletzt wurde.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Update

Obduktion nach tödlichem Einsatz am Ostersonntag: Oldenburger Polizist schoss drei Mal von hinten auf 21-Jährigen

Der niedergeschossene Mann soll vor einem Nachtclub mehrere Menschen bedroht haben. Ein Polizeischuss traf ihn am Kopf. Die Polizei fordert nun den Einsatz von Tasern.

Stand:

Nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen 21-Jährigen am Ostersonntag im niedersächsischen Oldenburg hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg das Ergebnis der Obduktion bekanntgegeben.

Demnach trafen drei Schüsse den Deutschen von hinten – an der Hüfte, am Oberkörper und am Kopf. Ein vierter Schuss soll ihn am Oberschenkel gestreift haben. Er starb kurze Zeit später im Krankenhaus.

Der 27-jährige Beamte, der die Schüsse abgegeben hat, wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Dienst suspendiert. Gegen ihn läuft nun ein Verfahren wegen des Verdachts des Totschlags. 

Der Präsident der Polizei Oldenburg, Andreas Sagehorn, äußerte sich betroffen über die Ereignisse vom Ostermontag und drückte Verständnis für den Wunsch nach Antworten auf die noch ungeklärten Fragen.

„Das ist emotional verständlich, jedoch müssen zunächst – nach den Prinzipien eines funktionierenden Rechtsstaates – die Hintergründe dieses tragischen Ereignisses lückenlos aufgearbeitet werden“, wird der Polizeipräsident in einer Mitteilung zitiert.

Das Verfahren führen die Staatsanwaltschaft Oldenburg und aus Neutralitätsgründen die Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch.

Bündnis ruft zu Kundgebung auf

Das Bündnis „Gerechtigkeit für Lorenz“ ruft indessen zu der Kundgebung auf. Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Lorenz soll nicht vergessen werden. Forderung nach lückenloser Aufklärung (des Polizeieinsatzes mit Todesfolge)“.

Nach einer Kundgebung auf dem Pferdemarkt ist ein Rundgang durch die Oldenburger Innenstadt geplant, wie die Stadt weiter mitteilte. Rund 1.000 Menschen werden am Freitag (18.00 Uhr) erwartet, wie ein Sprecher der Stadt bestätigte. „Das wird sicherlich größer werden.“

Polizei berichtet von Bedrohung durch Messer und Reizgas

In der Nacht zu Ostersonntag hatte ein Polizist mindestens vier Mal auf einen 21-Jährigen geschossen. Der junge Mann hatte nach Angaben der Polizei bei dem Vorfall zunächst andere Menschen mit einem Messer bedroht und dann Reizgas in Richtung der Beamten gesprüht.

Die Achternstraße in der Oldenburger Innenstadt, in der am Ostersonntag ein Mensch von Schüssen aus einer Polizeiwaffe tödlich verletzt wurde.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Vorausgegangen war dem Polizeieinsatz den Angaben zufolge ein Streit vor einem Nachtclub. Nachdem ihm dort der Zutritt verwehrt wurde, sprühte der Mann demnach Reizstoff in die Richtung zweier Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, verletzte mehrere Menschen dadurch leicht und ergriff die Flucht.

„Einige Personen“ nahmen laut Polizei die Verfolgung auf und brachen diese ab, als der Mann ihnen mit dem Messer drohte. Auch vor zwischenzeitlich eingetroffenen Einsatzkräften der Polizei rannte der Mann zunächst davon.

Als er auf eine weitere Streifenwagenbesatzung traf, ging er den Angaben zufolge „bedrohlich auf die Polizisten zu und sprühte dabei Reizstoff in ihre Richtung“. Dann gab einer der Polizisten die Schüsse ab, die den 21-Jährige lebensgefährlich verletzten.

Gewerkschaft fordert Möglichkeit von Taser-Einsätzen

Mit dem Einsatz eines Tasers wäre der Einsatz womöglich anders ausgegangen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bekräftigte daher ihre Forderung zum Einsatz der Elektroschocker.

Ein Polizeibeamter demonstriert ein Distanz-Elektroimpulsgerät (DEIG oder auch Taser) im Trainingsmodus ohne scharfe Munition.

© dpa/Rolf Vennenbernd/Archiv

„Wir als Polizei Niedersachsen plädieren für den Taser, auch im Streifendienst“, sagte Patrick Seegers, DPolG-Vorsitzender in Niedersachsen dem NDR. „Aktuell gibt es nur die Schusswaffe, und der Schusswaffengebrauch kann tödlich enden.“

„Der Taser, also eine Elektroschockpistole, kann natürlich auch tödlich wirken und löst nicht jede Situation“, sagte Seegers weiter. „Er wäre aber eine Möglichkeit, viele Situationen zumindest ohne schwerste Verletzungen oder einen tödlichen Ausgang zu lösen.“

Ein Taser ist ein Gerät, mit dem Elektroschocks aus etwas Distanz abgegeben werden, die zu schmerzhaften Muskelkontraktionen führen. Dadurch wird ein Mensch in der Regel handlungsunfähig.

Die Waffen sind allerdings umstritten, da Taser beim Einsatz gegen Menschen mit Herzerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen zu gesundheitlichen Folgen führen können.

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern ist die Verwendung von Tasern in Niedersachsen seit einigen Jahren bislang nur in Einsätzen des Spezialeinsatzkommandos (SEK) zugelassen. (dpa)

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