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Brandenburg ist Wolfsland. Hier leben die meisten Rudel Deutschlands. Für viele Nutztierhalter sind es zu viele.

© picture alliance/dpa/Christian Charisius

Raubtier auf der Suche nach neuer Nahrung: „Wenn er keine Rehe mehr findet, dann frisst der Wolf eben Katzen“

Dass es Wölfe auf Kälber und Schafe abgesehen haben, ist bekannt. Nun sollen auch Haustiere in sein Beuteschema fallen. Ein Jagdexperte bestätigt dies – und warnt vor dem nächsten Schritt.

Stand:

Stehen Katzen und Hunde auf dem Speisezettel der Wölfe? Die Boulevardzeitung „Bild“ jedenfalls berichtet aktuell, dass in ländlichen Gebieten von Sachsen zuletzt mehrere Hauskatzen spurlos verschwunden seien.

„Meine Mutter hat zuletzt einen ganz in der Nähe beobachtet. Zwei Wochen später war Minka weg“, erzählt Katzenbesitzerin Ivonne Preuss aus Taura in Sachsen demnach der Zeitung. Auch andere verzweifelte Katzenhalter, die ihre Haustiere vermissen und die in Wolfsgebieten leben, kommen in dem Artikel zu Wort.

Der Wolf ist ein Nahrungsopportunist.

Dirk-Henner Wellershoff, Wolfsexperte

Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des angrenzenden Landesjagdverbands Brandenburg, bestätigt die Beobachtung gegenüber dem Tagesspiegel. „Wenn Katzen in freier Wildbahn herumlaufen, sind sie auf sich allein gestellt und begeben sich ins Nahrungsspektrum des Wolfes, sofern der Wolf in der Nähe ist“, warnt der Jagdexperte.

Wegen des rückläufigen Rehbestands in den Wäldern in ländlichen Gebieten – laut Wellershoff seien allein in Brandenburg bislang 60.000 bis 70.000 Rehe von Wölfen gerissen worden – habe der Wolf zunehmend Schwierigkeiten, sich zu ernähren. „Er ist ein Nahrungsopportunist. Wenn er keine Rehe mehr findet, dann frisst er eben Katzen“, sagt Wellershoff.

Auch Gefahren für Menschen?

Mit anderen Worten: Was dem hungrigen Raubtier über den Weg läuft, ist potenziell zum Verzehr geeignet. „Das gilt für Katzen, Hunde, aber künftig auch für Menschen, wenn der Wolf die Scheu vor dem Menschen noch weiter verliert“, warnt der Jagdexperte und verweist auf das Beispiel Berlin: „Da laufen inzwischen Füchse und Waschbären durch die Straßen der Stadt, weil sie die Scheu vor uns Menschen verloren haben. Das wird auch der Wolf tun, wenn wir ihm nicht klare Grenzen setzen.“

1600
Wölfe sollen in Deutschland nach offiziellen Angaben leben – Schätzungen gehen von weit mehr aus

Auch Behörden bestätigen Übergriffe von Wölfen auf herumstreunende Hauskatzen. Das sächsische Landesumweltamt spricht gegenüber der „Bild“ aber von „Einzelfällen“ und „Gelegenheitsbeute“. Lediglich vier potenzielle Tötungen von Katzen durch Wölfe seien der Behörde 2025 gemeldet worden, zitiert die Zeitung eine Sprecherin.

Wolfsexperte Wellershoff plädiert dafür, das Raubtier notfalls mit Gewalt aus Gebieten fernzuhalten, die von Menschen genutzt werden – also aus Dörfern, von landwirtschaftlichen Flächen und von Spielplätzen und aus Wäldern. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) zählten Ende April 2024 etwa 1600 Wölfe deutschlandweit, die meisten Wolfsrudel wurden in Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen gezählt.

Wellershoff geht allerdings von weit mehr Wölfen in Deutschland aus. Allein in Brandenburg sollen bis zu 1000 der Tiere leben. „Die einzige Möglichkeit, uns den Respekt der Wölfe zu sichern und ihn aus unseren Lebensräumen fernzuhalten“, sagt der 59-Jährige, „ist es, die Tiere in jenen Gebieten zur Bejagung freizugeben, in denen wir Menschen leben, arbeiten und unsere Freizeit verbringen.“

Er plädiere nicht dafür, so Wellershoff weiter, die Tiere immer gleich abzuschießen. Möglich seien auch Umsiedlungen in von Menschen nicht genutzte Naturschutzgebiete.

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