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Immer auf Empfang. Die Party ist gut – und trotzdem kann es nicht schaden, das Handy zu checken. Vielleicht gibt es ja noch bessere Optionen. Foto: Caro / Keunecke

© Caro / Keunecke

Handykommunikation: Sendungsbewusst durch die Nacht

Um auch ja nichts zu verpassen, ist man ständig auf Empfang Dank Handy sind wir ständig erreichbar und flexibel. Doch die Partyplanung macht das nicht leichter

Es gibt viele Leute in meinem Bekanntenkreis, mit denen ich fast jedes Wochenende telefoniere oder SMS schicke in der Absicht, mit ihnen auszugehen. Trotzdem kommen wir nur selten zusammen. Tatsache ist: Ich habe all meine Freunde gern. Vielleicht liegt aber gerade darin das Problem: Etwas mit allen gemeinsam zu unternehmen, scheint unmöglich. Feste Verabredungen für einen Freitag- oder Samstagabend bilden daher die Ausnahme. Nur mit wenigen klappt das.

So auch an diesem Abend. Es ist Samstag und eigentlich hätte ich schon auf dem Weg zu L. sein sollen, sie will mit ein paar Leuten kochen. Doch ich schaue noch nach, was laut Facebook die „angesagten“ Partys sind. In meiner Rocktasche vibriert mein Handy. Es ist A., die wissen will, was ich gestern nach unserem Treffen am See noch unternommen habe. Es wird ein längeres Gespräch.

Nach dem Telefonat fahre ich zu L. Als mein Finger den Klingelknopf drückt, erhalte ich eine SMS von S.: „Hey, alles klar bei dir? Bin im Görlitzer Park. Lust zu kommen?“ Ich antworte vorerst nicht, um mir alle Optionen offenzuhalten.

Obwohl ich zu spät bei L. eintreffe, bin ich eine der Ersten. Die meisten trudeln erst im Laufe der nächsten Stunde ein. Einige schicken eine SMS, dass sie nicht pünktlich sein werden, für andere scheint Unpünktlichkeit selbstverständlich zu sein. Zum Kochen ist es nun zu spät, wir bestellen Pizza. Danach bricht eine Gruppe zu einer Privatparty auf, deren Gastgeber kaum einer kennt; einige wollen in die „Arena“. Beim Verabschieden versichert man sich, dass man sich später bestimmt noch sieht – man ist ja erreichbar.

Unterdessen hat J. versucht, mich anzurufen und eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen: Er würde auch gerne zu der Privatparty mitkommen. Ich rufe ihn zurück und wenig später treffen wir uns. Auf dem Weg zur Party erreicht mich die Nachricht von U.: „Bin im Lido; Mucke geil; Leute cool und kostet nix!! Komm doch auch. Sehen uns sonst die Tage.“ Bevor ich mich entscheide, will ich erst mal die Party abwarten.

Die Party ist langweilig – schon als J. und ich dort ankommen: Die Stimmung ist lau, Menschengruppen kommen und gehen im Minutentakt. Wir verschwinden ebenfalls schnell. Draußen telefoniere ich die üblichen Verdächtigen ab um zu erfahren, was die Nacht noch zu bieten hat. J. und ich entscheiden uns fürs „Picknick“, wo heute vier gute DJs auflegen sollen. Auf dem Weg dorthin bekomme ich eine Kurzmitteilung von N.: „Eintritt zu teuer und heute ab 21. Gehen zu Flo.“ Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt frustriert sein soll oder froh darüber, dass ich informiert wurde.

J. und ich wollen unbedingt tanzen, deshalb disponieren wir um. Ich wähle F.s Nummer, die mir gestern Abend noch irgendwas vom „Ritter Butzke“ erzählt hat. Sie geht nicht ran. Ich bin gereizt, weil ich ganz selbstverständlich davon ausgehe, meine Mitmenschen immer erreichen zu können. J. und ich beraten uns kurz, wir entscheiden uns fürs Butzke.

Als wir in der Schlange am Eingang stehen, vibriert mein Handy, wieder eine Nachricht von N.: „Gleich Kotti. Treffen vor Kaisers?“ Ich bin irritiert, die SMS kann nicht für mich sein. Vorsichtshalber rufe ich N. an, um mich zu vergewissern. Tatsächlich hat er die Mitteilung versehentlich an mich geschickt. Er erkundigt sich, wo ich gerade stecke, und überlegt, auch ins Butzke zu kommen – wir sollen ihm einen Platz in der Schlange freihalten. Kurz vorm Einlass meldet er sich: „Kommen erst in ner Stunde. Sehen uns da.“

Im Club treffe ich etliche Bekannte, mit denen ich schon oft vereinbart habe, mal wieder gemeinsam wegzugehen. Es ist jedoch nie dazu gekommen, und das muss es auch nicht, schließlich trifft man sich mit aller Unregelmäßigkeit regelmäßig irgendwo. Trotzdem befällt einen bei diesen zufälligen Treffen ein merkwürdig beklommenes Gefühl.

Die Party im Butzke ist gut, auch wenn N. im Verlauf der Nacht dort nicht auftaucht und F., die mir davon erzählt hat, auch nicht. Dafür treffe ich ein Mädchen, das zu Beginn des Abends bei L. war. Stunden später trete ich auf die Straße und blinzele in die aufgehende Sonne. Wenige Schritte von mir entfernt telefoniert J. mit T. Der lässt fragen, warum ich nicht ans Handy gehe. Ich nehme es aus der Tasche und sehe vier entgangene Anrufe von ihm, sowie zwei Kurzmitteilungen. Eine stammt von T.: „Hast du heute noch Lust, in der Bar 25 zu chillen? Für Alk ist schon gesorgt! Haha … Würde mich riesig freuen, wenn du noch kommst!“

Da ich vollkommen übermüdet bin, überlasse ich die Partys dieser Nacht anderen. Die Entscheidung, nach Hause zu gehen, nimmt mir R. mit seiner SMS ab: „Na, noch unterwegs? Bin Warschauer, will nach Hause. Wo bist du?“

Als ich endlich im Bett bin, vergesse ich fast, meinen Handywecker zu stellen. Wäre da nicht noch diese SMS von Y.: „Kommst du morgen mit zum Open-Air und abends dann in den Club der Visionäre? Falls ja, lass uns mal am Treptower Park treffen.“ Doch diese Nachricht muss heute nicht mehr beantwortet werden. Wer weiß, was sich bis zum morgigen Abend noch alles ergibt. Und so stelle ich meinen Wecker ein und das Handy aus.

Miriam Mogge

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