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Grand Prix: Serbien siegt auch ohne Osteuropa

Die vermeintliche Übermacht der osteuropäischen Länder im Finale des Eurovision Song Contest in Finnland lässt sich rechnerisch widerlegen. In ihrer Heimat wurde die serbische Siegerin mit politischen Ehren empfangen.

Hamburg/Helsinki/Belgrad - Das Ergebnis der Abstimmung vom Samstag in Helsinki wäre auch ohne Stimmrecht für den ehemaligen "Ostblock" kaum anders gewesen: Die serbische Siegerin Marija Serifovic ("Molitva") hätte auch ohne die Stimmen der Osteuropäer gewonnen - mit 128 statt 268 Punkten (eigene Berechnung). Folgen würde weiterhin die Ukraine. Die Türkei und Russland hätten die Plätze drei und vier getauscht. Der Deutsche Roger Cicero wäre ohne den Einfluss der Ostländer von Platz 19 auf 14 vorgerückt.

Für die Rechnung wurden die vergebenen Punkte von ehemaligen Ostblock-Staaten wie etwa Weißrussland, Estland, Rumänien, Albanien, Polen und Tschechien nicht für die Abstimmungssumme berücksichtigt.

Für den deutschen Grand-Prix-Verantwortlichen Jan Schulte-Kellinghaus vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) geht das Ergebnis des Grand Prix völlig in Ordnung: "Ein toller, starker Song hat gewonnen." Dass dennoch benachbarte Länder für einander abstimmen, sei kein neues Phänomen: "Die Sympathiewertungen sind so alt wie der Wettbewerb selbst", sagte Schulte-Kellinghaus. Allerdings sei zu beobachten, dass diese in den vergangenen Jahren zugenommen hätten. An der Diskussion über eine mögliche Änderung des Abstimmungsverfahrens werde sich der NDR "engagiert beteiligen". Dennoch brauche ein möglicher Sieger die Stimmen aus allen Teilen Europas. "Anders kann man nicht weit nach vorne kommen."

Kritiker hatten bemängelt, dass die Länder aus dem Osten wegen Kungelei die vorderen Plätze belegt hätten. "Da muss sich etwas ändern, ich weiß nur noch nicht was", kommentierte zum Beispiel die deutsche Stimme des Grand Prix, Peter Urban, die Punktevergabe. Immerhin 19 der 21 abstimmenden Länder Osteuropas gaben einem ehemaligen sozialistischen Bruderstaat die Höchstwertung. Der serbische Siegertitel erhielt von allen ehemaligen jugoslawischen Republiken - Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Slowenien und Mazedonien - zwölf Punkte.

Politische Ehre für Marija Serifovic

Die Siegerin des Eurovision Song Contest ist Gast des serbischen Parlaments in Belgrad gewesen. Sie wurde von allen Abgeordneten mit Beifall begrüßt. Zuvor hatten die Fraktionen noch eine hitzige Debatte über die künftige Regierung geführt. Die Sängerin kam auf Einladung des Vizepräsidenten des Parlaments, eines Sozialisten, meldete das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTS. Am Sonntagabend hatten mehr als 50.000 Jugendliche vor dem Rathaus der serbischen Hauptstadt mit Jubel und einem Feuerwerk die 22 Jahre alte Sängerin und ihr Team begrüßt.

Von einem Balkon aus rief die Grand-Prix-Siegerim ihren Fans unter Freudentränen zu: "Ein riesiges Dankeschön an alle, dies ist ein neues Kapitel für ein neues Serbien". Dann sang sie zusammen mit dem Publikum mehrmals ihren Siegersong "Molitva" (Das Gebet), einmal auch in Begleitung einer Roma-Blaskapelle. "Wir haben unser Versprechen erfüllt, das Eurosong-Festival nach Belgrad zu bringen", sagte Serifovic unter dem Jubel der Anwesenden.

Die Sängerin wurde vom Flughafen in einer weißen Stretch-Limousine in die Innenstadt gefahren und von der stellvertretenden Bürgermeisterin, Marija Hrustanovic, empfangen. "Wir sind alle stolz auf Dich", sagte Hrustanovic. "Das gesamte Team hat im fernen Helsinki die Unterstützung aus Serbien empfunden", antwortete Serifovic. (tso/dpa)

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