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Feuerwehrleute beobachten, wie Löschwasser auf das Palisades-Feuer im Mandeville Canyon Angeles geworfen wird.

© picture alliance/dpa/AP/Jae C. Hong

So wurde Kalifornien vom Paradies zur Hölle: Rekonstruktion eines amerikanischen Infernos

Seit einer Woche brennt es in und rund um Los Angeles, zwei Dutzend Menschen sind schon durch die Brände umgekommen. Wir rekonstruieren in Fotos, Videos und Grafiken den Vormarsch des Feuers.

Stand:

Es ist eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes. Und eine Entwarnung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: „Die Gefahr ist auf keinen Fall vorbei“, sagte die Chefin der Feuerwehr Los Angeles in der Nacht zum Dienstag. Nun könnte sich der Wind noch verstärken, die Feuer im Großraum Los Angeles noch weiter anfachen, die bereits jetzt zwei Dutzend Menschen das Leben gekostet und Zehntausende obdachlos gemacht haben.

Der Wetterdienst hatte schon Tage vor den verheerenden Feuern in der Region Los Angeles gewarnt: Große Trockenheit und heftige Winde erhöhten die Brandgefahr in Südkalifornien extrem, berichten Meteorologen am 4. und 5. Januar.

Einen Tag darauf, am Abend des 6. Januar, wendet sich die Bürgermeisterin von Los Angeles an die Einwohner:innen der Millionenmetropole. „Stay safe“ – „Passt auf euch auf“, postet Karen Brass über ihre Profile in den Sozialen Medien. Allerdings warnt sie vor starken Winden und nicht vor drohenden Bränden. Wenige Stunden später ist es für eine solche Warnung zu spät. Hier dokumentieren wir, wie sich das Inferno ausbreiten konnte.


Dienstag, 7. Januar – Plötzlich geht alles ganz schnell

Am Vormittag des 7. Januar bricht im Nobelviertel Pacific Palisades ein Waldbrand aus. Starke Winde aus Norden – in Spitzen um 130 Kilometer in der Stunde – treiben die Flammen an.

Normalerweise hat man von dem Viertel, das zwischen den Santa Monica Mountains und dem Pazifik gelegen ist, einen beeindruckenden Blick auf die Küste und den Pazifik. Nicht zuletzt deshalb haben viele Prominente dort ein Haus. An diesem Tag aber ist es vor allem der Blick von der Küste auf den Stadtteil mit knapp 25.000 Einwohnern, der erschreckt:

© dpa/Richard Vogel

Ein Chaos bricht los. Die Feuerwehr empfiehlt Einwohnern, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Nicht mal eine Stunde später lassen die Behörden den Anwohnern keine Wahl mehr: Evakuieren jetzt!, lautet die Anweisung.

Das Feuer frisst sich mit hohem Tempo über die Hügel. Die Lage am Boden ist dramatisch – doch der Blick von oben macht deutlich, wie groß die Zerstörungskräfte sind, denen sich die Helfer gegenübersehen. Löschhubschrauber steigen auf:

© dpa/Etienne Laurent

Die Helfer haben es nicht nur mit einem Brandherd zu tun. Am Dienstagabend beginnt es auch am nördlichen Ende von Los Angeles, in Eaton Canyon/Pasadena, zu brennen. Rettungskräfte bringen ältere und nicht mobile Personen in Sicherheit. Schnell breitet sich das Feuer auf einer Fläche von mehr als 80 Hektar aus.


Mittwoch, 8. Januar – Es kommen neue Brandherde hinzu

Mehr als 1000 Häuser brennen im Eaton-Feuer nieder. Zu diesem Zeitpunkt sind mehr als 52.000 Menschen aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. Knapp 21.000 Gebäude werden laut der Forstverwaltung der Stadt von den Flammen bedroht. Auf Satellitenbildern wird das gesamte Ausmaß deutlich:

© dpa/Uncredited

Als die Dunkelheit der Nacht dem Tageslicht weicht, wird auch klar, dass mindestens fünf Menschen im Eaton-Feuer ihr Leben verloren haben. Innerhalb weniger Minuten gingen Häuser und Autos in Flammen auf. Das Feuer macht ganz Straßenzüge dem Erdboden gleich.

Ungläubig beobachten die Menschen, wie sich die Flammen Haus um Haus einverleiben. Die kalifornische Feuerschutzbehörde Cal Fire meldet am frühen Mittwoch einen vierten Großbrand. Mit bisher etwa 30 Hektar Fläche ist das Feuer im Stadtteil Van Nuys im Nordosten der Metropole bisher der kleinste der gemeldeten Brände.

© AFP/JOSH EDELSON

Auch am anderen Ende der Stadt, in Pacific Palisades, kämpfen Wehrleute mit allen Mitteln gegen das Feuer. Stars wie Jennifer Aniston, Bradley Cooper, Tom Hanks und Reese Witherspoon haben dort Häuser.

„Meine Gemeinde und möglicherweise auch mein Zuhause brennt“, schreibt Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis auf Instagram. Sie und ihre Familie seien in Sicherheit, aber viele ihrer Freunde würden ihr Zuhause verlieren. „Es ist eine schreckliche Situation.“ Dabei zeigt die Karte, dass die Brände im Vergleich zum damaligen Zeitpunkt flächenmäßig noch überschaubar sind:

© Quelle: AFP, Cal Fire | Grafik: Tsp7Bartel

In Malibu direkt am Strand brennen ganze Grundstücke nieder.

Wo sich das Feuer durchgefressen hat, wird langsam das Ausmaß der Zerstörung deutlich. Feuerwehrleute beginnen damit, die Trümmer zu räumen. Die Menschen kehren zurück zu den Trümmern, die bis eben noch ihr Zuhause waren. Dabei kommt es zu herzzerreißenden Szenen. So verbreitet sich etwa ein Video, in dem Casey Colvin, dessen Haus von den Flammen zerstört wurde, in den Trümmern seinen Hund Oreo wiederfindet:

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Wie gewaltig die Kräfte sind, die Wind und Feuer entfachen, belegen nicht nur niedergebrannte Straßenzüge, sondern auch umgestürzte Bäume.


Donnerstag, 9. Januar – Eine Katastrophe wie 9/11

Was Kameraleute mit Drohnen und in Hubschraubern an Bildern einfangen, nachdem die Flammen erloschen sind, wirkt apokalyptisch. Fotografen von Nachrichtenagenturen fühlen sich nach eigener Aussage an den 11. September 2001 erinnert. Damals hatten islamistische Terroristen mithilfe zweier gekaperter Flugzeuge die beiden Türme des New Yorker World Trade Centers zum Einsturz gebracht. Im weiten Umkreis wurden Häuser zerstört und eine Staubwolke stand über der gesamten Stadt.

© AFP/JOSH EDELSON

US-Präsident Joe Biden spricht an diesem Donnerstag angesichts der Zerstörung von den schlimmsten Bränden in der Geschichte Kaliforniens. Satellitenfotos vor und nach dem Brand dokumentieren die verheerenden Ausmaße.

In der Feuersbrunst haben nicht nur viele Prominente ihre Villen verloren. In Teilen von Pacific Palisades und auch im Bereich des Eaton-Feuers ist auch weniger Wohlhabenden häufig nichts von ihrem Besitz geblieben. Sie sind zum Teil auf Kleider- und Lebensmittelspenden angewiesen. Die Lagekarte zeigt, wie dramatisch sich die Brände bis dahin bereits verbreitet haben:

© Quelle: AFP, Cal Fire | Grafik: Tsp7Bartel


Freitag, 10. Januar – Vorher-Nachher-Bilder schockieren

Am vierten Tag nach dem Ausbruch der Brände steigt die Zahl der Getöteten auf zehn. Die Flammen haben sich trotz der unmittelbaren Nähe zum Wasser bis an den Strand entlang des Pacific Coast Highways gefressen.

Im Netz haben Vorher-Nachher-Bilder Konjunktur. Auf Plattformen wie X oder Instagram posten Menschen Fotos und Videos mit verkohlten Häuserresten am Sunset Boulevard, wo tags zuvor noch edel herausgeputzte Geschäftspassagen gestanden haben:

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Sonnabend, 11. Januar – Auch Nachbarländer eilen zur Hilfe

Die Hoffnung vieler Menschen, das Schlimmste könnte überstanden sein, lassen auffrischende Winde am Wochenende platzen. Die Brandbekämpfer sind nach wie vor voll gefordert – sowohl am Boden als auch aus der Luft.

Inzwischen beteiligen sich auch Feuerwehren aus Mexiko und Kanada am Kampf gegen die Flammen. Die Brände verschlechtern zusehends die Luftqualität. Die Gesundheitsbehörde des Verwaltungsbezirks Los Angeles rät den Bewohnern, ihre Wohnungen möglichst wenig zu verlassen. Wer im Freien arbeiten müsse, solle FFP2-Atemschutzmasken verwenden.

Um Plünderungen zu verhindern, gilt in Pacific Palisades und Altadena eine nächtliche Ausgangssperre. In der Nähe des Hauses von Vizepräsidentin Kamala Harris in Brentwood werden zwei Menschen wegen Verstoßes gegen die Ausgangssperre festgenommen. Zuvor erhält die Polizei laut Medienberichten Hinweise auf Einbrüche in der Gegend. Unsere Karte zeigt gelb markiert, welche Gegenden zu diesem Zeitpunkt bereits völlig zerstört sind:

© Quelle: AFP, Cal Fire | Grafik: Tsp7Bartel


Sonntag, 12. Januar – Brände sind noch lange nicht eingedämmt

Nach einer knappen Woche sind immer noch nicht alle Brände gelöscht. Feuerwehrleute versuchen sie weiter einzudämmen, bevor zunehmende Winde sie wieder anfachen.

Das Feuer in Pacific Palisades hat inzwischen eine Fläche von mehr als 95 Quadratkilometern zerstört und ist nach Angaben der „New York Times“ zu 14 Prozent eingedämmt. Beim Eaton-Feuer nahe Pasadena und Altadena sind mehr als 55 Quadratkilometer betroffen und ist demnach zu 33 Prozent unter Kontrolle.

Die Zahl der bestätigten Todesfälle steigt auf 24, weitere Menschen werden noch vermisst. Mehr als 100.000 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen und dürfen weiterhin nicht zurück.

Die Trümmer in den verwüsteten Straßenzügen wegzuräumen, könnte nach Schätzung von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom sechs bis neun Monate dauern. Mehr als 12.000 Gebäude sollen zerstört oder beschädigt sein:

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Armando Arorizo


Montag, 13. Januar – Schuldzuweisungen und kein Ende

Während die Feuer noch lodern, immer wieder neue ausbrechen, kehren andernorts weitere Menschen zu ihren zerstörten Häusern zurück. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom will ein Hilfsprogramm von 2,5 Milliarden Dollar auflegen, um die Schäden zu bekämpfen, Schulen wieder zu öffnen.

Tatsächlich beginnt an diesem Montag für tausende Kinder wieder der Unterricht, wo die Gebäude unversehrt sind. In Evakuierungszonen bleiben sie weiter geschlossen.

© AFP/FREDERIC J. BROWN

Ob auch der designierte US-Präsident Donald Trump das Katastrophengebiet besuchen wird, lässt er in der Nacht zu Dienstag offen. Stattdessen erhebt er schwere Anschuldigen gegen die Verantwortlichen in Kalifornien, die nicht vorbereitet gewesen seien.

Für Zehntausende auf der Flucht vor den Flammen dürften die Streitereien nebensächlich sein. Nach der Feuerkrise droht dem Großraum L.A. als Nächstes eine Wohnungskrise. Denn schon vor den Bränden war der Markt so hart umkämpft, wie an wenigen anderen Orten auf der Welt. 92.000 Menschen rund um Los Angeles sind derzeit noch aufgerufen, nicht in ihre Häuser zurückzukehren. Viele werden es niemals können.

Dienstag, 14. Januar – Ein neuer Brandherd kommt hinzu

In der Nacht zu Dienstag entzündet sich in der Katastrophenregion ein neues Feuer selbst. Ventura County, wo Feuerwehrleute versuchen, den neuen Brandherd einzudämmen, liegt rund 100 Kilometer nordwestlich von Los Angeles entfernt. Das Feuer ist mit rund 22 Hektar verglichen mit den übrigen recht klein. Bis zum frühen Dienstagmorgen können die Wehrleute es nach eigenen Angaben eingrenzen, aber nicht löschen.

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In Pacific Palisades haben die Flammen zu diesem Zeitpunkt 9700 Hektar Land verzehrt, in Eaton rund 5670 Hektar. Beim Versuch, der Brände Herr zu werden, kommt die Feuerwehr langsam voran. Im Prominenten-Vorort Palisades spricht Cal Fire von 17 Prozent, die man unter Kontrolle habe (Vortag: 14 Prozent). Das Eaton-Feuer sei zu 35 Prozent eingedämmt (Vortag: 33 Prozent).

Der Nationale Wetterdienst NWS erwartet für den Tag auffrischende Winde mit Böen von 70 bis 110 Kilometern in der Stunde. Wie an den Vortagen könnte das nicht nur die Feuer antreiben, sondern auch die Löscharbeiten aus der Luft erschweren. In einer aktuellen Warnung ist die Rede von „extrem kritischen“ Wetterbedingungen in Bezug auf die Feuergefahr. Die gefährliche Lage könne bis in den Mittwoch anhalten.

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