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Das „Sonnenblumenhaus“ in Rostock-Lichtenhagen, wo vor 30 Jahren rassistische Ausschreitungen stattfanden.

© Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Update

Er soll Hitler-Gruß gezeigt haben: Staatsschutz ermittelt nach Angriff auf Anwohner in Rostock-Lichtenhagen

Der linken Gruppierung „Alerta Berlin“ zufolge hatte der Mann aus seinem Fenster den Hitlergruß gezeigt. Er kam mit Hautreizungen ins Krankenhaus.

Nach dem Angriff mit einer unbekannten Flüssigkeit auf einen Anwohner in Rostock-Lichtenhagen hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Es bestehe der Verdacht einer politisch motivierten Straftat und der gefährlichen Körperverletzung, sagte ein Polizeisprecher am Montag in Rostock.

Hintergrund sei, dass etwa viereinhalb Stunden vor der Attacke ein Bild des Opfers auf dem Twitter-Account der antifaschistischen Gruppierung Alerta Berlin veröffentlicht worden war. Dort war behauptet worden, dieser Mann habe während einer Demonstration am Samstag in Lichtenhagen einen Hitlergruß gezeigt. Das sei aber auf der acht Sekunden währenden Videosequenz nicht genau zu erkennen.

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Der 25-jährige Mann war bei der Attacke am Samstagabend mit einer bisher unbekannten Flüssigkeit bespritzt worden, die starkes Brennen und Rötungen auf der Haut hervorrief. Nach Angaben der Polizei hatten vermummte Täter gegen das Wohnungsfenster des Opfers im Erdgeschoss des "Sonnenblumenhauses" geklopft.

Als der Bewohner das Fenster geöffnet habe, sei er mit der Flüssigkeit - die nach Chili- oder Tabascosoße gerochen haben soll - im Gesicht und am nackten Oberkörper besprüht worden. Die Täter flohen, der Mann kam in eine Klinik, die er am Sonntag wieder verlassen konnte.

Von Säure sei zunächst nicht zu sprechen, auch weil die Haut des Opfers keine Verätzungen aufwies. Die Flüssigkeit habe bei ihm ein starkes Brennen hervorgerufen, so die Polizei. Die Haut des Mannes sei an den betroffenen Stellen stark gerötet gewesen.

„Alerta Berlin“ veröffentlichte zuvor Video des Angriffsopfers

Ob das Tatmotiv im Zusammenhang mit einem Zwischenfall am Rande der Demonstration gegen Rassismus im Gedenken an die Ausschreitungen vor 30 Jahren steht, werde derzeit überprüft, teilte die Polizei am Sonntag mit.

Die linke Gruppierung „Alerta Berlin“ hatte am Samstag gegen 18.15 Uhr auf Twitter geschrieben, ein Mann habe aus einer Wohnung im „Sonnenblumenhaus“ heraus einen Hitlergruß gezeigt.

Bei dem Angegriffenen handelte es sich nach Polizeiangaben um einen 25-jährigen Deutschen. Eine Nahbereichsfahndung nach den Tätern sei erfolglos verlaufen. Die Kriminalpolizei ermittle wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung.

„Alterta Berlin“ hatte auf Twitter neben der Behauptung, ein Mann habe einen Hitlergruß gezeigt, ein Foto und ein Video gepostet. Auf beiden ist ein Mann zu sehen, der aus einem Fenster des „Sonnenblumenhauses“ schaut.

Ein Polizeisprecher bestätigte am Sonntag auf epd-Nachfrage, dass es sich bei dem zu sehenden Mann um das spätere Angriffsopfer und bei der Wohnung um den Tatort handelt. Der Sprecher wies darauf hin, dass weder auf dem Foto noch in dem Video ein Hitlergruß zu sehen sei.

Die Polizei ermittelt nun nicht nur, ob es einen Zusammenhang zwischen den Aufnahmen und der Tat gibt, sondern auch, ob tatsächlich jemand den Hitlergruß während der Erinnerungsveranstaltung gezeigt hatte.

Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen hatten am Samstag mehrere Tausend Menschen friedlich an die rassistisch motivierten Ausschreitungen vor 30 Jahren erinnert. Rund 3.600 Menschen hatten sich laut Polizei gegen 14 Uhr in Lichtenhagen versammelt.

Auch 13-Jähriger zeigte mutmaßlich den Hitlergruß

Dabei war es zu einem weiteren Zwischenfall gekommen. Ein 13-Jähriger hatte vor laufender Kamera mutmaßlich den Hitlergruß gezeigt. Wie die Polizei mitteilte, war der Jugendliche am Donnerstagvormittag im Stadtteil Lichtenhagen auf einem Fahrrad hinter einem Reporter in eine Aufzeichnung gefahren und hatte dabei „den rechten Arm“ gehoben. Die Journalisten meldeten dies umgehend der Polizei, die den 13-Jährigen in der Nähe aufgreifen konnte. Rostocks Polizeichefin Anja Hamann hatte von einem "beschämenden Vorfall" gesprochen, dessen Hintergründe ermittelt würden.

Vom 22. bis zum 26. August 1992 hatten Hunderte Jugendliche und Erwachsene die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber im „Sonnenblumenhaus“ und ein benachbartes Wohnheim belagert. 150 Menschen gerieten in Lebensgefahr, nachdem das Wohnhaus der ehemaligen vietnamesischen DDR-Vertragsarbeiter in Brand gesetzt worden war. Mehr als 200 Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer. (epd, dpa)

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