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Natur pur. Safaris waren bislang ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Doch die Buchungen sind fast um die Hälfte zurückgegangen.

© REUTERS

Tourismus in Afrika: Urlauber fürchten Terror und Ebola - dabei ist die Gefahr gering

Kenia, Südafrika und Namibia gelten als beliebte Urlaubsorte. Doch mit dem Tourismus geht es bergab Besucher fürchten Terror und Ebola – auch wenn beides für Ausländer keine ernsthafte Gefahr bedeutet.

Blütenweiße Strände soweit das Auge reicht, Sonnenschein pur und gleich nebenan weltberühmte Naturparks, die mit ihrer Vielfalt und Fülle an Tieren zu den beliebtesten der Welt zählen. Eigentlich müssten Touristen von der Nordhalbkugel gerade jetzt, wo es dunkel und kalt ist, in Scharen nach Kenia strömen, um in den luxuriösen Safari-Unterkünften am Indischen Ozean oder in den Savannen im Landesinneren Urlaub zu machen.

Doch die Realität ist eine ganz andere: Viele der Resorts an der Nordküste, aber auch in den Wildparks wirken derzeit verwaist. Die Angst vor Ebola belastet das Tourismusgeschäft in Afrika – auch fernab der eigentlichen Ebola-Gebiete im Westen des Kontinents. Reiseveranstalter berichten von einem starken Rückgang der Buchungen. SafariBookings.com, eine auf derartige Reisen spezialisierte Agentur, spricht nach einer Erhebung unter mehr als 500 Safaribetreibern von einem Rückgang der Buchungen um fast die Hälfte.

Zwar leidet Kenia derzeit auch unter der Angst vor dem Terrorismus, seitdem aus dem Nachbarland Somalia stammende Islamisten zunächst ein beliebtes Einkaufszentrum in der Hauptstadt Nairobi und vor Kurzem auch Dörfer an der Nordküste überfallen haben. Viele westliche Regierungen warnen inzwischen ausdrücklich vor Reisen in einzelne Regionen wie die populäre Nordküste oder Mombasa. Aber auch in Kenia ist Ebola ein wichtiger Faktor, der Touristen von einem Besuch des Landes abhält.

Selbst Südafrika ist betroffen

Selbst das noch viel weiter vom Ebolazentrum entfernte Südafrika ist betroffen. Nach Angaben von Michael Bentele, dem langjährigen Europa-Chef des nationalen Carriers South African Airways, haben Fluggäste für Januar bis Mai 2015 rund 93 000 Flüge von Deutschland nach Südafrika gebucht – mehr als zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Ein Vergleich ist schon deshalb legitim, weil die allermeisten Flugreisenden drei bis sechs Monate im Voraus buchen. Angesichts des anhaltend günstigen Wechselkurses für Touristen am Kap führt Bentele dies eindeutig auf die Ebola-Epidemie und die damit verbundenen irrationalen Ängste vor einer Ansteckung zurück. Aber auch andere Anbieter wie etwa Dertour oder Meier’s Weltreisen berichten, dass Buchungen in das Südliche Afrika aufgrund von Ebola stark rückläufig seien, obwohl in den Ländern der Region bislang kein einziger Fall bekannt wurde.

Im Kampf gegen die Seuche gibt es in den betroffenen Ländern erste Erfolge.
Im Kampf gegen die Seuche gibt es in den betroffenen Ländern erste Erfolge.

© dpa

Das tödliche Virus war im vergangenen Jahr in einzelnen westafrikanischen Ländern ausgebrochen. Bislang wurden nach Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als 22 000 Infektionen registriert. Fast 9000 Menschen sind bis Anfang Februar nach offiziellen Angaben der Seuche zum Opfer gefallen. Allerdings geht die WHO von einer hohen Dunkelziffer auf.

Dennoch gilt die Sorge vor Ebola unter Afrika-Kennern in den meisten Ländern des Kontinents als unbegründet. Kenia etwa liegt mehr als 5000 Kilometer vom Epizentrum der Epidemie entfernt und hat wie die beliebten Urlaubsländer Südafrika, Botswana oder Namibia bis heute keinen einzigen Ebola-Fall registriert. Zudem hat der ostafrikanische Staat, der nun vor allem unter seinem Ruf als Verkehrsdrehscheibe des Kontinents leidet, seine Landesgrenzen seit sechs Monaten für Reisende aus den noch heute betroffenen drei Ländern Liberia, Guinea und Sierra Leone geschlossen.

Fast alle Beobachter sprechen deshalb von einer Überreaktion: Stefano Cheli, Gründer des in Nairobi ansässigen Touranbieters Cheli & Peacock, konnte dies Ende vergangenen Jahres auf einer Marketingreise nach Australien und Hong Kong beobachten: Gerade die Kunden im Fernen Osten hätten eine Heidenangst wegen des Ebola-Virus und scherten oft alle 48 Länder des Kontinents einfach über einen Kamm. Für viele ist Afrika offenbar kein Kontinent, sondern ein Land.

Tierschützer sind auf Einnahmen angewiesen

Der Tourismuseinbruch ist weniger für die relativ flexiblen westlichen Reiseanbieter ein massives Problem, sondern vielmehr für die Afrikaner. Beispielsweise sind Tierschützer in den Naturparks auf die Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen. Direkt oder indirekt steuert der Fremdenverkehr inzwischen rund zehn Prozent zum Bruttosozialprodukt der 48 Länder südlich der Sahara bei und hält dadurch Millionen von Menschen in Lohn und Brot. 170 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 150 Milliarden Euro) werden damit jährlich umgesetzt. 2013 besuchten 36 Millionen Menschen Afrika – ein Anstieg von sechs Prozent gegenüber 2012. Doch seit dem Ausbruch der Ebola-Epidemie und der Zunahme terroristischer Überfälle in Ostafrika geht es mit dem Tourismus bergab.

Für eine grundsätzliche Entwarnung ist es in den von Ebola betroffenen Staaten schon deshalb noch zu früh, weil es dort in der letzten Januarwoche erstmals in diesem Jahr wieder zu einem leichten Anstieg neuer Krankheitsfälle auf insgesamt 125 kam. Dennoch sinkt die Zahl der Infektionen in den drei Ländern stark und liegt weit hinter dem Horrorszenario von mehr als einer Million Infektionen, das die US-Seuchenbehörde noch vor einem Vierteljahr gezeichnet hatte.

In Liberia stehen die erst vor Kurzem von amerikanischen Soldaten neu gebauten Behandlungszentren nun zum Teil sogar fast leer. Und in Guinea haben inzwischen sogar wieder die Schulen geöffnet. Die Tourismusbranche hofft, dass diese positive Entwicklung anhält. Einen Lichtblick gibt es für Manager Michael Bentele bereits: Seit Jahresbeginn hat sich die Zahl der Vorausbuchungen bei der Fluglinie South African Airways seinen Angaben zufolge wieder langsam erhöht.

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