
© dpa / Foto: Kay Nietfeld
Lindners Kritik an ARD und ZDF: Populismus, aber eben nicht nur
In der Kritik des Finanzministers an den Öffentlich-Rechtlichen stecken berechtigte Forderungen. Für ihn hat die Diskussion einen Vorteil – und einen großen Nachteil.

Stand:
Christian Lindner ist Bundesfinanzminister. Ein herausforderndes Amt, ein zentraler Regierungsposten. Wann immer es ums Geld geht, ist der Minister der FDP gefragt. Und es geht immer ums Geld, gerade in Zeiten rasant steigender Energiepreise, in der Diskussion um Entlastungspakete und deren Finanzierung. Bundesfinanzminister – ein Fulltime-Job, 24/7.
Aber ein Christian Lindner kann Multitasking. Offensichtlich hat er am Montag viel ferngesehen und dabei festgestellt: „Dass ARD, ZDF und Phoenix live und parallel vom Begräbnis der Queen aus London senden und mit jeweils eigenem Personal in London sind, belegt anschaulich, dass es erhebliches Einsparpotenzial gibt“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Beitragserhöhungen auszusetzen würde aus seiner Sicht die Menschen in einer Zeit rapide steigender Preise entlasten. Es diene zugleich als Anreiz für die Anstalten, schlanker zu werden und sich auf ihren Kernauftrag zu konzentrieren, fügte er hinzu und sagte: „Ich bin mir sicher, dass durch Kooperation hohe Summen gespart werden können, ohne dass sich dies am Programm negativ bemerkbar macht.“
Am Wochenende hatte Lindner in der „Bild am Sonntag“ für eine Selbstverpflichtung zur Gehaltsdeckelung für das Spitzenpersonal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks plädiert „Ich bin gegen jede Neid-Debatte, aber kein Intendant sollte mehr verdienen als der Bundeskanzler“, sagte der FDP-Chef.
Lindner hat in der Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen großen Nachteil und einen großen Vorteil. Rundfunk in Deutschland fällt allein in die Zuständigkeit der Länder, die Bundespolitik hat keinerlei Mitbestimmungs- noch Mitspracherechte.
Die Grenzen zum Populismus sind fließend
Natürlich sitzen auch FDP-Vertreter in den Gremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio, doch gilt die Erfahrung, dass Vertreter aus der Politik samt und sonders sehr leise sind, wenn „ihre“ Anstalt von möglichen Kürzungen und Verschlankungen bedroht sein könnte. Oder hat jemand schon gehört, dass Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) dem RBB Beitragsgelder streichen will, möchte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Zweiländeranstalt beschneiden?
Rundfunkbeitrag und Intendantengehälter sind ein Gesellschaftsthema. Da sind die Grenzen zum Populismus fließend. Nicht eben zufällig, dass der mit großem Pomp heiratende und nicht mit allergrößter Empathie für den darbenden Mitmensch gesegnete FDP-Politiker dieses Thema für sich erkannt hat. Lässt sich damit nicht Stimmung machen und sogar Stimmen bei der anstehenden Niedersachsen-Wahl holen?
Einerseits. Andererseits machen es die öffentlich-rechtlichen Sender ihren (FDP-)Kritikern zu leicht. Was wäre dem Fernsehpublikum entgangen, wenn nur die ARD das Queen-Begräbnis übertragen hätte? Das ZDF kann ja, wenn die Krönung von Charles III. ansteht, übernehmen. Natürlich sind ARD und ZDF journalistische und publizistische Konkurrenten, allein, es gibt genug Ereignisse, wo aus dem Wettbewerb nur überflüssige, kostspielige Dopplungen erwachsen.
Christian Lindner, Finanzminister und Fernsehkritiker in einer FDP-Person, wird nicht lockerlassen, das allgemein interessierende und jeden betreffende Thema des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist zu verlockend, um Beifall abzuholen. Der Lindner-Shuffle ist quasi ein Testlauf, welche öffentliche Wirkungskraft Rundfunkbeitrag und Intendantengehälter besitzen.
Die Führungsspitzen wie auch die Aufsichtsgremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio sollten dessen Erlebnis nicht abwarten. Zeigen sie keine Initiative, die zu einer Doppelhelix aus schlanker Anstalt und Public-Value-Leistung führt, wird es für sie gefährlich. Christian Lindner führt nämlich vor, was in diesem Thema in diesen Zeiten steckt: eine Abkürzung vom Rand der Politik ins Zentrum der Rundfunkpolitik. Zeitenwende der öffentlich-rechtlichen Art.
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