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Aktionsplan „Queer leben“ der Bundesregierung: Sven Lehmann sieht große Fortschritte
Der Bericht der Bundesregierung zeigt, dass weit über die Hälfte der Maßnahmen aus dem Aktionsplan umgesetzt wurden oder in Arbeit sind. Die jedoch ausstehende Reform des Abstammungsrechts ärgert den Queerbeauftragten Sven Lehmann.
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Es ist eines der wichtigsten Projekte des Queerbeauftragten Sven Lehmann: der Aktionsplan „Queer leben“, der die Akzeptanz und den Schutz von Menschen aus der LGBTIQ-Community in Deutschland verbessern soll. Vom Bundeskabinett im November 2022 verabschiedet, wurden unter Beteiligung von 78 Verbänden und Initiativen insgesamt 134 Maßnahmen festgelegt, um dieses Ziel zu erreichen.
Jetzt liegt der Bericht zur Umsetzung des Aktionsplans vor und zeigt, dass 83 der beschlossenen Maßnahmen bereits umgesetzt wurden oder in Arbeit sind. Sven Lehmann sieht das laut einer Stellungnahme zu dem Bericht als eine „sehr erfreuliche“ Bilanz.
An erster Stelle der verwirklichten Pläne steht die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes, das die Änderung des Geschlechtseintrags erleichtert. Außerdem wurde gegen die Diskriminierung von Männern, die mit Männern Sex haben, bei der Blutspende vorgegangen und die rechtliche Situation von queeren Geflüchteten verbessert.
Zudem wurden durch den Aktionsplan zahlreiche Projekte, Ausstellungen und Veranstaltungen gefördert, die zur Sichtbarkeit und Stärkung queerer Menschen beitragen. Es wurden beispielsweise Awareness- und Aufklärungskampagnen etwa zur Förderung der sexuellen Gesundheit durchgeführt, Handreichungen zum Schutz vor Konversionsbehandlungen erstellt und queere Senior*innenverbände gefördert.
Sven Lehmann führt in seiner Stellungnahme an, dass Deutschland aufgrund der Maßnahmen des Aktionsplans im Regenbogen-Ranking von ILGA Europe im Jahr 2024 erstmals zu den Top Ten in Europa zählt und innerhalb der Europäischen Union Platz acht bei der Gleichstellung von LGBTIQ erreicht hat.
Kein Diskriminierungsschutz für Queers im Grundgesetz
Zu den Punkten des Aktionsplans, die nicht umgesetzt werden konnten, gehört die Reform des Abstammungsrechts. Diese hätte unter anderem dazu geführt, dass in lesbischen Ehen geborene Kinder automatisch zwei rechtlich anerkannte Elternteile haben – und nicht mehr von der Co-Mutter adoptiert werden müssen. Dieser Missstand besteht fort, wozu Sven Lehmann sagt: „Es ärgert mich sehr, dass Regenbogenfamilien weiterhin durch das Abstammungsrecht ignoriert werden. Hier ist zu viel Zeit vergeudet worden.“
Lehmann mahnt an, dass diese Reform sofort nach der Bundestagswahl zum Abschluss gebracht werden solle. Chancen, dass es vorher noch klappt, sieht er also offenbar keine mehr. Ebenfalls gescheitert ist das Vorhaben, den Diskriminierungsschutz für LGBTIQ in Artikel 3 im Grundgesetz zu verankern. Es bleibe also sehr viel zu tun, so der Queerbeauftragte, „damit alle Menschen verschieden sein können – aber gleich an Rechten und Würde“.
Ob Lehmann daran weiter in seiner jetzigen Funktion mitwirken kann und ob die nächste Bundesregierung seinen von der Ampel-Koalition erstmals geschaffenen Posten überhaupt behält, wird sich im kommenden Jahr zeigen. Sein Wunsch, dass der Aktionsplan „unbedingt verstetigt“ werden müsse, könnte in einer neuen politischen Konstellation unter die Räder geraten.
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