zum Hauptinhalt
Teilnehmende des 30. Budapest Pride, die friedlich durch die ungarische Hauptstadt zogen.

© Reuters/Lisa Leutner

Bis zu 200.000 Teilnehmer: Budapest Pride sendet Regenbogen-Botschaft an Orbán

Ausgelassene Stimmung, Rekordbeteiligung, wenige Störer: Der 30. Budapest Pride ist am Samstag durch die ungarische Hauptstadt gezogen.

Stand:

„Freiheit und Liebe können nicht verboten werden!“ So steht es Blau auf Gelb in ungarischer und englischer Sprache auf dem Banner an der Spitze der 30. Budapest-Pride-Demonstration, die von der Polizei verboten worden war.

Trotzdem sind Zehntausende Menschen gekommen, um durch die ungarische Hauptstadt zu ziehen und für queere Rechte zu demonstrieren. Bei warmem Sommerwetter ist die Stimmung ausgelassen und fröhlich. Es werden Regenbogenflaggen geschwenkt, auch die hellblau-weiß-rosafarbene Transflagge sowie vereinzelte Europaflaggen sind zu sehen.

Als großartig und sehr bewegend bezeichnet die Berliner Publizistin Carolin Emcke die Atmosphäre während der Demonstration am Telefon gegenüber dem Tagesspiegel. „Es ist berührend zu sehen, was möglich ist, wenn man sich nicht einschüchtern lässt.“

Ihr Eindruck sei auch, dass viele Menschen gekommen seien, um gegen Ministerpräsident Viktor Orbán zu protestieren, dessen Regierung im April die gesetzliche Grundlage für das Pride-Verbot gelegt hatte.

Gegendemonstranten mit Bibel und Kreuz laufen in die Parade

Von den angekündigten rechtsradikalen Gegendemonstrationen ist beim Pride-Umzug zunächst wenig zu bemerken. „Es gibt vereinzelt rechte Störer, die aber eher einen versprengten Eindruck machen“, sagt Daniel Bache, einer der Sprecher von „Die Linke queer“, die mit einer Gruppe nach Budapest gekommen ist, dem Tagesspiegel.

An einer Stelle im Demonstrationsverlauf habe dann allerdings nur ein Polizeispalier die Teilnehmenden von den rechten Protestierern getrennt. „Das war etwas unangenehm“, sagt Bache, es sei dann aber ruhig weitergegangen. Weil Gegendemonstrierende eine Brücke blockierten, wurde der Zug allerdings umgeleitet.

Es ist berührend zu sehen, was möglich ist, wenn man sich nicht einschüchtern lässt.

Carolin Emcke, Berliner Publizistin, während des Budapest Pride.

Carolin Emcke, die Anfang Juni mit anderen queeren Prominenten eine Protest-Initiative gegen das Pride-Verbot gestartet hatte, bemerkte nur eine geringe Polizeipräsenz an der Strecke. Gewalttätige Protestierer begegneten ihr nicht, allerdings sei ein Grüppchen „mit Kreuz und Bibel einmal mitten durch die Demo gelaufen, was ich eher mutig von denen fand“.

Bürgermeister Gergely Karacsony lief in der ersten Reihe mit

Sowohl Emcke als auch Bache sind beeindruckt von der Größe der Demo. Bache schätzt, dass die vom Organisations-Team erhoffte Teilnehmenden-Zahl von 50.000 weit übertroffen worden sei. Agenturfotos der Demonstration bestätigen diesen Eindruck.

Der Linken-Politiker bezeichnet die Veranstaltung deshalb als „Demütigung für die extreme Rechte in Ungarn“ und lobt ihren politischen Charakter. Eine Sprecherin des Pride spricht von geschätzten 180.000 bis 200.000 Menschen auf der Demo.

Der Budapest Pride beim Überqueren der Donau.

© AFP/ATTILA KISBENEDEK

Während Orbán den Veranstaltenden und Teilnehmenden mit rechtlichen Konsequenzen gedroht hatte, widersetzte sich der Budapester Bürgermeister Gergely Karacsony von der Grünen Partei dem Verbot. Er hatte die Parade zu einer städtischen Feier erklärt, die ohne Genehmigung stattfinden könne – und lief in der ersten Reihe hinter dem Demobanner bei der Parade mit.

Nach Angaben der Organisatoren kamen Teilnehmer aus 30 Ländern, darunter 70 Mitglieder des Europäischen Parlaments. Die Botschaften von mehr als 30 Staaten hatten ihre Unterstützung der Demonstration erklärt. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte Ungarn aufgefordert, die Parade zuzulassen.

Auch Oppositionsführer Peter Magyar, dessen Partei in Umfragen zuletzt vor der Regierungspartei Fidesz lag, erklärte am Samstag auf Facebook: Orbáns Ziel sei die Spaltung der Ungarn. „Die Aufgabe eines politischen Anführers besteht nicht darin, Hass zu schüren. Er sollte nicht spalten und aufhetzen, sondern allen unseren Landsleuten die Hand reichen und sie schützen.“ (mit AFP, KNA)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })