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Bundesweites Queerfilmfestival: Abenteuer im Weltraum und Sex in der Sauna
Ab Donnerstag findet in elf Städten, darunter Berlin, das Queerfilmfestival statt. Es präsentiert ein abwechslungsreiches Programm mit vielen Berlinale-Highlights. Ein Überblick.
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Erst abgelehnt und dann ausgezeichnet: So lief es im Februar für Rosa von Praunheim mit seinem Film „Die satanische Sau“, den die Berlinale zunächst nicht in ihrer Panorama-Sektion zeigen wollte, sich in letzter Minute anders entschied – und das Werk am Ende sogar den Teddy Award in der Kategorie Dokumentarfilm gewann.
Zur Preisverleihung kam der 82-jährige Regisseur in Begleitung des dicken Plüschschweinchens, das auch gleich in der ersten Szene seines neuen Films zu sehen ist. Die wilde Collage aus Archivmaterial, Spielszenen und aktuellen Dokumentaraufnahmen dreht sich um das bewegte Leben des Berliner Filmemachers und Künstlers, der sich von Armin Dallapiccolla spielen lässt – und natürlich von der flauschigen Sau.
Wer das Werk auf der Berlinale verpasst hat, bekommt beim siebten bundesweiten Queerfilmfestival (4.-10. September) eine zweite Chance. Das gilt auch für eine ganze Reihe weiterer queerer Berlinale-Filme, die auf dem parallel in elf Städten (in Berlin im Delphi Lux) stattfindenden Festival laufen.
So ist etwa am Donnerstagabend mit „Lesbian Space Princess“ der Spielfilm-Teddy-Gewinner zu sehen. Die quietschbunt-witzige Animation von Emma Hough Hobbs und Leela Varghese voller popkultureller Anspielungen handelt von einer Weltraumprinzessin, die auf eine intergalaktische Reise geht, um ihre Ex-Freundin aus den Fängen sogenannter Straight White Maliens zu retten. Diese werden von weißen Rechtecken dargestellt, haben starke Incel-Vibes und agieren wunderbar behämmert.

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Weitere Highlights aus dem aktuellen Berlinale-Jahrgang sind der brasilianische Erotikthriller „Night Stage“, das in einem britischen Abschiebeknast angesiedelte Drama „Dreamers“, der kroatische Coming-of-Age-Film „Mauern aus Sand“ sowie Ira Sachs‘ experimenteller Künstlerfilm „Peter Hujar’s Day“, in dem Ben Whishaw eine beeindruckende Performance in der Titelrolle abliefert.
Auch jenseits der Berlinale-Perlen hat das Queerfilmfestival, das vom Salzgeber Verleih und von Missing Films organisiert wird, spannende Werke im Programm. Dazu gehört etwa Rohan Parashuram Kanawades „Kaktusfrüchte“, der von einem Schwulen aus Mumbai erzählt. Als dessen Vater stirbt, kehrt er für die zehntägige Trauerzeit in sein Heimatdorf zurück. Dort wird er ständig von Familienmitgliedern bedrängt, endlich zu heiraten.
Der Enge und Dunkelheit des Hauses entflieht der junge Mann auf Spaziergängen mit einem ebenfalls unverheirateten Kindheitsfreund. Das in ruhigen Bildern inszenierte Drama basiert auf Erfahrungen des Regisseurs und eröffnet einen seltenen Einblick in die Lebensrealität unterprivilegierter Queers in der indischen Provinz.

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Mitten ins pulsierende Paris führt hingegen „Love Me Tender“ von Anna Cazenave Cambet, die das gleichnamige autofiktionale Buch von Constance Debré adaptiert hat. Vicky Krieps (in „Hot Milk“ derzeit in einer weiteren queeren Rolle zu sehen) spielt die Hauptfigur, die nach der Trennung von ihrem Mann lesbisch lebt – und um das Sorgerecht für ihren Sohn kämpft. Gegenüber der Vorlage tritt die radikale persönliche Transformation der Ex-Anwältin in den Hintergrund, was den Film etwas zäher macht als das temporeiche Buch. Woran leider auch die Sexszenen wenig ändern.
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Schwuler Sex ist beim Queerfilmfestival reichlich vertreten, unter anderem in der US-Produktion „Drunken Noodles“, dem in Hongkong angesiedelten Schwarzweiß-Film „Queerpanorama“ sowie in Mathias Broes Debüt „Sauna“. Das erzählt, wie sich ein cisgeschlechtlicher Kopenhagener Saunaangestellter in einen trans Mann verliebt.
Im Programm, das insgesamt 18 Filme umfasst, befindet sich überdies wieder ein Klassiker. Diesmal ist es „Amazing Grace“ von Amos Guttman aus dem Jahr 1992, der in einer digital restaurierten Fassung zu sehen sein wird.
Die Geschichte um den aus New York nach Israel zurückgekehrten Jonathan gilt als erster Film, der sich mit den Folgen der Aids-Epidemie auf die israelische Gesellschaft beschäftigte – zugleich ist er das Vermächtnis des Regisseurs: Er starb 1993 mit 38 Jahren an den Folgen des Virus. „Amazing Grace“ bewahrt Guttmans widerständigen Geist – und seinen Sinn für poetisch-melancholische Bilder.
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