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Demonstration für die Rechte von trans Menschen (Symboldbild).

© IMAGO/ZUMA Press Wire

„Die Angst in der Community ist groß“: Trans Personen fürchten Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes durch Union

Die Union will das Selbstbestimmungsgesetz rückgängig machen, das löst große Sorgen bei queeren Verbänden aus. Die SPDqueer fordert die eigene Partei auf, eine Koalition nicht auf Kosten queerer Rechte einzugehen.

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Julia Monro ist besorgt. Die trans Frau, die Aktivistin und unter anderem im Vorstand des Verbands Queere Vielfalt (ehemals LSVD) ist, hat seit einigen Wochen immer wieder beängstigende Gedanken: Dass Friedrich Merz und die CDU sie dazu zwingen, ihre Transition rückgängig zu machen. „Ich habe eigentlich immer einen ruhigen, ausgeglichenen Schlaf, aber neuerdings begleiten mich die politischen Ereignisse in die Nacht.“

Hintergrund ist die Ankündigung der CDU, das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen zu wollen. Das SBGG wurde im vergangenen November eingeführt und ermöglicht es trans Personen, unkompliziert ihren Vornamen und Geschlechtseintrag zu ändern. Davor brauchten diese Menschen mehrere psychologische Gutachten. Umso größer war die Erleichterung in der Community, als das SBGG endlich in Kraft trat.

„Doch der ganze Fortschritt könnte rückgängig gemacht werden, nun, da Friedrich Merz Kanzler wird“, sagt Monro. „Die Angst in der Community ist groß. Viele bekommen die Ereignisse in den USA mit, wie trans Menschen gezwungen werden, Reisepässe mit dem falschen Geschlechtseintrag anzunehmen.“

Sie selbst erhält E-Mails von Menschen aus den USA, die das Land verlassen und nach Deutschland reisen wollen. „Aber selbst hier in Deutschland planen bereits einige in meinem Umfeld auszuwandern und informieren sich über Länder, in denen sie sich als trans Personen sicher fühlen können. Es gibt eine reale Angst, die uns alle beschäftigt.“

Sollte das SBGG tatsächlich wieder abgeschafft werden, wäre das fatal, meint Monro. „Dann bräuchten wir wieder Gutachten, die uns attestieren, dass wir trans sind, um unseren Geschlechtseintrag ändern zu können. Das hätte mit Selbstbestimmung nichts zu tun und würde an den Bedürfnissen von trans Personen vorbeiführen.“

Monro setzt nun vor allem auf die SPD, die das SBGG gemeinsam mit den Grünen und der FDP verabschiedet hatte. „Ich hoffe, dass sie in den Koalitionsverhandlungen ihr Wort hält und uns trans Menschen nicht verkauft. Aber ich habe große Angst, dass wir bei den Verhandlungen vernachlässigt werden.“

Bereits beim Gewalthilfegesetz, das zu Beginn des Jahres verabschiedet wurde, habe die CDU/CSU Druck ausgeübt, damit das Merkmal „Geschlechtsidentität“ aus dem Gesetz gestrichen werde – und die SPD habe sich drauf eingelassen. „Wir sind verzichtbar, eine Minderheit, die viele nicht auf dem Schirm haben“, so Monro. Ihr Verband Queere Vielfalt/LSVD+ forderte daher bereits am Montag, dass Queerpolitik bei den Koalitionsverhandlungen nicht unter den Tisch fallen dürfte.

Die SPDqueer hat die eigene Partei bereits davor gewarnt, eine Koalition mit der Union auf Kosten von queeren Rechten einzugehen. „Wir haben in unserem Wahlprogramm klar betont, dass es mit der SPD keinen Rückschritt bei den queerpolitischen Errungenschaften in unserem Land geben wird“, erklärte Oliver Strotzer, Co-Vorsitzender der SPDqueer.

Das gelte insbesondere für das Selbstbestimmungsgesetz. Die SPDqueer werde darauf achten, dass queere Rechte bei der Regierungsbildung nicht auf der Strecke bleiben.

Auch der Berliner Queerbeauftragte Alfonso Pantisano (ebenfalls SPD) forderte seine Partei auf, dass der Schutz queerer Menschen nicht zum Nebenschauplatz werden dürfe. Es brauche dafür eine eigene Verhandlungsgruppe und „keine Besprechung am Beistelltisch“.

Die Idee einer eigenen Arbeitsgruppe würde auch Monro begrüßen. „Das würde sicherstellen, dass wir nicht vergessen werden. Eine komplette Gruppe ist schwerer wegzudiskutieren als ein mitgemeintes Thema.“

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