zum Hauptinhalt
Elias (Lou Goossens, l.) und Alexander (Marius De Saeger) sind seit kurzer Zeit Nachbarn.

© Salzgeber

Erste Liebe unter Jungs: „Young Hearts“ ist ein zarter Coming-out-Film

Der belgische Regisseur Anthony Schatteman erzählt in seinem Debütspielfilm von einem Jungen, der sich in seinen Mitschüler verliebt. „Young Hearts“ ist liebevoll und ermutigend inszeniert.

Stand:

Honigsüß, zart und frei – so beschreibt der flämische Schlagersänger Luk Montero die erste Liebe in seinem neuen Sommerhit. Sein 14-jähriger Sohn Elias (Lou Goossens), der oft im Publikum sitzt, wenn er das Lied auf den Bühnen der belgischen Provinz singt, kennt diese Gefühle noch nicht. Mit seiner Freundin Valerie scheint er das Paarsein mehr zu spielen, als wirklich mit dem Herzen dabei zu sein.

Doch dann zieht der gleichaltrige Alex (Marius De Saeger) mit seiner Familie ins Nachbarhaus und plötzlich ist alles anders. Alex kommt aus Brüssel, trägt Nagellack und scheut sich nicht, davon zu erzählen, dass er schon mal in einen Jungen verliebt war.

Sichtlich fasziniert, lässt Elias sich von ihm zeigen, wie man eine kleine Melodie auf dem Klavier spielt und tollt mit ihm auf dem Hof seines Opas herum. Nachdem Alex Elias eines Tages einen Kuss auf den Mund gegeben hat, will der nur noch mit ihm zusammen sein.

Den Film gedreht habe, den er als Kind gern gesehen hätte

Die Honigsüße aus dem Song seines Vaters ist trotzdem noch weit entfernt. Erstmal überwältigen Verwirrung und Scham den Jungen, der in seiner Freundesclique nicht auffallen will. Das wiederum irritiert Alex.

Der 1989 geborene Anthony Schatteman erzählt diese zarte Coming-of-Age-Geschichte in seinem Debütspielfilm „Young Hearts“ mit viel Wärme und Einfühlsamkeit. Basierend auf seinem eigenen Leben schrieb er dafür auch das Drehbuch, verfilmt wurde es größtenteils in seinem Heimatort. Auf der Berlinale, wo im vergangenen Jahr die Weltpremiere stattfand, sagte der Regisseur, dass er den Film gedreht habe, den er als Kind gern gesehen hätte.

Inzwischen gibt es auf den Bildschirmen und Leinwände zwar häufiger queere Teenager, allerdings sind sie meist etwas älter, wie etwa in André Téchinés „Mit siebzehn“ oder den Serien „Sex Education“ und „Heartstopper“. Deshalb spielt dort oft die Sexualität eine wichtige Rolle, was bei Schatteman noch überhaupt kein Thema ist. Hier geht es ganz allein um die ersten Verliebtheitsgefühle, die aber bereits mit der Erkenntnis des Andersseins einhergehen.

Näher kommt „Young Hearts“ dem Drama „Closer“ von 2023, in dem Lukas Dhont – ein guter Freund Schattemans, der ihn beraten hat – von zwei 13-jährigen Schulfreunden erzählte. Ebenfalls in der belgischen Provinz angesiedelt, verläuft die Handlung jedoch weitaus tragischer und ist in ihrem vieles im Vagen haltenden Andeutungsreichtum eher an ein älteres Publikum gerichtet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Geradliniger und vor allem positiver geht es in „Young Hearts“ zu. Es ist stets absehbar, dass dieser Sommer für Elias nicht in einer Katastrophe endet. Und das ist auch gut so!

Wichtige, ermutigende Bilder für für queere Jugendliche

Tränen muss der blonde Protagonist in einer ungemein berührenden Coming-out-Szenen gleichwohl einige vergießen. Was durchaus realistisch wirkt und darauf verweist, dass es selbst für einen westeuropäischen Mittelschichtsjungen noch immer keine Bagatelle ist, zu seiner Queerness zu stehen.

In queeren Coming-of-Age-Filmen war dieser Aspekt jüngst eher in den Hintergrund gerückt, Coming-out-Szenen schienen angesichts des gesellschaftlichen Fortschritts und weltweiter Vernetzung quasi obsolet. Bedenkt man, dass das Suizidrisiko für queere Jugendliche weiterhin höher ist als das von cis-heterosexuellen Teenagern, kann das wohl als Wunschvorstellung gelten.

Um so wichtiger ist es in Zeiten von zunehmenden Angriffen auf die LGBTIQ-Community, dass es für deren junge Mitglieder ermutigende Bilder gibt.

„Young Hearts“ ist voll davon. So wird Elias im richtigen Moment von seinem fabelhaften Großvater unterstützt und seine Mutter reagiert absolut liebevoll auf sein Outing. Dass sein etwas egozentrischer Vater zwar die ganze Zeit von der ersten Liebe singt, aber über das Innenleben seines jüngeren Sohns lange wenig mitbekommt, balanciert den sonst vielleicht kitschgefährdeten Film gut aus.

Ein kleiner Seitenhieb auf Anthony Schattemans Vater könnte es zudem sein – der war tatsächlich ein bekannter Sänger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })