
© Tagesspiegel/Mario Heller
Klaus Lederer über den Berliner CSD: „Wir müssen Hetero-Normen nicht kopieren, müssen Merz, Klöckner & Co. nicht gefallen“
In unserer Serie „Mein CSD“ erzählen Prominente von ihren Erlebnissen. Dieses Mal erinnert sich Ex-Kultursenator Klaus Lederer an einen besonderen CSD – und zieht eine Verbindung zu heute.
Gut erinnere ich mich an den Berliner CSD im Sommer 1997 – späte „Kohl-Ära“ quasi. Damals waren Diskriminierung und Übergriffe auf queere Menschen kaum öffentliches Thema. An Rehabilitierung der nach Paragraf 175-Verurteilten, Lebenspartnerschaft oder „Ehe für alle“ war kaum zu denken. Der Schwulenverband hatte 1992 die „Aktion Standesamt“ gemacht, für manche schien das Einfahren in den Hafen der Ehe das größte Glück, die Eheöffnung die höchste Stufe unserer Emanzipation zu sein.
In dieser Lage nahmen wir als PDS mit einer Fußgruppe am CSD teil. Der zog damals keineswegs solche Massen an wie heute. Wir hatten einen Pritschenwagen, darauf saßen mein heutiger Fraktionskollege Carsten Schatz – in Drag – und ich, auf einem schicken Sofa, mit Wohnzimmerpalme und Beistelltischchen, Sektflasche und -gläsern.
Wir zelebrierten die vermeintlich „schöne schwule Welt“, unser Wagenmotto, von morgen und hatten riesigen Spaß. Aber natürlich ging es uns um die Kritik einer schwulen Emanzipationsvorstellung, die nur darin bestand, Heteronorm und Patriarchat zu kopieren. Wollen wir nur dorthin, wo die Heteros schon waren? Oder war das eigene Anderssein nicht Chance, den Blick zu weiten und die vorhandenen Zustände zu hinterfragen?
Heute geht es letztlich um ähnliche Fragen. Die unerträgliche Hetze aus der extremen Rechten, aber leider teils auch aus CDU und CSU, zeigt: Solange binäre patriarchale Geschlechternormen vorherrschen, werden sie uns Queers immer bekämpfen.
Wir müssen Hetero-Normen nicht kopieren, müssen Merz, Klöckner & Co. nicht gefallen. Verschieden sein zu dürfen, ohne Angst – darum muss es queerer Emanzipation gehen. Zeigen wir den Reaktionären zum CSD: Ihr bestimmt nicht, wie wir zu leben haben! Wir sind, was wir sind – und nie wieder still!
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