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Pride prekär in Brandenburg: CSD-Organisatoren warten lange auf Fördergelder
Vor kurzem ist der Christopher Street Day in Wittenberge aus finanziellen Gründen geplatzt. Auch andere Veranstalter haben ähnliche Probleme. Brandenburgs Sozialministerium widerspricht deren Darstellung.
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Die Absage des Christopher Street Days in Wittenberge kommt nach Ansicht der Landeskoordinierungsstelle „Queeres Brandenburg“ nicht überraschend. Problematisch sei, dass Fördergelder häufig erst sehr kurzfristig genehmigt würden, sagte Jirka Witschak von der Landeskoordinierungsstelle der Deutschen Presse-Agentur.
Dies sei insbesondere bei Lottomitteln der Fall, für deren Vergabe das Brandenburger Sozialministerium zuständig sei. „Das ist ein Lotteriespiel mit den Lottomitteln“, sagte Witschak. Beim CSD in Potsdam habe man etwa erst eine Woche vor der Veranstaltung einen Zuwendungsbescheid erhalten. Allerdings seien die Mittel dort bereits zuvor mündlich zugesagt worden.
Das Organisationsteam rund um den CSD Prignitz hatte am 10. Mai kurzfristig erklärt, den für den 15. Juni in Wittenberge geplanten queeren Demonstrationstag aus finanziellen Gründen abzusagen. Jessika Muhs vom Kreisjugendring Prignitz in Perleberg sagte, man habe bis sechs Wochen vor dem Termin nicht alle nötigen Fördermittel zusammenbekommen. Rund ein Drittel des Geldes habe noch gefehlt. In den vergangenen beiden Jahren habe es noch andere Fördertöpfe gegeben, um nach der Corona-Pandemie wieder Veranstaltungen ins Leben zu rufen. Diese Gelder seien jetzt nicht mehr verfügbar.
Bei manchen Fördermitteln dauere die Beantragung sehr lange, bis man einen Zuwendungsbescheid erhalte. „Wenn das so lange dauert, kann ich nichts machen“, sagte Muhs. Für kleine Vereine sei das ein finanzielles Risiko. Dabei habe man die Fördergelder relativ früh beantragt. Um Lottomittel habe der Kreisjugendring sich allerdings nicht bemüht, sagte Muhs.
CSD Oberhavel mit Notvariante
Das Problem langer Bearbeitungszeiten insbesondere bei der Beantragung von Lottomitteln sei zuletzt größer geworden, sagte Witschak. Mittlerweile gebe es viele regionale Christopher Street Days in Brandenburg, die einen entsprechenden Finanzbedarf hätten. Er hofft darauf, dass nach der Landtagswahl im September die Mittel aus dem Landesaktionsplan für die Veranstaltungen im Land um 100 000 Euro pro Jahr erhöht werden.
Diese Lösung könnte aber frühestens im kommenden Jahr greifen. „Spannend wird es bei allen, die Gelder beantragt haben“, sagte Witschak. Ob die Mittel in der beantragten Größenordnung genehmigt werden, bezweifle er. Zwar habe das Sozialministerium angekündigt, alle Anträge zu genehmigen, aber ob dies technisch zu schaffen sei und die Veranstalter vor Ort die Nerven behielten, sehe er skeptisch, sagte der Projektkoordinator.
Candy Boldt-Händel, Mitorganisator des CSD Oberhavel in Oranienburg, sagte, man warte bei einigen Anträgen noch auf Rückmeldung. Dazu gehörten auch Lottomittel. „Wir schwimmen mit unseren Finanzen, wir haben aber einen Plan B“, so Boldt-Händel. Die Demo werde auf jeden Fall stattfinden, für das Fest habe man eine Notvariante, die sich mit wenig Geld umsetzen lasse.
Die Beantragung von Fördergeldern dauere nicht nur lange, auch sei unklar, ob man die beantragte Summe in voller Höhe erhalte. Im vergangenen Jahr, beim ersten CSD in Oranienburg, habe es am Ende mit der Finanzierung noch gut funktioniert. Allerdings habe man in Vorleistung gehen müssen, sagte Boldt-Händel.
Die Träger der CSDs wissen sehr genau, dass sie sich auf die Förderung verlassen können.
Gabriel Hesse, Sprecher des Sozialministeriums von Brandenburg
Unterdessen versicherte Brandenburgs Sozialministerium, dass dort nicht bekannt sei, dass es bei den Organisatoren der Christopher Street Days oder anderer Pride-Veranstaltungen im Land Unmut über kurzfristige oder nicht erfolgte Finanzierungszusagen gebe. Wie Ministeriumssprecher Gabriel Hesse der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag sagte, gebe es rechtzeitige Zusagen, so dass die Veranstalter Gelder für die Veranstaltungen sicher planen könnten. „Die Träger der CSDs wissen sehr genau, dass sie sich auf die Förderung verlassen können“, sagte Hesse.
Für Fördergelder aus Lottomitteln gebe es ein festes Verfahren. Jedes Jahr gebe es mehrere Runden, in denen Anträge paketweise entschieden würden. Die CSDs seien immer mit dabei. Im Rahmen der Lottomittelvergabe seien in der ersten Runde in diesem Jahr die „LesBI*Schwule-Tour“ mit 10.000 Euro aus Lottomitteln des Sozialministeriums gefördert worden. Aktuell liegen den Angaben zufolge drei CSD-Projektanträge für die zweite Runde 2024 vor.
Zusagen gebe es dabei frühzeitig. „Es wurde noch keine Veranstaltung abgesagt, weil unsere Lottomittelförderung nicht kam“, so der Ministeriumssprecher. Aber es gebe keine Garantie für die Zahlungen. Die Anträge müssten jedes Jahr neu gestellt werden. Zudem stehe man mit den Organisatoren der CSDs und anderer Queer-Veranstaltungen regelmäßig in Kontakt. Dabei sei kein Unmut über zu späte oder nicht genehmigte Fördergelder geäußert worden.
Witschak widersprach dieser Darstellung. Er habe die Problematik gegenüber dem Ministerium bereits angesprochen. Auch bei einer Rede am 17. Mai im Landtag, als dort die Regenbogenflagge als Zeichen der LGBTIQ-Bewegung gehisst wurde, habe er eine verlässlichere Finanzierung der CSDs in Brandenburg gefordert.
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