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Queerer Protestmarsch in Serbien: Europride-Organisatoren wollen Samstag demonstrieren – trotz Verbot
Die Europride in Belgrad ist durch die Polizei verboten worden. Aus dem Ausland kommt Kritik. Die Veranstaltenden wollen trotzdem für LGBTQ-Rechte auf die Straße gehen.
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Die Organisatoren des Europride in Belgrad wollen trotz behördlichen Verbots am Samstag für LGBTQ-Rechte auf die Straße gehen. „Wir haben keine andere Wahl“, sagte Goran Miletic, einer der Organisatoren der jährlichen Belgrade-Pride-Demonstrationen, am Freitag vor Journalisten.
Der Protestmarsch namens Pride March sollte ein Teil des für die Zeit von 12. bis 18. September in Serbien geplanten Europride sein. Doch die Polizei sagte die Demonstration Anfang der Woche ab und begründete dies mit Sicherheitsbedenken wegen angekündigter Gegenproteste rechter Gruppen.
„Das ist ein völliges Versagen der politischen Führung Serbiens“, kritisierten die Veranstaltenden auf Twitter. Gegen das Verbot soll jetzt gerichtlich vorgegangen werden.
Europride ist eine paneuropäische Großveranstaltung der LGTBQ-Bewegung, die seit 1992 jeden Sommer in einem anderen europäischen Land organisiert wird. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.
Serbiens Regierung hatte die Europride vor kurzem bereits versucht zu verhindern, indem sie die Absage der Veranstaltung verkündete - obwohl eine Absage nur durch das Veranstaltungsteam veranlasst werden kann. Das Team kündigte daraufhin an, an der Europide festzuhalten. Daraufhin war bereits erwartet worden, dass letztlich die Polizei die Demonstration verbieten würde.
Zuvor hatten rechtsradikale Organisationen sowie Vertreter der Serbisch-Orthodoxen Kirche Stimmung gegen die Veranstaltung gemacht. Die Europride wird seit 1992 abwechselnd in verschiedenen europäischen Hauptstädten organisiert, Serbien soll die erste Station in Südosteuropa sein.
Die Entscheidung des EU-Beitrittskandidaten Serbien löste erheblichen internationalen Protest aus. Die Botschaften von mehr als 20 Staaten - darunter Deutschland, die USA, Frankreich und Großbritannien - riefen die Regierung in Belgrad dazu auf, das Verbot des Protestmarschs aufzuheben. Mehr als 15 Abgeordnete des EU-Parlaments kündigten an, am Samstag aus Solidarität an der Demonstration teilzunehmen.
Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, hatte bereits an die serbische Regierung appelliert, den Pride zu schützen. Am Dienstag kündigte Lehmann an, trotz des Verbots zur Pride nach Belgrad reisen zu wollen und in diesem Rahmen viele Mitglieder der Zivilgesellschaft in Serbien treffen zu wollen.
Das Verbot sei „inakzeptabel und ein Affront gegen die vielen internationalen und nationalen Bemühungen der letzten Tage, den serbischen Behörden Kompromisse anzubieten“, erklärte Lehmann: „Statt die LSBTIQ* gegen Attacken und Angriffe zu verteidigen, wird das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit eingeschränkt.“
Serbien ist zwar eines der wenigen Länder, das mit Ana Brnabic eine offen lesbische Regierungschefin hat. Doch viele Angehörige sexueller Minderheiten in dem Land sehen sich weiterhin mit Tabus, Vorurteilen und auch Gewalt konfrontiert. In einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Menschenrechtsorganisationen Ideas und Glic berichteten fast 60 Prozent der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten von Erfahrungen mit körperlichen oder emotionalen Misshandlungen. (mit AFP)
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