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Studien zeigen, dass trotz aller gesellschaftlichen Fortschritte ein Coming Out heute noch immer nicht problemlos verläuft.

©  Paul Zinken/dpa/p-a

Diskussion im Schwulen Museum*: Wie ist es heute jung und queer zu sein?

Ist ein Coming Out heute einfacher als früher? Wollen sich Jugendliche überhaupt noch als "lesbisch" oder "schwul" labeln lassen? Diese Fragen werden am Freitag im Schwulen Museum* diskutiert.

Was macht einen jungen schwulen Mann zu einem schwulen Mann? Über die Frage sinniert Felix, als er sich mit 20 das erste Mal richtig verliebt. Sex mit Männern hat Felix schon lange, und zwar nicht zu knapp. Sich bei seiner Mutter als schwul zu outen, davor hat er allerdings wahnsinnige Angst. Und mit  „Vollzeitaktivisten“ will Felix auch nichts zu tun haben. „Vollzeitaktivisten“, das sind für ihn Männer, die bei der Aidshilfe arbeiten und im Unikino Rosa-von-Praunheim-Filme vorführen. Dumm nur, dass die erste große Liebe dann ausgerechnet genau so ein „Vollzeitaktivist“ ist.

Felix – das ist die Hauptfigur in dem 2015 erschienen Roman „Jetzt sind wir jung“ des Berliner Autors Julian Mars. Wunderbar verhandelt Mars in seinem Erstlingswerk Fragen der Identitätsfindung. „Jugendliche wollen sich nicht unbedingt von Erwachsenen in vorgefertigte Schubladen stecken lassen“, sagt Mars. Die Idee zu seinem Buch kam dem heute 29-Jährigen, nachdem er eine Talkshow über Homosexualität sah. Die Antworten fand er größtenteils schrecklich, gerade was über junge Homosexuelle gesagt wurde, hielt er für „unfassbar dumm“: „Das wollte ich geraderücken.“

Sind Coming Outs heute kein Problem mehr?

Wie die Welt für LGBTI-Jugendliche heute aussieht, wird am Freitagabend im Schwulen Museum* auf einer Podiumsdiskussion debattiert, an der auch Julian Mars teilnimmt. Sind Coming Outs heutzutage womöglich kein Problem mehr, gesellschaftliche und familiäre Akzeptanz hoch, zumindest viele höher als noch vor zehn oder zwanzig Jahren? Wie hat sich die Situation in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt verändert?

Neben Mars wird auch die 24-jährige Studentin Joe G. über ihre persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen sprechen. Mit dabei sind auch die Schriftstellerin Karen-Susan Fessel („Bilder von ihr“, „Jenny mit O“ und „Steingesicht“), Detlef Mücke, Gründungsvater der AG homosexuelle Lehrer und Erzieher in der GEW, sowie Tilmann Warnecke vom Queerspiegel, dem LGBTI-Blog des Tagesspiegels.

Studien jedenfalls zeigen, dass trotz aller gesellschaftlichen Fortschritte ein Coming Out heute noch immer nicht problemlos verläuft. So berichteten im Rahmen einer unlängst veröffentlichten Studie des Deutschen Jugendinstituts fast 64 Prozent der befragten LGBT-Jugendlichen, Eltern und Geschwister würden ihre geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung nicht ernst nehmen oder sie absichtlich ignorieren. Schockierend auch, wie wenig sich queere Schüler_innen von Lehrkräften unterstützt fühlten: Fast 43 Prozent der befragten LGBTs gaben an, ihre Lehrer hätten „nie“ gezeigt, „dass sie ,Schwuchtel‘, ,schwul‘, ,Transe‘, ,Lesbe‘ oder Ähnliches als Schimpfwörter nicht dulden“.

Viele Jugendliche verweigern sich jeder Zuschreibung

Andererseits gaben die Befragten an, gerade von ihren engsten Freundinnen und Freunden „überraschend“ positive Reaktionen erfahren zu haben. Überhaupt steht die Frage im Raum, inwieweit sich Jugendliche überhaupt noch als „lesbisch“, „schwul“, „bisexuell“, „queer“ oder „homosexuell“ sehen und bezeichnen wollen. Es gibt zumindest Prominente wie Kristen Stewart, die sich dezidiert jeder Zuschreibung verweigern.

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Andere junge Künstler_innen wie die amerikanische YouTuberin Ingrid Nilsen oder der australische Sänger Troye Sivan hingegen thematisieren genauso dezidiert ihre eigene Homosexualität und werden so zum Vorbild für LGBTI-Jugendliche weltweit. Sivans Coming Out-Video, vor zwei Jahren veröffentlicht, sahen auf YouTube inzwischen fast sieben Millionen Menschen. Es inspirierte tausende andere, weniger Bekannte zu ähnlichen Botschaften - mit denen sie sich gegenseitig Mut und Unterstützung zusprechen.

- "Jetzt sind wir jung: Was bedeutet es heute, LSBTI* zu sein?" - Diskussion am Freitag, 15. April, im Schwulen Museum*, Lützowstraße 73. Ab 19 Uhr. Eintritt 4 Euro. Mehr Infos hier.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder per E-Mail an:queer@tagesspiegel.de.

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