zum Hauptinhalt

Umm Qays: Das römische Gadara

Von den Griechen gegründet, unter jüdischem Einfluss und dann von den Römern erobert: Umm Qays gehört zu den schönsten Orten Jordaniens.

„Man sieht hier, wie die Menschen sich immer schöne Orte gesucht haben, um Städte zu bauen. Natürlich hatte das auch militärische Gründe, aber auch wirtschaftliche“, sagt unser Guide Aymn Tadros im nordwestlichsten Zipfel Jordaniens. Wir sind in Umm Qays, dem römischen Gadara, eine Stadt, die einst auf einem 350 Meter hohen Hügel erbaut wurde. Vom Eingang zu dem Gelände führt eine Straße vorbei an den Ruinen des Westtheaters, das noch recht gut erhalten ist und von dessen oberem Rang man einen ersten wunderbaren Blick auf die Reste der byzantinischen Hauptkirche hat, deren Säulen das Plateau noch dominieren. Aber im Hintergrund schimmert schon das Blau des Sees Genezareth. Das Westtheater verfügt auf den oberen Rängen sogar über Luxussitze mit steinerner Rückenlehne. Hier sollen auch politische Versammlungen stattgefunden haben.

Der Blick schweift über Grün, Olivenbäume und dahinter lugt ein Wachtturm hervor. „Polizei“, sagt unser Guide, es könnte aber auch etwas anderes sein, die Grenze zu Israel liegt unten im Jordantal. Der Jordan liegt hier etwa 200 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Griechen hatten einst die Stadt gegründet, später geriet sie unter jüdischen Einfluss, bis sie dann von den Römern erobert wurde. Die schenkten sie eine zeit lang auch dem Herodes, weswegen viele Einwohner wegen der Unterdrückung Selbstmord begangen hatten. Erst nach Herodes Tod wurde Gadara wieder römisch. Vom 4. bis zum 7. Jahrhundert war die Stadt Bischofssitz, aber 636 in der Schlacht am Yarmuk verlor das Byzantinische Reich seinen Einfluss im Nahen Osten. Ein Erdbeben um 750 hat dann die Stadt weitgehend zerstört. „Die Bewohner nutzten die Steine der Ruinen“, erzählt Aymn, man sieht viele verlassene Häuser aus dunklen und hellen Steinen. Bis in die 60er Jahre waren die Häuser noch bewohnt, dann wurden die Bewohner wegen der Grabungen des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes entschädigt und umgesiedelt. Seit 1991 arbeitet auch die Orientabteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Umm Qays, Günter Schauerte, der Stellvertretende Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin ist seit dieser Zeit dabei und seit 2002 sind auch die Staatlichen Museen in die Kooperation eingebunden.

Eindrucksvoll ragen die Säulen der byzantinischen Hauptkirche in den blauen Himmel, doch der spektakulärste Blick bietet sich an der Ost-West-Straße, an deren Pflaster man die einstige Bedeutung der Stadt ermessen kann. Von hier aus sieht man zum greifen nah die Ausläufer der Golanhöhen, die von Israel besetzt sind und zu Syrien gehören. Unten im Tal schlängelt sich der Yarmuk, der dem Jordan wichtiges Wasser zuführt. Die Israelis haben unten gleich hinter der Grenze in Hammat Gader Krokodilfarmen angelegt. Gerade kann man mit bloßem Auge noch die rostige Eisenbahnbrücke erkennen, die einst den Yarmuk überspannte. Sie wurde im Sechs-Tage-Krieg zerstört. Weiter links leuchtet tief blau der See Genezareth, Tiberias ist als weißes Mosaik zu erkennen. Bärtige Männer posieren mit Familie vor dieser Kulisse, ein Foto mit dem gelobten, unerreichbaren Land im Hintergrund. Umm Qays ist einer dieser Orte, an dem nicht nur die antike Geschichte, sondern auch die gegenwärtige spürbar ist. Hier im Dreiländereck von Israel, Syrien und Jordanien scheinen alle Probleme gelöst, man sieht, abgesehen von den wenigen Bunkerresten auf jordanischer Seite, nichts, was den frieden stören könnte. Alles eine Landschaft mit großer gemeinsamer Geschichte. „Israel hat dort unten eine Freihandelszone errichtet“, erzählt Aymn, „sie haben eine Textilindustrie dort aufgebaut, aber die Palästinenser wollen dort nicht arbeiten. Also holen die Israelis Inder ins Land.“ Er war schon ein paar Mal nach dem Friedensschluss 1994 drüben auf der Westbank. „Ich habe Respekt vor dem, was die Israelis dort aufgebaut haben, sagt er. Eine Gruppe von Frauen mit Kopftüchern lässt sich wieder vor der Kulisse Golan fotografieren, Umm Qays ist ein beliebter Ausflugsort, vor allem im Sommer, denn hier oben weht immer ein frisches Lüftchen.

Zur Startseite