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Seit dem Tod der Queen läuft Queen-TV.

© REUTERS / Foto: CARL RECINE

Royales Dauer-TV: Fernsehqueen

Das Fernsehen kennt nur noch ein Programm. Aber Queen-TV ist immer noch besser als der übliche Schrott am Morgen und am Nachmittag.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Für die Republikaner unter uns wird der Montag ein herausfordernder Tag. Das deutsche Fernsehen kennt nur ein Programm: die Beerdigung der Queen. Fünf, sechs, neun Stunden Live-Übertragung – der Überbietungswettbewerb der öffentlich-rechtlichen wie der Sender kennt keine Grenzen. Es wird alles, aber wirklich alles und alle aufgeboten, um dem Gefühlssturm in der royalen Seele Genüge zu tun.

Krönung war erstes globales Fernsehereignis

Stimmt schon, für manche Zuschauerin (Mehrheit) und manchen Zuschauer (Minderheit) schließt sich ein Kreis. Die Krönung von Elizabeth II. am 2. Juni 1953 war das erste globale Fernsehereignis, da wurde quasi der Grundstein für die Wirkungsmacht des audiovisuellen Mediums gelegt. Und beide, die Royals und das Fernsehen blieben einander eng verbunden, denkt man und frau nur an all die Traumhochzeiten und an all die Todesfälle. Diese Mischung aus Hochamt und Soap konnte selbst das Biedermeier eines Reihenhauses erleuchten.

Die Queen war ein Fernsehprogramm, kein Schritt in der Öffentlichkeit ohne Fernsehbegleitung, ein Star alleine durch ihre Erscheinung, ihre ewigwährende Regentschaft, ihre Standhaftigkeit und ihre auffällige Garderobe. Und sie machte Karrieren. Ein Rolf Seelmann-Eggebert, Adelsexperte in der ARD, ist ohne die Queen nicht denkbar. Und das royale Publikum dankte es mit respektablen Quoten.

Die deutsche (Fernseh-)Demokratie kennt keinen Pomp, ein Zapfenstreich für die abtretende Bundeskanzlerin Angela Merkel ist schon der Gipfel aller Festanstrengungen und wirkt in dem Farbenrausch der Orden und Säbel, Hüte und Kutschen wie Schwarz-Weiß-Fernsehen.

Also alles gut mit dem Royal-TV? Akzeptables Opium fürs Fernsehvolk? Festtag im TV-Alltag? Führen wir uns die Alternativen vor Augen. Das Vor- und das Nachmittagsprogramm sind geprägt von einem Allerlei aus Schnitzelküche, Kleinkrämer-Soap, wenig Bares für wenig Rares und all den Wiederholungen nicht wiederholenswerter Regelsendungen.

Dann doch lieber Queen-TV. Weil es die Fernsehmacher auffordern muss, über ihre üblichen 24/7-Programme nachzudenken. So viel Schrott lässt auch Republikaner weich werden.

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