zum Hauptinhalt
Neun Restaurants, jedes für sich spielt in seiner eigenen Liga, aber alle sind einzigartig und einen Besuch wert, wie hier das Coda Dessert-Restaurant

© Chris Abatzis

Die Besten 2019: So Berlin!

Sie sind einzigartig und Aushängeschilder für die Vielfalt der Berliner Gastronomie. Neun Empfehlungen als Rückblick auf 2019 und To-do-Liste für 2020

Coda
Top-Patissier René Frank hat seinen Traum eines Nur-Dessert-Restaurants verwirklicht, der so eigentlich nur in Berlin funktionieren kann: Das Menü ist vor allem am Anfang nicht süß und kann als originelle, fast ausschließlich vegetarische Speisenfolge verstanden werden. Die Getränke, meist Cocktails, aber auch Wein oder Sake, sind nie Begleitung, sondern Bestandteil des jeweiligen Gangs (ab 19 Uhr sieben Gänge mit Getränken für 138, WE 148 Euro; ab 22 Uhr vier Gänge 72, WE 85 Euro). Beispiel aus dem Geschmacksparcours: Aubergine mit Pekannüssen, Apfelbalsamico und Lakritzsalz mit einem Cocktail aus Oloroso-Sherry, Oolong-Tee und Kardamom-Brand. Oder Raclette mit Joghurt, Mais und Salzgurke plusBirnensaft mit Pfirsichbrand.
Neukölln, Friedelstr. 47, Di ab 20, Do–Sa ab 19 Uhr

Einer, der in seinem Dessert-Restaurant einzigartige Erlebnisse bereitet: René Frank aus dem "Coda"
Einer, der in seinem Dessert-Restaurant einzigartige Erlebnisse bereitet: René Frank aus dem "Coda"

© Jakob Nawka/ promo

Azzam
Die Sonnenallee ist, kulinarisch gesehen, die Berliner Seidenstraße: türkische Restaurants neben syrischen Bäckereien, libanesische Imbisse und um die Ecke israelische Weinbars mit ausgefeilter Küche. All diese Esskulturen eint die Liebe zum Hummus. Im „Azzam“ gibt es eines der besten der Stadt: keine Säure, keine Gewürze, aber Geschmack pur. Und die Cremigkeit ist nicht von dieser Welt. Hier gilt Selbstbedienung. Es ist irre viel los und die Köche rufen laut die fertigen Teller aus: „Musabaha!“, warme Kichererbsen, „Makli!“, gegrilltes Gemüse, und „Azzam-Teller!“, eine Platte für zwei reicht locker für vier. Zu allem gibt es reichlich Beilagen und ein Paket Fladenbrot aus der hauseigenen Bäckerei. Das „Azzam“ ist kein Ort zum Lange-Verweilen, das Licht ist hart, der Umgangston wirkt rau, das Essen aber ist einzigartig. Willkommen in Berlin.

Neukölln, Sonnenallee 54, täglich 8–24 Uhr

Trubelig und wenig anheimelnd, aber sehr gutes Humus und köstliches Musabaha: das Azzam auf der Sonnenallee
Trubelig und wenig anheimelnd, aber sehr gutes Humus und köstliches Musabaha: das Azzam auf der Sonnenallee

© Kai Röger

Nobelhart & Schmutzig
Billy Wagner ist ein flamboyanter Gastgeber, treffsicherer Sommelier und meinungsfreudiger Streiter für eine kleinbäuerliche Landwirtschaft. Es ist schon beeindruckend, wie er zusammen mit Micha Schäfer das brutal lokale Konzept – es gibt nur ein fixes Menü (Di, Mi 105, sonst 130 Euro), alle Zutaten aus der Region – immer weiter vertieft und verbessert hat. Die gemüselastigen, feinen, meist sehr reduzierten Gänge von Schäfer hängen im hohen Maße von der Qualität der Produkte ab. Wenn nur gegrillte Blumenkohlröschen mit einem Klecks Rahm und Bröseln auf dem Teller liegen oder ein paar Erbsen mit Bohnenkraut und Beurre blanc, muss der Hauptdarsteller auf dem Teller glänzen. Immer ein Vergnügen ist auch die Getränkebegleitung von Billy Wagner, bei der auch mal Biere und Obstweine ein Rolle spielen.
Kreuzberg, Friedrichstr. 218, Di–Sa ab 18.30 Uhr

Extrovertierter Gastgeber und genialer Weinversteher: Billy Wagner aus dem hyperregionalen "Nobelhart & Schmutzig"
Extrovertierter Gastgeber und genialer Weinversteher: Billy Wagner aus dem hyperregionalen "Nobelhart & Schmutzig"

© Nobelhart & Schmutzig/ promo

Brlo Brwhouse
Die zentrale Attraktion der Berliner Craft- Bier-Szene ist ein Containerhaus mit internationalem Designanspruch und in bester Parklage. Frisch vom Fass werden 20 regelmäßig wechselnde Biere gezapft, deren Vielfalt man allenfalls en miniature mit den „Tasting Boards“ bewältigen kann. Gar nicht so wenige davon werden gleich vor Ort gebraut. Dazu gibt es Ben Pommers coole Version einer zeitgemäßen Brauhausküche, die Gemüse ins Zentrum stellt – Fleisch gibt es nur als Extra –, ohne mit Aromen zu geizen. Kostprobe: gebratene Artischocken mit Tomatengel und -chips, Zwiebelcreme, Apfeltapioka, Orangenfilets und Estragonvelouté. In der 6. Etage des KaDeWe dreht sich im „Brlo“-Ableger „Chicken and Beer“ alles um extrakrosse Grillhähnchen.
Kreuzberg, Schöneberger Straße 16, Di–Fr ab 17 Uhr, Sa/So ab 12 Uhr

Modernes Design, 20 Craft Biere vom Fass und ausgefeilte Gemüseküche, bei der Fleisch dazu bestellt werden kann: das "Brlo Brwhouse"
Modernes Design, 20 Craft Biere vom Fass und ausgefeilte Gemüseküche, bei der Fleisch dazu bestellt werden kann: das "Brlo Brwhouse"

© Kai Röger

Cookies Cream
Langsam, aber sicher fügt sich diese vegetarische Pionierstätte in ihr Schicksal als Gourmet-Restaurant. Erst kam der Michelin-Stern, dann stockte Küchenchef Stephan Hentschel sein Angebot bis zum optionalen Fünf-Gang- Menü (79 Euro) auf, an dem nichts zu viel ist. Aber keine Sorge, die Parmesanknödel als wohligen Magenfüller gibt es nach wie vor, nur entfalten sie sich viel schöner in einer Reihe mit Gerichten wie Wassermelone mit Artischocke, Ziegenkäse, Kardamom und Zitrone oder Blumenkohl mit Vadouvan-Erdnüssen und Banane. Auch die Weinkarte hat einen großen Sprung gemacht, die Begleitung glasweise ebenso. Und der üble Zugang über den müffelnden Wirtschaftshof des Hotels ist eben so – typisch Berlin.
Mitte, Behrenstr. 55, Di–Sa ab 18 Uhr

Grill Royal
Berühmt mag der „Grill“ für die Steaks, die Kunst an den Wänden und die illustren Gäste sein. Im Grunde ist das mythenumrankte Wohnzimmer der Berliner Gesellschaft aber ebenso ein hervorragendes Fischrestaurant. Hier zeigt Roel Lintermans, langjähriger Statthalter Pierre Gagnaires, seine ganze Erfahrung aus der Spitzengastronomie: Das Hamachi-Carpaccio zum Beispiel ist in puncto Aromatik, Proportion und Schnitttechnik klar Fine Dining. Glamourös die Meeresfrüchte-Etagere, ein dreistöckiges Ereignis mit sensibel inszenierten Austern, gegrillten Calamaretti, Hummer und anderem edlen Meeresgetier. Eine Liga für sich ist die Weinkarte, ein 84-seitiger Foliant mit über 2000 Positionen und einzigartiger Jahrgangstiefe beim Champagner.
Mitte, Friedrichstr. 105 b, täglich ab 18 Uhr

Horváth
Sebastian Frank, zwei Michelin-Sterne schwer, vermählt das Erbe der österreichisch-ungarischen Traditionsküche mit skandinavischen Einflüssen und regionalen Produkten zu einer Melange, die die Welt noch nicht gesehen hat. Immer noch. Denn obwohl er dieser Stilvorgabe unter der Fahne „Kreativität durch Zensur“ über Jahre treu geblieben ist, findet der Gast jedes Jahr Neues, merkt, wie präzise hier justiert und ausprobiert wird. Aktuell hat sich Frank von ganz kleinen Häppchen abgewendet und offeriert nun ein Fünf- und ein Sieben-Gänge-Menü (120/145 Euro) mit enorm komplexer Wein-, aber auch ausgefeilter alkoholfreier Begleitung. Schnuckliger Vorgarten, wenn das Wetter passt.
Kreuzberg, Paul-Lincke-Ufer 44 a, Mi–So ab 18.30 Uhr

Khwan
Bretterbude with attitude: Im „Khwan“, einem nur von außen unscheinbaren Holzschuppen auf dem auch sonst architektonisch nicht eben anheimelnden RAW-Gelände, kann man kulinarisch Erstaunliches erleben. Das fängt damit an, dass hier mit einem Holzkohlegrill gekocht wird. „Kwahn“ ist thailändisch und heißt Rauch. Ziemlich feurig sind auch die Thai-Aromen. Klassiker sind die gefüllten Betelblätter und der Papaya-Salat vorneweg, aber gerade die Fischgerichte (frittierte Dorade!) und Krustentiere (Austern und Stabmuscheln) sind eine sichere Sache. Deutlich gesteigert hat sich die Weinauswahl: Ein paar große Namen des Naturfachs (Schmidt, Vetter) hat man im Angebot und ein paar interessante Franzosen und Italiener.
Friedrichshain, Revaler Str. 99, Di–So ab 18 Uhr

Ernst
Es begann als Supperclub in einer kleinen Wohnung in Wedding. Schon damals reisten internationale Foodies nach Berlin, um zu erleben, wie der kaum 20 Jahre alte Dylon Watson-Brawn mit seinem japanisch geprägten Küchenhandwerk regionale Produkte in ein mehr als 20 Gänge umfassendes Menü übersetzt. Heute kocht er mit Spencer Christenson in einem puristisch designten Tresenrestaurant ein Menü mit bis zu 40 Gängen, das in seiner präzisen Produktbehandlung – inzwischen spielen Fisch und Krustentiere eine größere, die Region eine kleinere Rolle – und mit klarer Aromatik auch klassisch geprägte Gourmets in den Bann zieht. Ein Erlebnis (185 Euro gegen Vorkasse)! Kongenial dazu die naturnahe Weinbegleitung von Christoph Geyler.
Wedding, Gerichtstr. 54, ab 20 Uhr (Winter)

Mild-provokantes Ambiente und rein vegetarische Gemüseküche auf höchstem Niveau: Das "Cookies Cream"
Mild-provokantes Ambiente und rein vegetarische Gemüseküche auf höchstem Niveau: Das "Cookies Cream"

© Emil Levy/ promo

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false