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Mundpropaganda - Das Genuss-Interview: "Wenn schon Burger, dann als kleines Steak"

Käsefachmann Fritz Lloyd Blomeyer verrät seine liebsten Fleischrestaurants - und warum zum Käse statt Wein auch Apfelsaft geht

Von Susanne Leimstoll

Eigentlich hat er ja Jura studiert. Dann fragte er sich, ob es nicht was wirklich Spannendes gäbe und fand für sich die Antwort: die Kulinarik. Fritz Lloyd Blomeyer ist ein anerkannter Käsefachmann geworden, einer mit Leidenschaft, der seit Jahren die Käseauswahl von Berliner Spitzenrestaurants kuratiert und in Charlottenburg sein eigenes Geschäft besitzt: Blomeyers Käse.

Wie kamen Sie eigentlich zum Käse?

Vor ziemlich genau 13 Jahren. Ich wollte meinem Besuch eine gute deutsche Käseplatte vorsetzen – und habe in vier Käseläden nur drei einigermaßen annehmbare Käse gefunden. Danach habe ich mir das Knowhow erarbeitet. Die französische Schweiz klappte nicht – mein Französisch ist miserabel. Deshalb habe ich drei Jahre in fünf unterschiedlichen Käsereien gelernt: in Oberstaufen, Schwäbisch Hall, Schleswig-Holstein, der Uckermark und in Brodowin. Spätestens da war mir klar: sehr guter deutscher Manufakturkäse kann es mit dem französischen allemal aufnehmen.

Welche drei Käsereien im Umland empfehlen Sie besonders?

Zu allererst den Capriolenhof von Sabine Denell und Hanspeter Dill im brandenburgischen Bredereiche. Sie machen das Spannendste, was es an Ziegenkäse gibt, wenden eine französische Technik an, aber mit eigenem Twist. Der Käse ist leichter, nicht so dicht geschöpft wie französischer. Ein explizit eigenständiges Produkt. Als weiteren: den Auenhof in Pabstthum bei Neuruppin. Eine Käserei klassischer französischer Ausrichtung. In den Produkten wie Chandré ist auch Schafsrohmilch drin. Drittens: die Schafmilchkäserei Jaare von Arnold und Anett de Vries. Er ist Holländer, sie kommt aus dem Landkreis dort. Die beiden halten auf einem ehemaligen LPG-Gelände Lacauneschafe, die eigentlich für das Produkt Roquefort gezüchtet werden. Die Tiere geben eine großartige Milch, und die Betreiber machen einen pecorinoartigen Hartkäse, zwölf Monate gereift – so dezent schön, aussagekräftig, ein mit Goldmedaillen ausgezeichnetes Paradestück.

 

Mit Fleischhunger gehen Sie wohin?

Ins „The Bird“, meinen liebsten Steak- und Burger-Laden. Da gibt‘s das Patty aus 250 Gramm frisch durchgelassenem Steakfleisch mit Käse. Und sie haben USDA Primesteaks, also Fleisch der höchsten Qualitätsstufe. Dort war ich auch schon mit Sternekoch Marco Müller essen. Das „Herz und Niere“ mit seinem Konzept „nose to tail“ gefällt mir besonders. Die Jungs überraschen mich immer wieder mit ihren kreativen Ideen. Sie bauen Gemüse selber an, pflücken, legen ein… Christoph Hauser ist ein brillanter Koch. Mein bisheriges Lieblingsgericht dort war ein gratinierter Markknochen mit Ochsenmaulsalat. Richtig viel Spaß macht auch das „Großherz“, eine neue Gastronomie in Prenzlauer Berg. Begnadete Köche, super Service und das Preis-Leistungsverhältnis unverschämt günstig. Unprätentiöse Gerichte mit besonderen Aromen.

Was empfehlen Sie – außer Wein – zum Käse?

Richtig großartig sind die Bergapfelsäfte von Thomas Kohl in Südtirol. Seine Bäume stehen auf 800 bis 1200 Metern. Die schneidet er stark zurück, so dass die Sonne richtig an die Äpfel kommt. Er hat spannende alte Sorten: Ananasrenette, Jonagold, Pinova oder Rouge, den rotfleischigen Apfel, schön sauer. Bei dem könnte man wetten, es sei Rhabarber mit drin. Alle Säfte schmecken sehr gut zu gereiftem Hartkäse. Wenn ich noch Auto fahren muss, aber ein Weingefühl im Mund haben will, wähle ich die, selbst zu Weichkäse. Außerdem bin ich ein Fan von Bier zum Käse – eine großartige Kombi. Natürlich kann man das nicht pauschalisieren. Sagen wir: Pils passt meist zu Weichkäse, speziell Weißschimmelkäse, weil sich da die Bitterstoffe treffen. Oder ein konkreteres Beispiel: Brewbaker Berliner Weiße zu einem Lavendelbrikett vom Capriolenhof.

Ihr Sommer-Lieblingsgericht für zu Hause?

Ein leichter Salat mit ner schönen Hühnerbrust, auf der Haut gebraten, einem kleinen Balsamico-Honigdressing und ein paar Flocken Hartkäse drüber. Das Gemüse kaufe ich am liebsten neben dem Friedenauer Wochenmarkt am Stand vom Obsthof Siegeris. Bauer Horst aus der Nähe von Werder hat Ahnung, zieht zum Beispiel um die 80 Sorten Tomaten und 15 Sorten Salate…

 

Fleisch für die heimische Küche kaufen Sie wo?

Wenn es schnell gehen muss, bei der Fleischerei Bünger bei mir um die Ecke. Ansonsten bei der Fleischerei Erchinger. Oder – noch spezieller – bei Simon Ellery, dem „Sausage Man“ in der Markthalle IX. Da mag ich am liebsten die Jalapeño--Cheddar-Bratwürste. Oder die Käsekreiner.  Es sei mir verziehen, so ganz ohne Käse schaff ich’s offenbar nicht…

Adressen:

Außerhalb Berlins:
Capriolenhof, Schleusenhof Regow 1, 16798 Fürstenberg / OT Bredereiche; Auenhof, Pabstthum 2, 16818 Neuruppin; Schafmilchkäserei Jaare, Wiesenweg 1, 39264 Lindau; Obsthof Horst Siegeris, Alpenstr. 33, 14542 Glindow; Thomas Kohl Bergapfelsäfte, Via Principale, 35, 39054 Auna di Sotto sul Renon BZ, Italien

In Berlin:
Fleischerei Bünger, z.B. Westfälische Str. 53, Charlottenburg; „The Sausage Man Never Sleeps“, Markthalle IX, Eisenbahnstr. 42/43, Kreuzberg; Fleischerei Erchinger, Greifswalder Str. 205, Prenzlauer Berg.

The Bird, Am Falkplatz 5, Prenzlauer Berg; Großherz, Metzer Str. 22, Prenzlauer Berg; Herz und Niere, Fichtestr. 31, Kreuzberg;

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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