zum Hauptinhalt
Das Wiener Landgericht für Strafsachen.

© Helmut Fohringer/Apa-Pool/APA/dpa

Wiener Gericht urteilt: Scharia darf in Österreich in bestimmten Fällen angewandt werden

Bei einem privaten Vermögensgeschäft vereinbaren zwei Vertragspartner, sich an islamischem Recht zu orientieren. Als es zum Streit kommt, erklärt ein Gericht die Klausel für wirksam. Politiker schlagen Alarm.

Stand:

In Österreich sorgt ein Urteil zur Scharia für Diskussionen. Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen hatte in einem Präzedenzfall entschieden, das islamische Recht als Entscheidungsgrundlage für einen privaten Vermögensstreit zuzulassen. Kritiker nannten die Entscheidung „skandalös“; auch die konservative ÖVP aus der Koalitionsregierung kündigte Schritte an.

Bei dem Fall ging es laut österreichischen Medien um zwei Personen, die einen privaten Vertrag abgeschlossen hatten und dabei vereinbarten, sich bei etwaigen Streitigkeiten einem Schiedsgericht auf islamischer Grundlage zu unterwerfen. Als dann tatsächlich einer der Vertragspartner eine Strafzahlung von einer Million Euro leisten sollte, kam es zum Streit vor dem Zivilgericht. Dieses bestätigte die Zulässigkeit des Scharia-Urteils aufgrund der privaten Vereinbarung und genehmigte eine Pfändung in Höhe von 320.000 Euro.

Freiheitlicher Umgang mit Scharia

Politiker der rechtsnationalen Freiheitlichen Partei (FPÖ) nannten das Vorgehen „Wahnsinn“ und „mit unseren Grundwerten unvereinbar“. Widerstand zeichnet sich auch in der Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Christian Stocker ab.

Am Dienstag erklärte ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti, die Bundesregierung werde „der Anwendung von Scharia-Regeln in Österreich dauerhaft einen Riegel vorschieben“. Diese seien auch im Zivilrecht problematisch. „Denn unter dem Deckmantel der Vertragsfreiheit wurde versucht, eine islamistisch-fundamentalistische Lebensführung mitten in Österreich rechtlich zu legitimieren“, so Marchetti.

Rechtsexperten stützen hingegen die Entscheidung des Landesgerichts. Ihnen zufolge ist die Anwendung islamischen Rechts dann legitim, wenn Vertragspartner sich darauf geeinigt haben und österreichische Rechtsprinzipien nicht verletzt werden. Im konkreten Fall sei es um Vermögen und nicht etwa über Einschnitte in Persönlichkeitsrechte gegangen. Die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, sagte dazu der Tageszeitung „Die Presse“, sie sehe hier „kein Problem“. (KNA)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })