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12.000 Briefe für einen unheilbar kranken Jungen: Lukas, acht Jahre, ist an seinem Hirntumor gestorben
Ein aggressiver Tumor im Kopf hat Lukas nicht viel Zeit gelassen. Doch seine Mutter hat alles getan, um ihrem Sohn die letzten Wünsche zu erfüllen – bis zum Schluss.
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Weihnachten war sein Lieblingsfest, viel schöner noch als sein Geburtstag. Deshalb hatte sich der achtjährige Lukas gewünscht, den Heiligabend noch einmal erleben zu dürfen – ganz heimelig im Kreise seiner Liebsten, so wie sie früher immer gefeiert haben bei den Schmiedels. Doch im Leben von Lukas war schon seit einer Weile nicht mehr viel wie früher.
Seit festgestellt wurde, dass sich im Kopf des Jungen ein aggressiver Tumor ausbreitet, hat sich der Zustand von Lukas Stück für Stück verschlechtert. Jetzt ist er nach eineinhalb Jahren mit der Krankheit – dem sogenannten diffusen intrinsische Ponsgliom (DIPG) – in einem Hospiz gestorben. Noch vor Weihnachten.

© Tagesspiegel/Nassim Rad
„Das Leben wird nie wieder so sein wie früher. Es fehlt einfach ein Puzzleteil, etwas von uns“, erzählt Lisa Schmiedel, die Mutter von Lukas, am Telefon. Sie ist nicht mehr von der Seite ihres Sohnes gewichen, nachdem klar war, dass er sterben muss. In seinen letzten Tagen hat sie über Whatsapp geteilt, wie es Lukas ging – und wie sie Abschied genommen hat.
Lisa Schmiedel ist immer offen umgegangen mit der Krankheit ihres Kindes, auch wenn das nicht alle verstanden haben. Vor allen Dingen wollte sie aufklären, denn DIPG ist zwar selten, aber dennoch eine der häufigsten und tödlichsten Krebsarten im Kindesalter.
Am Ende war er wie eingesperrt im eigenen Körper.
Lisa Schmiedel über ihren Sohn Lukas
Etwa 30 Kinder pro Jahr erhalten die Diagnose in Deutschland, die allermeisten sterben binnen eines Jahres. Heilbar ist der Tumor nicht, Bestrahlung und Chemotherapie sowie ein neuartiges Medikament können das Wachstum nur etwas verzögern. Lukas hat all das bekommen, denn Lisa Schmiedel und ihre Partner wollten, dass er lebt – solange wie irgend möglich.
Tagesspiegel-Leser haben Ende April in einem ausführlichen Text und einem Video über das Schicksal von Lukas und den Kampf seiner Mutter erfahren.
Dass etwas nicht stimmte, war im August 2024 klar, als Lukas auf einmal schielte und Probleme mit dem Gleichgewicht bekam. Nach mehreren Klinikaufenthalten stand fest, was niemand wahrhaben konnte: Der Junge ist nicht zu retten. Seitdem wollte ihm die Mutter so viel seiner Wünsche erfüllen, wie sie nur konnte.
Lukas war in Freizeitparks, er durfte als Einlaufkind an der Hand von Fußballern ins Stadion gehen und ganz viel Zeit mit seinen Lieben verbringen, mit der Mutter, seinem Vater, dem Stiefvater, Verwandten, Bekannten und seinen kleinen Geschwistern.
Lukas wusste, was mit ihm passiert
Im November ging es dem Jungen über Nacht deutlich schlechter. Er konnte plötzlich nicht mehr sprechen und nicht mehr allein aufstehen. Lisa Schmiedel wusste von anderen betroffenen Eltern, dass das passieren kann – es ist das Tückische an dieser ohnehin schon perfiden Krankheit. „Er war auf einmal wie eingesperrt im eigenen Körper“, erzählt die Mutter. „Nur mit Handzeichen konnte er sich noch verständigen.“
Das hatten sie mit ihm vorher eingeübt, für den Fall der Fälle. Lukas war seit einiger Zeit klar, was mit ihm passieren würde. Als die Familie es ihm beigebracht hat, sagte er: „Das weiß ich schon.“ Der letzte Wunsch des Jungen war es, Weihnachtspost zu bekommen.
Nachdem sich sein Zustand so rapide verschlechtert hatte, beschloss Lisa Schmiedel, mit ihm ins Hospiz zu gehen und das Fest für ihren Sohn vorzuziehen. Ein Weihnachtsmann besuchte Lukas am Krankenbett, und er bekam nach einem Aufruf im Internet ganze 12.000 Briefe zugeschickt.
Einige davon haben sie ihm vorgelesen. Hat der Inhalt Lukas gefallen, zeigte er das mit seinem Daumen, den er nach oben hob. „Er hat bis zum Schluss alles mitbekommen. Er konnte bis zum Schluss klar denken“, sagt Lisa Schmiedel. „Am Ende, als er sich nur noch quälte, war es dennoch wie eine Erleichterung. Er wurde von seinem Leid erlöst.“
Am 15. Dezember ist Lukas gestorben. Wenn er Ende Januar beerdigt wird, rechnet seine Mutter mit vielen Trauergästen. Sie alle sollen in farbenfroher Kleidung kommen. So, wie es sich ihr Sohn gewünscht hätte.
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